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Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Malfi
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loszulassen.
    »Sag schon«, forderte ich. »Du weißt es, oder?«
    »Eine Frau auf der Weihnachtsfeier von Adam und Beth hat es mir erzählt.« Jodie schlenderte hinüber zu Waschmaschine und Trockner, wo sie beiläufig Interesse an der großen, orangefarbenen Waschmittelpackung heuchelte, die auf einem der Bretterböden unter der Treppe stand. Ich fragte mich, ob es Nancy Stein gewesen war, die es ihr gesteckt hatte. »Später fragte ich Beth darüber aus, und sie bestätigte mir, dass es stimmt.«
    »Warum wolltest du es vor mir verheimlichen?«
    »Hast nicht du mir dieses Geheimnis vorenthalten?«
    »Ich tat es nur zu deinem Besten. Es hätte nichts gebracht, dir davon zu erzählen.«
    »Und ich tat es zu deinem Besten.« Als sie mich wieder anschaute, erkannte ich, dass sie gegen Tränen ankämpfte. »Ich werde mich deshalb nicht von dir maßregeln lassen. Das werde ich nicht zulassen. Weißt du noch, der Abend bei deinem Bruder nach der Beerdigung eurer Mutter? Außerdem bin ich stets bei dir, wenn die Erinnerung an Kyle dich wieder einholt. Ich bekomme mit, wenn du im Schlaf über ihn redest. Vor allem aber weiß ich, wie du nur allzu gern über deinen Gedanken brütest. Du quälst dich selbst.« Sie verkrampfte die Hand so arg, dass ich befürchtete, die Bierflasche ginge zu Bruch. »Also ja: Ich nahm an, du wüsstest es nicht, und hatte nicht vor, es dir jemals unter die Nase zu reiben. Wäre es nötig gewesen, es zu deinem geistigen Wohlergehen unter den Tisch zu kehren, hätte ich es mit ins Grab genommen.«
    »Meine Güte … es tut mir weh, dass du glaubst, ich sei so schwach.«
    »Werde verdammt noch mal erwachsen. Versuch nicht, mir Schuldgefühle einzureden. Das wird nichts.«
    Jodie hatte recht. Ungeachtet der Tatsache, dass ich mich verarscht fühlte, begriff ich sehr gut, weshalb sie den Mund gehalten hatte. Allzu deutlich entsann ich mich jenes Abends nach Mutters Beisetzung, der herben Worte, die geäußert worden waren, und der Hiebe, die Adam und ich einander versetzt hatten.
    »Okay«, sagte ich schließlich, indem ich auf sie zuging, um sie zu umarmen, wobei der Flaschenhals in meinen Unterbauch stach. »Ist schon gut.«
    Jodie seufzte an meiner Schulter, da ließ ich sie wieder los. Ich erwartete eigentlich, sie hätte feuchte Augen, doch dem war nicht so. Sie sah einfach nur unglaublich müde aus.
    »Am besten rufst du irgendwen an, der herkommt und dieses Zeug wegschafft.« Sie nickte in Richtung des Kinderzimmers. »Und ich will kein Wort mehr über das verlieren, was dem Jungen zugestoßen ist. Es ist tragisch, hat aber nichts mit uns beiden zu tun.«
    »Richtig«, pflichtete ich bei, während ich noch eine ihrer Schultern massierte. »Absolut überhaupt nichts.«
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

Kapitel 11
     
    Am nächsten Morgen rief ich eine Räumungsfirma namens Allegheny Pickup and Removal an und gab einem gewissen Harry Peters zu verstehen, man solle Elijah Dentmans Zeug abholen. Es würde zehn Tage dauern, bis wir drankämen. Jodie war nicht sehr erfreut darüber. Falls sie dem versteckten Kinderzimmer und seiner Einrichtung tagtäglich mehr als nur einen flüchtigen Gedanken schenkte, gelang es ihr aber auf fabelhafte Weise, sich nichts anmerken zu lassen.
    Ich hingegen ertappte mich dabei, zu jeder Gelegenheit, die sich ergab, hinunter in den Keller zu schleichen – obwohl ich meiner Frau versprochen hatte, genau dies zu unterlassen –, angetrieben durch ein unerklärliches Verlangen, und um Elijahs Habe zu durchforsten.
    Adams Geschichte über den Unfalltod des Buben hatte bei der Entdeckung dieser Gruft von einem Zimmer dazu geführt, dass ein vormals verglimmender Funke der Kreativität erneut in meiner Seele aufglühte. So lichtete sich meine Schreibblockade wie schwere Nebelschwaden, die hinaus aufs Meer zogen, und ich sah es wieder vor mir, das große Ganze.
    Ich verlor jegliches Interesse an dem Manuskript, mit dem ich mich bisher befasst hatte. Holly hatte die ersten Kapitel bereits gelesen und Begeisterung bezeugt, doch ich fing an, eine fiktive Familie – oder hatte sie nicht vielleicht doch allzu wirkliche Vorbilder? – zu entwickeln, die von schweren Zerwürfnissen heimgesucht wurde: Eine alleinstehende Mutter und ihr junger Sohn zogen bei dessen Onkel und Großvater ein, der wiederum im Sterben lag. Welche Art von Leben mochten diese Menschen führen? Was geschah mit diesem Jungen, der dazu gezwungen war, in einer Zelle zu hausen, die

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