Die Treue Des Highlanders
Frühjahrsputz der Burg neigte sich seinem Ende zu, aber es waren immer noch rund hundert Männer und Frauen aus den umliegenden Dörfern auf Glenmalloch. Lady Flamina sorgte gut für sie, zweimal am Tag erhielten die Arbeiter ein warmes Essen, daher kamen sie gerne auf die Burg und blieben, so lange es noch Kleinigkeiten zu tun gab, denn für viele waren diese Wochen die einzige Zeit im Jahr, in der sie sich richtig satt essen konnten. An diesem sonnigen Vormittag, zwei Tage nachdem Mandy verschwunden war, hielten die Männer und Frauen auf dem Burghof in ihrer Arbeit inne und starrten auf die Szene, die sich ihren Augen darbot. Es war allgemein bekannt, dass die beiden Cruachanbrüder nicht immer einer Meinung waren, aber nun schien ihre Beziehung zu eskalieren, denn nie zuvor waren sie wie zwei wilde Stiere aufeinander losgegangen.
»Ich werde es nicht zulassen, dass du unseren Besitz aufs Spiel setzt!«, schrie Douglas wütend, während er hinter seinem Bruder aus dem Hauptgebäude stürmte. »Wir werden uns aus der Sache heraushalten, hast du verstanden?«
Mit zornrotem Gesicht packte Duncan seinen Bruder am Kragen und schüttelte ihn. »Du vergisst, wer der Herr von Glenmalloch ist. Ich werde an die Seite der Königin eilen und ihr unsere Treue und Ergebenheit versichern, die sich ebenso auf Mylord Bothwell bezieht. Wenn es der Königin gefallen hat, ihn zu ihrem Gemahl zu nehmen, so haben wir diese Wahl nicht nur zu akzeptieren, sondern auch zu unterstützen. Wenn nötig, biete ich der Königin unser Haus als Schutz an.«
Zornig kickte Douglas einen Wassereimer, der ihm im Weg stand, zur Seite und schrie: »Maria hat ihr Recht, Königin von Schottland zu sein, durch die Heirat mit dem Mörder ihres Mannes verwirkt! Keiner wird sich von einer Hure, die ihre sinnliche Leidenschaft über das Wohl eines ganzen Volkes stellt, weiter regieren lassen.«
Drohend packte Duncan seinen Bruder am Kragen und schüttelte ihn. »Bothwell ist freigesprochen worden. Man konnte ihm keine Beteiligung an dem Mord nachweisen.«
»Ja, weil seine Buhle in das Komplott verstrickt war!«
Rasend vor Wut wollte Duncan Douglas für diese Aussage niederschlagen, aber der Jüngere war schneller. Krachend fuhr seine Faust in Duncans Gesicht, dass dieser strauchelte und beinahe gestürzt wäre.
In diesem Augenblick schritt Lady Flamina aus der Tür. Mit wachsbleichem Gesicht stand sie da und sagte ruhig, aber bestimmt: »Ihr vergesst offenbar, wo ihr euch befindet. Duncan, wir haben die Angelegenheit besprochen, und du kennst meine Meinung. Wir werden uns aus den Intrigen heraushalten und hoffen, dass sich alles zum Guten wendet. Wenn du allerdings darauf bestehst, an die Seite der Königin zu eilen, dann brichst du für immer mit deiner Familie.«
»Mutter, das meinst du nicht im Ernst ...«, begann Duncan und machte einen Schritt auf Lady Flamina zu, die abwehrend die Hände hob.
»Selten war mir weniger zum Spaßen zumute, Duncan Cruachan. Von mir aus nimm das hergelaufene Weibsstück und geh. Sobald du aber die Burg verlassen hast, habe ich keinen Sohn mehr. Douglas wird an deine Stelle treten und ab dem heutigen Tag der neue Laird von Glenmalloch sein.«
»Ich war immer stolz darauf, dass unsere Familie königstreu ist«, sagte Duncan bitter. »Aber kaum benötigt die Königin Hilfe, dann zieht mein feiner Bruder aus Feigheit den Schwanz ein.«
Die Bemerkung hätte Duncan beinahe einen zweiten Kinnhaken von Douglas eingebracht, wenn Lady Flamina nicht mit einem scharfen Befehl die Brüder getrennt hätte.
Duncan ballte die Hände zu Fäusten und trat seiner Mutter drohend entgegen. »Bothwell wird sich an allen, die nicht auf seiner Seite stehen, grausam rächen. Ich werde zurückkehren und mein Recht fordern, mein Recht auf den Namen und den Besitz, und Bothwell und die Königin werden mich dabei unterstützen.«
Ein Schatten flog über Lady Flaminas Gesicht. Schnell wandte sie sich um, damit niemand die Traurigkeit und den Schmerz in ihren Augen sehen konnte. Breitbeinig stellte sich Douglas seinem Bruder in den Weg, als dieser der Mutter folgen wollte. »Du hast ihren Befehl gehört – für dich und deine Hexe ist hier kein Platz mehr. Werdet ihr freiwillig gehen, oder soll ich mit meinem Schwert nachhelfen?« Seine Hand fuhr an die Hüfte, wo er ein Schwert gegürtet trug.
Anna trat aus den Pferdeställen auf den Hof. Offenbar hatte sie den Streit verfolgt, denn sie zitterte am ganzen Körper. »Komm, Duncan, lass uns zur Königin
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