Die Tricks der Trickser

nicht, Gott bewahre, dass jemand nun auspackt und von all seinen Sorgen berichtet. Dies ist oft die erste Lüge am Arbeitstag.
    Doch wer kennt das nicht?
    Wenn ich jetzt die Wahrheit sage, denn bekomme ich erst so richtig Probleme: Sie wird sich aufregen, er kann kaum noch an sich halten ... Und dann fragen Sie sich: Soll ich das wirklich tun? Ist uns allen nicht mehr geholfen, wenn ich einfach etwas auslasse, eine Notlüge erzähle, eine Geschichte erfinde?
    Was meinen Sie? Wann darf man lügen, wann nicht? Darf man überhaupt lügen? Das ist eine Frage Ihrer Ethik.
    Hand aufs Herz. Ist es nicht eher so, dass wir nach Ausflüchten suchen, um uns vor Konfrontationen und unangenehmen Situationen zu schützen? Und dazu ist so manchem jedes Mittel recht, und sei es eine Lüge. Da gibt es die Ausrede, Notlügen seien erlaubt und barmherzige Lügen kein Kavaliersdelikt, sondern Nächstenliebe.
    Lügen schwächen Sie und Ihre Mitmenschen. Lügen kommen immer irgendwann ans Tageslicht und kosten Sie den Verlust von Vertrauen. Und das Vertrauen eines Menschen zu verlieren ist ein nicht wiedergutzumachender Verlust.
    Doch zurück zu den Tricksern.
    Alles, was der Trickser tut, hat mit Lügen zu tun. Er ist nicht interessiert, Ihnen die Wahrheit zu sagen. Er verfolgt nur ein Ziel: Ihnen eine Gewissheit (einen Glauben, eine Meinung) zu verschaffen, die ihm helfen wird, seine Ziele zu erreichen. Und Sie wissen ja: Übung macht den Meister. Der Trickser wird zunehmend eleganter lügen. Und wenn wir ehrlich sind, dann kennt der Trickser nichts anderes als leeren Lip-Service.
    Der geübte (pathologische) Lügner ist irreführend und dabei unendlich überzeugend. Es fällt ihm leicht, sich der Verantwortung für seine Unwahrheiten zu entziehen. Droht man, ihm ,auf die Schliche zu kommen‘, schafft er es immer wieder – oft unter Einsatz weiterer Lügen –, sich aus der Affäre zu ziehen. Seine vermeintlich objektive Erinnerung dient nur einem Gebieter: ihm selbst. Besteht kein anderer Ausweg, streitet er alles ab: „Du bist verrückt, hast die Realität verloren, siehst weiße Mäuse.“
    Gegenmaßnahme Verifizieren Sie die Aussagen des Tricksers woanders, an neutraler dritter Stelle. Vertrauen Sie ihm nichts an, was er gegen Sie verwenden kann – er wird es tun! Lassen Sie sich nicht in Diskussionen verstricken und stellen Sie keine weitere Fragen – er wird Ihnen nur noch mehr Lügen erzählen. Gehen Sie aus dem Kontakt.
    Tipp Bei überführten Lügnern gilt die Umkehr der Beweispflicht!
    Ein Trickser wird seine Lügen klug dosieren. Wie in der Medizin wird er gerade so viel Lüge verabreichen, um die Zweifel des Opfers zu betäuben und ruhigzustellen. Ist die Lüge zu gering dosiert, wird die Situation nicht gesichert, sondern gefährdet. (Darum übt der Trickser mit Ihnen schon gleich zu Beginn Ihres Kontakts, um Ihr persönliches System abzuchecken, daraus berechnet er Diagnose und Indikation.)
    Die Lüge ist ein Fieber, das die Wahrnehmung schwächt und die Phantasie schärft und lenkt. Hat die Illusion lange genug gedauert, sind Geist und Glaube imprägniert, und das Opfer sieht noch lange die Illusion (Freud nannte das so freudlos Objektpräsenz). Denn irgendeine Vorstellung muss das Opfer (der Bauer) ja schließlich haben, wenn er seine Arbeit mit Verstand verrichten soll, andererseits aber auch keine allzu genaue Vorstellung, wenn er ein brauchbarer und gleichzeitig zufriedener Bauer im Spiel sein soll. Die kleinen Einzelheiten sind es bekanntlich, die tüchtig und glücklich machen. Der Gesamtüberblick würde den Betrug nur gefährden.
    Die Veränderung der Wahrheit ist für den Trickser aus zwei Gründen notwendig, von denen der erste nebensächlich und gewissermaßen präventiv ist.

Der Nebengrund besteht darin, dass das Opfer die gegenwärtigen Zustände zum Teil deshalb duldet, weil ihm die Vergleichsmaßstäbe fehlen.
Doch der weitaus wichtigere Grund für die Angleichung der Wahrheit besteht in der Notwendigkeit, die Unfehlbarkeit des Tricksers zu garantieren.
    Viele gut ausgedachte Argumente helfen, den Irrsinn zu vernünfteln und aus seiner Gier den Posten eines seltsamen moralischen Kalküls zu machen – so bringt man sein und des Opfers schlechtes Gewissen zum Schweigen.
    Hier beliebte Varianten des Tricksens, Täuschens und Tarnens mittels Lügen:  
Lügen durch Auslassung und Halbwahrheit
    Es ist das Prinzip des Verheimlichens. Hier werden Informationen zurückgehalten, ohne wirklich die Unwahrheit