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Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Malfi
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dein Bruder . Ich wollte verhindern, dass du einen Fehler begehst und du dich später dafür hasst.« Sie legte mir sanft eine Hand auf die Schulter. »Ist es das, worum es hier geht? Wegen Kyle?«
    Sein Name in ihrem Mund löste einen grellen Pfiff wie von einer heißen Dampfmaschine in meinem Schädel aus. Ich warf den Block auf einen Berg Bücher, glotzte aber weiter auf meine leeren Hände, als hielte ich ihn nach wie vor fest.
    Jodie kam näher und umarmte mich von hinten. Als sie mir einen Kuss in den Nacken gab, spürte ich ihren Herzschlag an meinem Rücken. Wieder fiel mir der Duftcocktail auf, mit dem sie sich in der Drogerieabteilung besprüht hatte. »Du bist mir doch nicht böse, oder? Dafür, dass ich das getan hab, meine ich.«
    Ich drückte ihre Hände, die sie vor meinem Bauch verschränkt hatte. »Nein.«
    »Ich liebe dich, weißt du. Ich sorge mich um dich und will, dass es dir gut geht.«
    »Das ist meine Aufgabe«, hielt ich dagegen.
    »Machen wir es zu einer gegenseitigen. Okay?«
    Ich drückte sie fester. »Okay.«
    »Komm jetzt.« Sie ließ mich los und ging zur Treppe. Ihr Schatten folgte an der Wand wie ein Kometenschweif. »Essen wir was Gutes. Ist übrigens eiskalt da unten.«
     
    Jodie wusste von Kyle, natürlich. Für sie hatte ich einen jüngeren Bruder gehabt, der gestorben war, mehr nicht. Was ich ihr vorenthielt, war meine Schuld an seinem Tod. (Soweit ich wusste, waren die einzigen lebenden Menschen, die die Wahrheit kannten, Adam und Michael Wren, ein Beamter der Maryland State Police … vorausgesetzt Detective Wren weilte noch unter den Lebenden.)
    Ich erzählte Jodie knapp eine Woche nach unserer Verlobung davon, als wir abends im Bett meines Appartements in Georgetown lagen. Wir waren nackt, schwitzten und keuchten angestrengt nach dem Liebemachen und starrten beide unverbindlich an die Decke, die plötzlich zu niedrig über uns zu hängen schien. Die Veröffentlichung von The Ocean Serene stand gerade an, und ich – beziehungsweise Alexander Sharpe – hatte es schlicht und ergreifend Kyle gewidmet. Jodie hatte die Druckfahnen kurz davor gelesen, während ich in die Tageszeitung vertieft gewesen war. Sie fragte mich, wer Kyle gewesen sei.
    »Mein Bruder«, erklärte ich ihr.
    »Ist Adam –«
    »Kyle war mein jüngerer Bruder. Er starb, als ich dreizehn war.«
    »Oh … das tut mir leid, Travis.«
    »Ist schon gut.«
    »Nein«, beharrte sie. »Ist es nicht. Ich wusste nicht …«
    »Ich habe es dir nicht erzählt«
    »Schatz, das ist wirklich …«
    »Ist okay. Es ist schon lange her.«
    »Willst du darüber sprechen?«
    Wollte ich nicht. Andererseits hatte ich mich für den Rest meines Lebens dieser Frau verschrieben und war mir bewusst, dass sie deshalb ein bestimmtes Anrecht besaß, und Jodie musste von Kyle erfahren.
    »Er war zehn«, hörte ich mich sagen, und es hätte genauso gut die Stimme eines anderen sein können, die durch ein Rohr tief aus dem Erdinneren an mein Ohr drang. »Wir lebten damals in Eastport, einem beschaulichen Küstenvorort von Annapolis direkt an der Chesapeake Bay mit Leuchtturm, idyllisch kleiner Zugbrücke und allem Drum und Dran. Rückblickend kommt es mir vor wie ein Foto von Jean Guichard. Aber zum Aufwachsen war es ein wunderbarer Ort.«
    Draußen wälzte sich der Verkehr vor und zurück, wie Ebbe und Flut. Das Licht der Straßenlaternen schillerte in den Regentropfen an den Fensterscheiben.
    »Hinter unserem Haus verlief ein Fluss zur Bucht. Im Sommer schwammen wir immer darin.«
    Ich hielt inne und ließ melancholisch die Gedanken schweifen, und Jodie umarmte mich inniger. Auf dem Schreibtisch lag ein Päckchen Marlboro. Ich stand auf und nahm es zusammen mit einem Briefchen Streichhölzer mit vors Fenster. Das widerspenstige Ding klemmte, weshalb ich es erst mit etwas Verzögerung öffnen konnte; die Luft, eine kühle Mittsommerbrise wehte in den stickigen Raum. Halb aus dem Fenster gelehnt, inhalierte ich tief. Jodie hatte verzweifelt versucht, mir das Rauchen auszureden, und maßregelte mich zu jeder Gelegenheit. In jener Nacht aber machte sie keine Bemerkung dazu.
    »Damals im Sommer ertrank Kyle im Fluss«, schilderte ich kurz und bündig. Irgendwie zwischen dem aus dem Bett steigen und dem Zigaretten anzünden, hatte ich mich dazu entschlossen, Jodie nicht jedes Detail zu erzählen – was ich an jenem Tag getan beziehungsweise unterlassen hatte. Es war unnötig, zumal ich sowieso nicht glaubte, es erläutern zu können. (Nur

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