Die Treue Des Highlanders
Beistelltisch heran, und platzierte die Teller und Schüsseln. Kaum hatte sich der Wirt abgewandt, griff Duncan herzhaft zu. Und dies tat er wortwörtlich, denn er verwendete keine Gabel, sondern nahm das Fleisch in beide Hände! Das Messer benutzte er lediglich, um größere Stücke zu teilen.
Anna wurde es beinahe schlecht. Nie zuvor hatte sie sich in einer solch peinlichen Situation befunden! Sie hörte die flüsternden Worte anderer Gäste:
»Eine Schande ist das!«
»Das verdirbt einem ja den Appetit.«
»Man sollte ihn hinauswerfen.«
Manche lachten auch hämisch, und Anna trafen mehrere mitleidige Blicke. Zu allem Unglück betrat in diesem Moment Jack Balnacroft, der Mann Ihrer Vermieterin, die Gaststube. Er nickte ihr zuerst freundlich zu, beobachtete dann aber, wie sich Duncan eine Hand voll Kartoffelpüree und Soße in den Mund schob. Jacks Augen weiteten sich ungläubig, und er begann mit dem Wirt zu tuscheln. Obwohl Anna keine Worte verstand, sprach der Gesichtsausdruck des Wirtes Bände. Sie war kurz davor aufzustehen und einfach zu gehen, sollte Duncan doch sehen, wie er die Zeche bezahlte, und sollte der Wirt doch die Polizei rufen! Sie hatte mit dem Mann nichts zu tun, rein gar nichts! Nun zeigte es sich mal wieder, wohin man kam, wenn man sich von seinem Mitleid treiben ließ.
Zu Annas Erstaunen verputzte er alle Speisen bis auf den letzten Kuchenkrümel. Sie fragte sich, wie ein Mensch derart viel essen konnte, ohne dick zu werden. Sie selbst brauchte nur das fett Gedruckte in der Zeitung zu lesen, und schon hatte sie ein Kilo mehr auf den Hüften.
»Das war nicht so schlecht, wie ich vermutet habe«, sagte er zufrieden lächelnd. »Gerade Eure Kartoffeln sind recht gut, ich muss sehen, ob ich sie bei uns auch anbauen kann.«
»Ich weiß nicht, ob Francis Drake sie schon nach England gebracht hat«, murmelte Anna. Sie wischte sich über die schweißnasse Stirn und stand auf. »Ich werde jetzt zahlen, und dann verschwinden wir von hier. Mein Gott, ich kann mich hier niemals wieder sehen lassen!«
Der Wirt bedachte sie mit einem scheelen Blick, als sie um die Rechnung bat, dann aber zuckte ein geschäftliches Lächeln um seine Mundwinkel, als Anna ihm ihre goldene Kreditkarte hinlegte. Zähneknirschend unterschrieb sie den Beleg über knappe hundert Pfund, schob noch eine Zehn-Pfund-Note als Trinkgeld über den Tresen und wagte zu fragen: »Kennen Sie eigentlich den Mann mit den seltsamen Manieren? Er behauptet, aus dieser Gegend zu stammen, kann sich aber nicht mehr daran erinnern, wo er wohnt.«
»Tut mir leid, ich sehe ihn zum ersten Mal. Und, seien Sie mir nicht böse, Miss, hoffentlich auch zum letzten Mal. Mit seinen Tischsitten verärgert er mir die Gäste. So hat man vielleicht im Mittelalter gegessen, heute benutzen wir doch Gabel und Messer. Und den Mund wischen wir uns mit der Serviette und nicht mit dem Tischtuch ab.«
Eine heiße Röte schoss in Annas Wangen, und sie wandte sich schnell ab. Duncan wartete schon an der Tür, und es wunderte Anna nicht, dass ihnen alle Blicke folgten, als sie das Pub verließen.
»Das war eine tolle Vorstellung! Gratulation!«, schimpfte sie. »Sie haben uns zum Gespött des ganzen Dorfes gemacht!« Im Schein der Straßenlampe sah Anna seinen unschuldigen Blick, beinahe wie der eines Kindes, das ausgescholten wird und nicht weiß, wofür. »Sie wissen tatsächlich nicht, wie man mit einer Gabel umgeht, was?«, dämmerte es ihr, und wider alle Vernunft und besseres Wissen fuhr sie fort: »Gut, Sie können heute Nacht in dem zweiten Zimmer schlafen, aber morgen werden wir Ihre Angelegenheiten klären. Ich habe schließlich einen Job, um den ich mich kümmern muss.«
Duncan nickte. »Morgen werde ich zum See gehen und versuchen, nach Hause zu gelangen. Ich habe erkannt, dass Ihr mir nicht helfen könnt.«
Obwohl Anna so einiges auf der Zunge brannte, zog sie es vor, zu schweigen. Zurück im Cottage bezog sie das Bett in dem zweiten Schlafzimmer, die Bettwäsche fand sie in der Kommode, und sagte: »Wir sollten gleich schlafen gehen, es war ein langer Tag. Außerdem habe ich noch Nachholbedarf von der gestrigen Nacht. Also dann, gute Nacht.«
Sie blieb kurz im Türrahmen stehen und betrachtete Duncan, der trotz der Aufregungen der letzten Stunden keine Ermüdungserscheinungen zeigte. Sie selbst fühlte sich wie erschlagen und sehnte sich nach ihrem Bett. Automatisch schloss sie die Tür hinter sich ab. Nicht, dass sie Angst gehabt hätte, Duncan würde ihr
Weitere Kostenlose Bücher