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Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz)

Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz)

Titel: Die Triffids: Roman - Mit einem Vorwort von M. John Harrison (www.Boox.bz) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Wyndham
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einer Garnitur verschiedener Päckchen und Dosen zurückkehrte, fand ich auch ihn wach und angekleidet. Beim Frühstück beschlossen wir, um in Tynsham bessere Aufnahme zu finden, zwei beladene Fahrzeuge mitzubringen, statt gemeinsam in einem zu fahren.
    »Und sehen Sie, dass das Wagenfenster schließt«, warnte ich ihn. »Um London herum gibt es eine ganze Menge Triffidkulturen, besonders im Westen.«
    »Hm. Ich habe unterwegs ein paar von den hässlichen Biestern gesehen«, meinte er leichthin.
    »Ich habe sie nicht nur unterwegs gesehen – sondern auch am Werk«, erklärte ich.
    In der ersten Tankstelle, an der wir vorbeikamen, brachen wir eine Zapfsäule auf und tankten. Dann fuhren wir nach Westen, mein Dreitonner in Führung.
    Es war eine beschwerliche Fahrt. Immer wieder mussten wir verlassenen Fahrzeugen ausweichen. Manchmal blockierten zwei, drei die ganze Straße, sodass wir gezwungen waren, eins davon langsam aus der Fahrbahn zu bugsieren. Wenige waren beschädigt. Die Erblindung schien rasch über die Fahrer gekommen zu sein, doch nicht so plötzlich, dass sie sofort die Kontrolle verloren hatten. Sie waren zumeist noch an den Straßenrand gefahren, ehe sie hielten. Wäre die Katastrophe bei Tag erfolgt, wären die Hauptstraßen einfach unpassierbar gewesen, und wir hätten Tage gebraucht, um uns durch Seitengassen aus dem Zentrum herauszuarbeiten – immer wieder von unüberwindbaren Fahrzeugknäueln zur Umkehr gezwungen und auf der Suche nach Umfahrungsmöglichkeiten. So aber kamen wir eigentlich schneller vorwärts, als es im Einzelnen den Anschein hatte. Und als ich nach einigen Meilen ein umgestürztes Auto am Straßenrand erblickte, erkannte ich, dass schon andere vor uns diese Route eingeschlagen und zum Teil freigemacht hatten.
    An der Peripherie, bei Staines, durften wir uns sagen, dass London endlich hinter uns lag. Ich hielt und ging zurück zu Coker. Als auch er den Motor ausschaltete, entstand eine tiefe, unnatürliche Stille, nur unterbrochen vom Knacken des abkühlenden Metalls. Mir fiel plötzlich ein, dass ich seit unserem Start, abgesehen von ein paar Spatzen, kein lebendes Wesen erblickt hatte. Coker kletterte vom Fahrersitz. Mitten auf der Fahrbahn blieb er stehen, horchte und spähte umher.
    »Kommen Sie, stöbern wir etwas Essbares auf«, sagte er dann.
    Auf einem Ladentisch sitzend, verspeisten wir marmeladenbestrichene Zwiebackstücke, und als wir uns gestärkt hatten, setzten wir unsere Fahrt fort.
    Irgendwie erfüllte einen der Anblick des offenen Landes mit Hoffnung. Zwar würden die jungen, grünen Saaten keiner Ernte entgegenreifen, die Früchte ungepflückt bleiben, die Felder und Fluren nie wieder so blank und sauber aussehen wie am heutigen Tag, aber das alles lebte weiter. Es war nicht wie die Städte tot und ausgelöscht für immer. Hier konnte man noch wirken und schaffen, hier war noch Zukunft. Hier erschien mir das Dasein, das ich in der vergangenen Woche geführt hatte, wie das einer Ratte, die vom Abfall lebt und in Müllhaufen wühlt. Die Weite der Felder weckte meine schlummernden Lebensgeister.
    Orte an unserer Route, Städte wie Reading oder Newbury, brachten kurze Rückfälle in die Londoner Stimmung, aber das ging vorüber.
    Dauerndes Versinken ins Tragische ist uns durch eine phönixgleiche Auftriebskraft verwehrt, die, zum Heil oder zum Unheil, mit unserem Lebenswillen verbunden ist – die aber nicht verhindert, dass wir in einen schwächenden Krieg nach dem andern ziehen. Eine in unserem Wesen verankerte Notwendigkeit lässt uns selbst vor einem Ozean von Leid nur eine Zeit lang trauern; das Außergewöhnliche wird zum Alltäglichen, nur so ertragen wir das Leben. Unter dem leuchtenden Blau, in dem ein paar weiße Wolken schwammen wie himmlische Eisberge, wurden die Städte zu einer weniger schwer lastenden Erinnerung, und der Hauch des Lebens wehte uns an wie ein reinigender Wind. Das entschuldigte es wohl nicht, aber erklärte es, dass ich mich während des Fahrens von Zeit zu Zeit beim Singen ertappte.
    In Hungerford hielten wir an, um uns wieder mit Nahrung und Brennstoff zu versorgen. Das Gefühl der Befreiung wuchs, während wir meilenweit unberührtes Land durchfuhren. Noch erschien es nicht verlassen und öde, sondern nur schlafend und friedlich. Selbst der Anblick kleiner Triffidgruppen, die hier und dort über ein Feld stelzten, oder anderer, die ihre Wurzeln noch im Boden hatten, rief in mir keinerlei feindselige Stimmung wach. Sie waren für

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