Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)
sagte Strohman und warf einen Blick in sein Notizbuch. Immer noch ließ er den Stift zwischen den Fingern wippen, dieses Mal auf der Tischkante. Dass niemand im Raum wahnsinnig wurde, war ein Wunder. »Sie hat also keinen Notarzt gerufen, aber wie ging es weiter? War das der Moment, da Sie nach Hause kamen?«
»Nein. Sie hat sich auf die Suche nach Verband und Desinfektionsmittel gemacht. Das Zeug lag unter der Spüle in der Küche.«
»Natürlich«, sagte Strohman.
»Als sie ins Treppenhaus zurückkehrte, sei Elijah weg gewesen.«
Strohman hörte nur mit dem Klopfen auf, um etwas aufzuschreiben. Dann sah er Dentman an. »Weg?«
»Verschwunden«, erklärte Dentman.
Nein . Ich zitterte an der Wand, während ich all dies mitverfolgte wie jemand, der einem Theaterstück beiwohnte. Nein, das stimmt nicht. Menschen verschwinden nicht einfach. Die Natur kennt kein Aussterben.
Strohman atmete übertrieben geräuschvoll aus: »Verschwunden.«
»Sie kam zurück und alles, was sie sah, war ein nasser Fleck auf dem Teppich. Seewasser und Blut.«
»So hat sie es Ihnen geschildert?«
»Ja.«
»Sagte sie auch, was sie daraufhin getan hat?«
Der Officer, der mir am nächsten saß, fluchte, als sein Handy vibrierte und einen Klingelton spielte, der verdächtig nach einem Britney-Spears-Song klang. Er fuhr hoch und ging eilig auf den Flur hinaus. Er machte solchen Wirbel, dass ich den ersten Teil von Dentmans Antwort nicht mitbekam.
»– seinen Namen rief und sie das Haus absuchte. Sie dachte, er habe sich vielleicht aufs Sofa gelegt, doch dort fand sie ihn nicht, also ging sie nach oben. Er war aber weder im Bad noch in einem der Zimmer.«
»Auch nicht in seinem?«
»Elijahs Zimmer befand sich im Keller. Er hätte an der Küche vorbei über den Flur gehen müssen, um nach unten zu gelangen. Das wäre Veronica aufgefallen.«
»Aber hat sie trotzdem im Keller nachgesehen?«
»Am Schluss auch dort, aber er war nirgends.«
Strohman checkte seine Notizen. »Sie sagten, sein Zimmer sei im Keller gewesen?«
»In einem Raum, den mein Vater vor langer Zeit gebaut hatte. Elijah gefiel er, weil er sich dort verstecken konnte, weil es dunkel und ruhig war. Veronica hasste es, dass er sich dort wohlfühlte und nichts konnte ihn davon überzeugen, auszuziehen. Letztlich brachten wir sein Bett mitsamt allen Spielsachen nach unten.«
Strohman kratzte sich an der Stirn und sah aus, als habe er ein Nickerchen nötig.
Die zwei Beamten im Verhörzimmer bewegten sich geräuschlos im Schatten.
»Okay, David. Veronica hat also gesucht und den Jungen nicht gefunden. Was dann? Setzte sie sich einfach auf die Treppe, um auf Sie zu warten? So haben Sie sie angetroffen, richtig?«
»Nein. Ich meine, ja, so habe ich sie gefunden. Aber das ist nicht … So lief es nicht.«
»Dann erzählen Sie mir, wie es wirklich gelaufen ist.«
»Sie sagte, sie könne sich nicht an alles erinnern. Vorübergehend wurde alles schwarz.«
Strohman hakte nach.
»Sie hatte einen ihrer Anfälle«, führte Dentman aus. »Sie muss sich selbst in etwas hineingesteigert haben und dann hatte sie einen ihrer Anfälle.«
»Ein Blackout«, wiederholte Strohman. »Wie, äh …« Er schnippte schnell hintereinander mit den Fingern. »Wie … Hallo, keiner daheim. Richtig?«
Strohmans Respektlosigkeit in dieser Sache rührte David Dentman auf. Selbst von dort, wo ich stand, erkannte ich, dass es in ihm rumorte. Seine Augen sprühten Funken.
Auch wenn er Elijah nicht umgebracht hat, diese Augen gerade eben, sind die Augen eines kaltblütigen Mörders.
»Veronica weiß nicht, wie lange ihr Aussetzer gedauert hat«, fuhr Dentman fort, »als sie zu sich kam, war Elijah immer noch nicht aufgetaucht. Dann erst setzte sie sich auf die Treppe und wartete auf mich.«
»Also gut, Sie kamen nach Hause – und dann?«
»Genau wie ich schon sagte, sie erzählte mir das, was ich Ihnen gerade erzählt habe.«
»Und Sie glaubten ihr? Dass sich der Junge einfach so in Luft aufgelöst hat?«
Dentman reagierte nicht.
»Wollen Sie mir keine Antwort geben?«
»Meine Schwester ist sehr zerbrechlich.«
»Ich verstehe. Das haben wir bereits erörtert. Antworten Sie jetzt auf meine Frage?«
»Was wollen Sie hören?«
»Was Ihrer Ansicht nach passiert ist.«
»Ich weiß es nicht. Aber was immer es war, es war ein Unfall.«
»Ich glaube, ich weiß es.«
Dentman grinste. »Ach ja?«
»Diese Blackouts –«
»Ich glaube ich weiß, worauf Sie hinaus wollen. Nein, sie hat nichts
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