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Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Die Treppe im See: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Malfi
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Ein bisschen Wasser kann nicht schaden; du wirst dich danach besser fühlen.«
    »Mir geht es gut.«
    »Du kommst mir vor, als hättest du einen Geist gesehen.«
    Mir graute vor diesem Wort.
    »Vielleicht arbeitest du zu verbissen an diesem neuen Projekt. Gönn dir ein paar Tage Pause.«
    »Gut.« Ich wollte nicht länger diskutieren.
    »Du bist gestresst. Deswegen hast du auch ständig Albträume.«
    »Was für Albträume?«
    »Keine Ahnung.« Sie zog die Augenbrauen zusammen. »Du winselst wie ein Welpe im Schlaf.«
    »Tu ich das?«
    »Es ist Stress.« Damit widmete sie sich wieder ihrer Arbeit.
    »Was ist nun mit diesen Klötzen?«, fragte ich ihren Rücken.
    »Ich weiß wirklich nicht, wovon du verdammt noch mal sprichst. Ich spiele nicht mit Bauklötzen.«
    Ich kehrte nach unten zurück, räumte den Tisch ab und trug alles in den Keller, wo ich es zurück in den blauen Plastikeimer warf. Dann setzte ich mich schnaubend an Elijahs niedrigen Schreibtisch, wobei ich die Beine verdrehen musste und dennoch mit den Knien anstieß. Schließlich schlug ich einen meiner Blöcke auf.
    Earls Kleinformate fielen mir entgegen, zuoberst Veronica undeutlich hinter Wacholdern. Einmal mehr beschlich mich das penetrante Gefühl, etwas versuche, mich aus diesen Fotos anzuspringen oder winke mit den Armen wie ein Ertrinkender, um sich bemerkbar zu machen. Allerdings wusste ich nach wie vor nicht, was es war.
    Die Lösung tritt beim Schreiben zutage , sagte ich mir, griff zu einem Stift und legte die Bilder neben den aufgeschlagenen Block.
    Mein Tutor für kreatives Schreiben am College meinte einmal: »Fiktion ist sehr häufig die bessere Wirklichkeit; Gräuel sind leichter verdaulich, wenn man sie herausputzt und tanzen lässt wie Zirkusclowns.«
    So ließ ich mich von meinen eigenen Worten zum fehlenden Puzzleteil leiten, indem ich ausladende Beschreibungen zu jedem von Earls Schnappschüssen verfasste – das ledrig graue Wasser und die krumme Treppe, die aus der glasigen Oberfläche emporstieg, die Streifenwagen vor üppig grüner Sommervegetation unter vorbeifliegenden Cumuluswolken am Horizont. Ich verlieh Veronicas leerem Blick Ausdruck und enthob Davids von Polizeimützen nahezu verdecktes Gesicht der Unkenntlichkeit.
    (Obwohl ich es nicht mit Gewissheit sagen konnte, würde ich schwören, dass während des Schreibprozesses etwas hinter mir lauerte – unterschwellig, zögerlich – und anfing, die Holzklötze am Boden erneut aufzutürmen. Dessen wurde ich nur vage, wie in geistiger Umnachtung, ähnlich einem Trinker gewahr, der seine Eskapaden am Morgen nach dem Zechen nur bruchstückhaft rekapitulierte.)
    Ich war so ins Formulieren und Betrachten der Fotos vertieft, dass ich nicht bemerkte, wie Jodie die Kellertreppe herunterkam. Als sie sich räusperte, um ihrem Groll Luft zu verschaffen, ging ich vor Schreck beinahe an die Decke.
    »Jesus«, rief ich mit rasendem Puls.
    »Was treibst du hier?« Sie lehnte mit verschränkten Armen vor der Brust an dem Loch in der Wand. Ob bewusst oder nicht, wagte sie keinen Schritt herein.
    »Was soll ich schon treiben?« Rasch schob ich einen der Blöcke über die Fotos.
    »Dieses Zimmer«, begann Jodie. »Diese Sachen. Ich dachte, du wolltest sie abholen lassen.«
    »Wollte ich.«
    »Und wo liegt das Problem?«
    Ich war versucht, sie anzulügen.
    Ehe ich mir jedoch eine Antwort zurechtgelegt hatte, zerstob sie meine Gedanken. »Du machst mir Angst. Mit dir stimmt etwas nicht.«
    »Liebes …«
    »Spiel es nicht herunter. Hast du in letzter Zeit einmal in den Spiegel geschaut? Du siehst beschissen aus.«
    »Ich weiß. Ich weiß. Aber ich stehe kurz vorm Durchbruch.«
    »Kurz vorm Durchbruch«, sprach sie mir nach. »Wahnsinn trifft es wohl eher.«
    »Ich versuche bloß, mir etwas begreiflich zu machen.«
    Sie tippte sich mit zwei Fingern ans Kinn und sah aus, als kämen ihr gleich die Tränen. Bei den folgenden Worten zitterte ihre Stimme: »Adam meint, du besuchst nacheinander alle Nachbarn und fragst sie über den Jungen aus, der hier gestorben ist.«
    »Adam begreift das nicht.« Ich musste mich zusammenreißen, um nicht aufzubrausen. Am liebsten hätte ich ihn als Hurensohn bezeichnet, der seine Nase in seine eigenen Angelegenheiten stecken sollte. »Was mit dem Jungen geschah, war kein Unfall. Es war Mord.«
    Mir gefiel es nicht, wie Jodie mich anblickte – wie einen Fremden, und sie wolle ergründen, wo ich hergekommen war.
    »Adam sorgt sich um dich.« Sie überging mich, als

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