Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)
meinte, du schreibst ein Buch über das, was den Dentmans passiert ist.«
»So drückte ich es ihm gegenüber nicht aus. Als ich sein Haus verließ, war er betrunken, also hat er da etwas in den falschen Hals gekriegt.«
»Er behauptete, du hättest ihm eine Menge Fragen über sie gestellt. Und irgendwann sei seine Frau ausgeflippt.«
»Jesus Christus, sie war aufgebracht, als ihr Mann auf ihren toten Hund zu sprechen kam. Ich erklärte ihnen, dass ich an der Geschichte von Westlake interessiert bin. Wir schweiften ab und gelangten zu den Dentmans. Es war reiner Zufall.«
»Dann stimmt es also nicht. Du schreibst kein Buch über die Dentmans?«
Während ich ihn anstarrte, zählte ich meine Herzschläge. Als ich endlich antwortete, erstaunte mich, in welch gelassenem Tonfall ich es tat. »Ich muss mich vor dir nicht rechtfertigen. Wir sind hier nicht in einem deiner verdammten Verhörzimmer.«
»Fein. Du musst mir keinen Scheißdreck beantworten. Aber lass dir von mir einen kleinen brüderlichen Rat geben: Dies hier ist eine Kleinstadt, wo sich Gerüchte wie Lauffeuer verbreiten. Wenn du dir Ärger ersparen willst, hörst du besser auf, deine Nase überall hineinzustecken.«
»Einfach unglaublich«, grollte ich. »Jetzt drohst du mir –«
»Ich drohe dir nicht, Arschloch. Ich warne dich. Du hast hier draußen ein lauschiges Plätzchen gefunden, und deine Frau verdient es. Also vermassel es nicht, indem du ihr mit deinem närrischen Verhalten Schande machst.«
Ich platzte heraus: »Ich glaube, David Dentman hat seinen Neffen umgebracht.«
»Ist das so?«
»Die Indizien passen nicht so recht zueinander. Die Dinge ergeben keinen Sinn.«
»Ach wirklich? Wie sehen deine Indizien denn aus? Kannst du mit mehr aufwarten als ein paar Anzeigen wegen Körperverletzung, derer er nicht einmal für schuldig befunden wurde?«
Ja, welche Indizien hatte ich eigentlich? Die alles umfassende Merkwürdigkeit dieses Falles? Die Tatsache, dass David mir beinahe den Hals umgedreht hätte, als wir uns bei seiner geisteskranken Schwester in ihrer gemeinsamen Absteige begegnet waren? Ich hörte bereitwillig auf mein Bauchgefühl, das sich jedoch nicht allzu gut in handfeste Fakten ummünzen ließ.
Dass ich an diesem Punkt schwieg, war bezeichnend.
»Wir arbeiten mit Tatsachen«, betonte mein Bruder. »Mörder handeln nach Motiv, Unschuldige bringen Alibis hervor, und man kann niemanden nur aufgrund bestimmter Ungereimtheiten hinter Gitter stecken. Im wirklichen Leben ist es eben so, dass nicht alles einen Sinn ergibt, und das hier ist das wirkliche Leben, nicht eines deiner Bücher.«
Und wenn doch? , dachte ich.
»Die Leiche wurde nie gefunden«, erinnerte Adam. »Diese Menschen erhielten niemals Gewissheit. Lass sie in Frieden.«
Als ich meine Schuhe auf der Terrasse abklopfte, kochte ich innerlich immer noch vor Wut. Drinnen warf ich die Jacke übers Sofa; auf dem Wohnzimmertisch davor waren Elijahs bunte Bauklötze zu einer Pyramide aufgetürmt.
Nachdem ich hinaufgegangen war, stellte ich mich in den Türrahmen unseres Büros, wo Jodie über einer Reihe von Lehrbüchern zur Psychologie sowie Ordnern fotokopierter Zeitschriftenartikel brütete. Einen Zeigefinger hatte sie in den Henkel einer dampfenden Tasse gehakt, die nach Kamillentee duftete.
»Arbeitest du fleißig?«, fragte ich.
»Von nichts kommt nichts.«
»Hast du das Holzding unten auf dem Tisch gebaut?«
»Welches Holzding?« Sie behielt die Nase über den Seiten, drehte den Kopf nicht, um mich anzusehen.
Ich gluckste. »Komm schon, die Klötze auf dem Wohnzimmertisch.«
Jetzt erst wandte sie sich mir zu. Ohne Schminke wirkte sie natürlich, aber auch irgendwie streng. »Ich versuche, hier weiterzukommen. Was willst du mir sagen?«
»Jemand hat unten auf dem Tisch Spielklötze gestapelt.«
»Du siehst irgendwie verändert aus«, stellte Jodie fest, als sie mich einen Tick zu lange musterte, mir entging nicht, dass sie meine Gedanken lesen wollte. Ich glaubte, ich stünde nackt in der Tür. »Alles in Ordnung?«
»Was meinst du?«
»Weiß nicht. Du bist schon seit Tagen nicht mehr du selbst.«
»Wer bin ich sonst?«, fragte ich und kam nicht umhin, an jene Nacht zu denken, als Jodie behauptet hatte, sie sei, als sie vom Bett ins Bad gegangen war, im Spiegel auf mein Gesicht gestoßen.
Ich war du.
»Du weißt, was ich meine«, sagte sie.
»Nein, tue ich nicht. Erklär es mir.«
Jodie seufzte. »Weshalb gehst du nicht duschen und rasierst dich?
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