Die Troja-Mission
der Reihe sind.«
»Und dahinter steht ein Lagerhaus neben dem anderen.«
»Hier herrscht Hochbetrieb, so viel ist klar.«
»Was hältst du davon?«, fragte Gunn.
»Meiner Meinung nach werden hier das schwere Gerät und der Nachschub angeliefert, den man für den Bau der Magnetbahnverbindung zwischen den Meeren braucht.«
»Das ging aber verdammt heimlich, still und leise vonstatten«, versetzte Gunn. »Ich habe nirgendwo gelesen, dass das Projekt tatsächlich finanziert und in Angriff genommen wurde.«
»Zwei der Schiffe fahren unter der roten Flagge der Volksrepublik China«, sagte Pitt. »Damit dürfte die Frage nach der Finanzierung beantwortet sein.«
Das Wasser in der großen Bucht von Punta Gorda, in die sie einliefen, verwandelte sich mit einem Mal in eine ekelhafte braune Suppe. Alle achteten nur noch auf die See. Keiner sagte ein Wort. Niemand rührte sich von der Stelle, als im Morgennebel Unmengen von braunem Schlick auftauchten, der dicht und klumpig wie Hafergrütze im Meer trieb.
Schweigend standen sie da und sahen zu, wie der Bug durch das Wasser pflügte, dessen Oberfläche umbrabraun verfärbt war. Es wirkte, als wäre es von einer Seuche befallen, wie lepröse Haut.
Giordino, der am Ruder stand und auf einer kalten Zigarre herumkaute, nahm das Gas zurück, während Dodge wie wild Daten aufzeichnete und die chemische Zusammensetzung des Wassers untersuchte.
Im Laufe der Nacht hatte sich Pitt lange mit Renee und Dodge unterhalten. Sie war in Florida aufgewachsen und schon in jungen Jahren eine ausgezeichnete Taucherin gewesen. Da sie die See und das Leben unter Wasser über alles liebte, hatte sie Meeresbiologie studiert. Ein paar Monate bevor sie an Bord der
Poco Bonito
kam, war ihre Ehe geschieden worden. Eine schmerzliche Trennung, die Narben hinterlassen hatte, zumal sie sich Vorwürfe machte, weil sie aufgrund ihrer Arbeit oftmals über viele Monate hinweg auf See gewesen war. Als sie nach einem längeren Forschungsauftrag auf den Salomonen nach Hause gekommen war, hatte sie feststellen müssen, dass die Liebe ihres Lebens ausgezogen war und mit einer anderen Frau zusammenlebte. Auf Männer, so beteuerte sie, lege sie jetzt keinen großen Wert mehr.
Pitt nahm sich vor, jede sich bietende Gelegenheit zu nutzen, um sie zum Lachen zu bringen.
Bei Dodge hingegen stieß er mit seinen Witzeleien auf taube Ohren. Er war ein eher schweigsamer Mann, der über dreißig Jahre lang glücklich verheiratet war, fünf Kinder und vier Enkel hatte. Als Doktor der Chemie, der sich auf Wasserverschmutzung spezialisiert hatte, war er unmittelbar nach Gründung der NUMA in deren Dienste getreten und hatte seither im Labor gearbeitet. Aber als vor einem Jahr seine Frau gestorben war, hatte er sich freiwillig zum Außendienst gemeldet. Er rang sich ab und zu ein schiefes Lächeln ab, wenn Pitt ihn aufzuheitern versuchte, aber er lachte nie.
Dicker brauner Schlick trieb im ersten Schein der Morgensonne rundum auf dem Meeresspiegel. Er wirkte wie Ölschlamm, aber viel dichter, sodass keinerlei Dünung ging, als Giordino die
Poco Bonito
mit zehn Knoten durch die Bucht steuerte.
Nachdem sie bei Bluefields dem Bombenanschlag und anschließend mit knapper Not der Piratenjacht entronnen waren, hatte die Anspannung im Laufe der Nacht so zugenommen, dass sie jetzt geradezu mit Händen zu greifen war. Pitt und Renee holten etliche Eimer Schlick an Bord und gossen ihn in Glasbehälter, damit man ihn im NUMA-Labor in Washington genauer untersuchen konnte. Außerdem sammelten sie allerhand tote Meerestiere ein, die Renee noch vor Ort sezieren wollte.
Dann stieß Giordino plötzlich einen lauten Ruf aus und deutete aufgeregt nach vorn. »Da, an Backbord voraus! Irgendwas tut sich dort im Wasser!«
Dann sahen sie es alle – irgendetwas bewegte sich dort in der See, so als ob sich ein Wal im Todeskampf hin und her wälzte. Alle standen wie erstarrt da, als Giordino um zwölf Grad beidrehte und auf das brodelnde Wasser zuhielt.
Pitt trat ins Ruderhaus und warf einen Blick auf die Echolotanzeige. Der Meeresboden stieg rasch an, so als glitten sie über den Steilhang eines vom Grund aufragenden Berges hinweg. Durch die ekelhafte braune Masse wirkte die See wie ein brodelnder Kessel voller Schlamm.
»Unglaublich«, murmelte Dodge, der wie in Trance wirkte. »Laut Seekarte müsste die Wassertiefe hier bei rund einhundertachtzig Metern liegen.«
Pitt sagte gar nichts. Er stand am Bug und hatte das Fernglas angesetzt.
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