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Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Malfi
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beugte mich in dem Fauteuil nach vorne, wobei das Album auf einem Knie ruhte und das Weinglas zwischen meinen Oberschenkeln klemmte. »Wie gut kannten Sie die Dentmans?«
    »Nur flüchtig.«
    »Wann zogen sie her?«
    »Das weiß nur der Allmächtige.« Er trank leer, stand schwungvoll auf und ging wieder hinüber zum Getränkeschrank. »Sie lebten schon lange Zeit vor uns hier.«
    »Also waren die Dentmans die erste Familie hier?«
    »Liegt an der Definition von Familie. Es war nur ein alter Mann mit seiner Tochter. Bernard hieß er. Sein Sohn – er war ein wenig älter als das Mädchen, vielleicht sechzehn oder siebzehn damals – ging ständig ein und aus. Als Nan und ich herkamen, dürfte seine Schwester höchstens dreizehn gewesen sein.«
    »Was geschah mit der Mutter der Kinder?«
    Ira kehrte zu seinem Sessel zurück. Er nahm Platz, gleichzeitig schnaufte er schwerfällig, als koste es ihn all seine Kraft. »Habe nie etwas von ihr gehört.«
    »Wie war Bernard Dentman so als Mensch?«
    »Er galt als Einsiedler. Er lebte in dem Haus, bis er letztes Jahr starb. Ich glaube nicht, dass ich ihn in all den Jahren häufiger als ein Dutzend Mal draußen gesehen habe, oder, Nancy?«
    Als ich mich umdrehte, stand seine Frau in der Tür. Sie hielt eine dampfende Tasse in den Händen. Sie wirkte unendlich gelangweilt. »Meine Mutter hätte ihn als geplagte Seele bezeichnet«, erklärte sie, und beim Nachklang dieses Ausdruckes wurde mir leicht kribbelig.
    »Was hielten Sie von den Kindern?«, stocherte ich weiter. »David und Veronica?«
    Falls es Ira überraschte, dass ich die Namen der beiden kannte, zeigte er es nicht. »Wie gesagt, der Junge kam und ging. Vielleicht zur Schule außerhalb der Stadt.«
    »Oder er steckte regelmäßig in Schwierigkeiten«, fügte Nancy hinzu.
    Ira zuckte nach kurzem Zögern mit den Achseln, was darauf schließen ließ, dass er seiner Frau nicht gänzlich widersprach.
    »Und das Mädchen?«
    »Ein seltsames Kind«, befand Nancy. Ihre Stimme klang wie eine verstimmte Geige, weshalb ich Gänsehaut bekam, sobald sie sie erhob. »Bleich wie ein Geist. Sie verließ das Haus selten, wenn sie nicht gerade die Schule besuchte, doch selbst das ging irgendwann vorüber. Es hieß, sie wurde dort arg gehänselt.«
    »Demnach sind die Kinder ausgezogen, als sie alt genug waren«, fasste ich zusammen, um die beiden weiter gesprächig zu halten.
    »Na ja«, schränkte Nancy mit einer Hand an ihrer Kehle ein. »Der Sohn kam nach einer Weile wieder zurück. Weißt du noch, Ira? Er blieb im Haus und half seinem Vater, wie ich glaube, mit der Erziehung des Mädchens.«
    »Und danach?«, hakte ich gleich nach.
    »Verschwanden sie«, übernahm Ira. Zum dritten Mal stand er auf, um sein Glas aufzufüllen, obwohl es nicht einmal leer war. Hinter mir schnalzte Nancy abschätzig. »Ich hatte die Kinder ganz vergessen, aber letztes Jahr, als der alte Mann krank wurde, kreuzten sie wieder auf.«
    »Im Januar«, berichtigte Nancy. »Also ist es schon zwei Jahre her.«
    Ira winkte ab, ohne sie anzuschauen. Dann trat er mit frischem Wein im Glas und dem Rest in der Flasche vor den Kamin. Nachdem er mir eingeschenkt hatte, stellte er die fast leere Flasche auf einen antiken Beistelltisch zwischen den beiden Sitzgelegenheiten.
    »Sie waren kaum wiederzuerkennen«, sprach er weiter. »Das Mädchen hatte mittlerweile natürlich ihren eigenen Sohn im Schlepptau.«
    »Elijah Dentman«, hörte ich mich selbst wie im Gebet murmeln. Verlegen stellte ich mein Glas auf den Tisch, bevor ich es mit der Hand zerbrach.
    Der Malteser hob seinen struppigen Kopf vom Teppich und jaulte.
    »Ei-ei-ei«, turtelte Nancy im lächerlichen Bariton, dass man meinte, sie sei aus dem Irrenhaus ausgebrochen. »Ei, mein Kleiner!«
    Ira, der zweifellos an solche Ausbrüche gewöhnt war, schien es kaum zu bemerken. »Als der alte Mann starb, erwartete ich, dass die beiden Verbliebenen auch bald wieder verschwanden. Haus verkaufen, Geld machen. Sie blieben. Vermutlich wären sie noch immer hier, wäre das Kind nicht …«
    »Sei lieb«, unterbrach Nancy, wobei ich unsicher war, ob sie ihren Mann oder den Hund meinte.
    »Irgendetwas stimmte mit dem Jungen nicht«, behauptete Ira. »Sie schickten ihn nicht zur Schule, sondern ließen eine Frau kommen, die ihm zu Hause Unterricht erteilte, doch das währte nicht sonderlich lange.«
    »Althea Coulter«, gab Nancy an. »Sie wohnte drüben in Frostburg. Ich erinnere mich an sie. Wir wechselten das eine oder

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