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Die Treibjagd

Die Treibjagd

Titel: Die Treibjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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es Frau Sidonie vorausgesehen, vorzeitig niederkam. Sie hatte sich, um ihre Schwangerschaft zu verbergen, die unter ihren bauschigen Röcken übrigens ganz verschwand, derart geschnürt, daß sie einige Wochen das Bett hüten mußte. Er war ganz entzückt über das Geschehniß; endlich blieb das Glück ihm treu. Er hatte einen Goldhandel abgeschlossen, eine glänzende Mitgift und eine Frau erhalten, die so schön war, daß er binnen sechs Monaten eine Auszeichnung zu erhalten hoffte, und dafür keinerlei Lasten auf sich genommen. Man hatte ihm gegen eine Entschädigung von zweihunderttausend Francs seinen Namen für einen Fötus abgekauft, den die Mutter nicht einmal sehen wollte. Fortan dachte er voll Liebe an die in der Charonne gelegenen Besitzungen; vorläufig aber wendete er seine Aufmerksamkeit ausschließlich einer Spekulation zu, welche die Grundlage seines Reichthums bilden sollte.
    Trotz der hohen und geachteten Stellung, welche die Familie seiner Frau inne hatte, nahm er nicht sofort seine Entlassung als Magistratsbeamter. Er sprach davon, daß er vorher gewisse Arbeiten zu beenden und anderweitige Beschäftigung zu suchen habe. In Wirklichkeit aber wollte er bis zu Ende auf dem Kriegsschauplatze bleiben, wo er seine ersten Trümpfe ausspielte. Er war dort zu Haufe und konnte die Karten nach Belieben mischen.
    Der Operationsplan des Wegekommissärs war ebenso einfach als praktisch. Nun er mehr Geld in Händen hatte, als er jemals zu besitzen gehofft, um seine Operationen einzuleiten, konnte er seine Pläne im Großen in Scene setzen. Er kannte sein Paris auf's genaueste; er wußte, daß der goldene Regen, der daselbst zu fallen begann, mit jedem Tage dichter werden müsse. Intelligente Leute brauchten nur ihre Taschen zu öffnen. Zu diesen Intelligenten gehörte auch er, der in den Amtsbureaux des Stadthauses in die Zukunft blickte. Seine Thätigkeit hatte ihn gelehrt, was bei Käufen und Verkäufen von Häusern, Grundstücken und sonstigen Liegenschaften gestohlen werden könne. Alle klassischen Kunstgriffe des Betruges waren ihm geläufig; er wußte, wie man für eine Million verkaufe, was blos fünfhunderttausend Francs gekostet; auf welche Weise man das Recht bezahle, die Kassen des Staates zu plündern, der dabei lächelt und die Augen zudrückt; er wußte, wie man ein altes Stadtviertel mit einem Boulevard durchquerend, unter dem stürmischen Beifall der Betrogenen mit sechsstöckigen Häusern Fangball spielt. Und was ihn zu dieser Epoche, da sich der Krebsschaden der Spekulation erst im Anfangsstadium befand, zu einem furchtbaren Spieler machte, war der Umstand, daß er besser noch als seine Vorgesetzten die Zukunft von Gips und Sandstein erkannte, welcher Paris entgegensah. Er hatte so lange herumgestöbert, so viele Symptome beobachtet, daß er ohne Mühe das Bild zu schildern vermocht hätte, welches im Jahre 1870 die neuen Stadtviertel bieten würden. In den Straßen betrachtete er mitunter gewisse Häuser mit einer seltsamen Miene, wie wir Bekannte anschauen, deren uns allein bekanntes Schicksal uns tief rührt.
    Zwei Monate vor dem Tode Angèlens hatte er diese an einem Sonntag nach dem Montmartre geführt. Die arme Frau schwärmte für ein Diner im Restaurant und fühlte sich überglücklich, wenn er sich nach einem langen Spaziergange mit ihr in irgend einem Gasthofe niederließ. An jenem Tage speisten sie in einem auf der Spitze des Hügels gelegenen Restaurant, aus dessen Fenstern man Paris sehen konnte, diesen Ozean von Häusern mit bläulichen Dächern, die einer gedrängten Fluth vergleichbar, den ungeheuren Horizont erfüllten. Ihr Tisch stand vor einem der Fenster. Dieser Anblick der Dächer von Paris stimmte Saccard heiter; zum Dessert ließ er eine Flasche Burgunder bringen. Er lächelte in den weiten Raum hinaus und war von einer ganz ungewohnten Liebenswürdigkeit. Immer wieder kehrten seine Blicke ordentlich verliebt zu diesem lebenden, wogenden Meere zurück, aus dessen Tiefe das dumpfe Gemurmel der Menschenmassen empordrang. Der Herbst war bereits gekommen und unter dem weiten bleichen Himmel erstreckte sich in zartem Grau die große Stadt, aus deren unbestimmtem Farbenspiel hier und dort dunkles Grün hervorragte, den breiten Blättern der Seerosen vergleichbar, die auf einer Wasserfläche schwimmen; von einem blutig rothen Dunstkreise umflossen, neigte sich die Sonne dem Untergange zu und während die Tiefe sich mit einem leichten Nebel füllte, senkte sich goldig

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