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Die Trolle

Die Trolle

Titel: Die Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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schmerzte bei jedem Schritt, und dementsprechend düster war Sargans Gemüt, als er die Stadttore erneut passierte.
    Erst nachdem er durch die halbe Stadt gehumpelt war, fand er endlich einen älteren Mann, der von sich behauptete, seine Kunst außerhalb des Landes Ardoly gelernt zu haben. Leider lebte der Heiler in einer Behausung, die Sargan mehr wie ein heruntergekommener Verschlag vorkam. Zudem schienen ihm die Klauen und Federn von Hühnern, die überall in der kleinen Hütte von der Decke hingen, nicht gerade Vertrauen erweckend.
    »Setzt Euch nur, Herr, und lasst mich Euer Bein betrachten«, begrüßte ihn der Mann, dessen kahler Schädel von zahlreichen Altersflecken bedeckt war. Er führte Sargan zu einem Schemel, der mitten im Raum stand.
    Die Balken der Unterkunft waren rußgeschwärzt, oder zumindest hoffte Sargan, dass der schwarze Belag Ruß war, und ein ätzender, die Augen zu Tränen reizender Rauch hing in der Luft. Agdele steh mir bei, dachte Sargan verzweifelt, aber das ist das Beste, was ich hier finden konnte. Vermutlich kippt er gleich Hühnerblut über mich und erklärt mich für geheilt!
    Während Sargan den Stofffetzen von seinem Bein wickelte und die Wunde freilegte, plapperte der Alte munter weiter: »Solche Löcher haben ich schon oft gesehen, Herr. Sieht aus wie ein Armbrustschuss oder als hätte Euch ein Vinai mit seinem Bogen erwischt. Obwohl, dann wäre das Loch vermutlich eher in Eurem Herzen, he he.« Der Heiler lachte meckernd.
    Sorge beschlich Sargan. Die Bewohner Ardolys mit ihren schlichten Gemütern ließen sich wahrscheinlich freudig alles erzählen und nahmen dem Heiler die Geschichten über seine fernen Reisen auch noch ab. Er selbst bezweifelte stark, dass der Alte jemals einen Vinai gesehen hatte, doch in Ermangelung einer besseren Möglichkeit begab er sich schließlich mit einem Achselzucken in die Hände des Heilers.
    Dieser drückte und quetschte das Fleisch um die Wunde, bis es Sargan vor Schmerz beinahe schwarz vor Augen wurde. Als er schon dachte, er könne die Schmerzen nicht mehr ertragen, verteilte der Heiler großzügig eine kühle Paste um die Wunde und verband das Bein mit einigen geschickten Handgriffen. Tatsächlich erschien es Sargan, als ob die Schmerzen ein wenig nachließen, und er stand erstaunt auf und belastete das Bein vorsichtig.
    »Es wird noch dauern, Herr, bis die Wunde verheilt ist«, informierte ihn der Heiler, »aber wenn Ihr vorsichtig seid, wird Sie nicht wieder zu bluten anfangen. Und meine Salbe sorgt dafür, dass die Wunde nicht schwärt.«
    »Schwärt?«, fragte Sargan angewidert.
    »Eine schwärende Wunde eitert und wird rot und heiß, Herr, und Ihr bekommt Fieber und seht Unwirkliches. An dieser Stelle kann man Euch das Bein nicht abnehmen. Wenn die Wunde schwärt, dann müsst Ihr wohl sterben.«
    »Oh, danke. Aber deine Salbe …«
    »Wird das verhindern, Herr«, erwiderte der Heiler und zeigte ein zahnloses Grinsen, das Sargan nicht wirklich Mut einflößte. Ohne es zu wollen, erinnerte er sich an die Geschichten über den Imperator Loras den Ersten, der sich bei einem Sturz vom Pferd das Bein gebrochen hatte. Seine Leibärzte hatten nicht verhindern können, dass die Wunde sich entzündete, wohl aber hatten sie den Imperator mit ihrer Kunst vor dem Tode bewahrt. Nur, dass er den Rest seines Lebens ständig unerträgliche Schmerzen litt und auch die stärksten Tinkturen nichts dagegen ausrichten konnten. Weniger als neun Monde regierte Loras I. noch, wurde den Geschichten nach währenddessen ständig mehr und mehr vom Wahnsinn ergriffen, bis er eines Nachts aus dem Fenster seiner Gemächer sprang. Böse Zungen behaupteten, dass seine Schwester Midara ein wenig bei dieser Entscheidung nachgeholfen habe und dass die Palastwachen, durch die vielen unsinnigen Entscheidungen und seltsamen Erlasse verunsichert, sie dabei nicht aufhielten. Und zwei Jahre später haben die Wachen Midara I. die Grausame im Schlafe erdrosselt und ihren Kommandanten auf den Thron gesetzt, sinnierte Sargan. Zum Glück habe ich weder Schwestern noch Wachen und muss mich nur mit diesen rückständigen Menschen hier herumplagen.
    Natürlich ließ er sich seine Vorbehalte nicht anmerken, sondern dankte dem Alten freundlich lächelnd und entlohnte ihn für seine Mühen, bevor er aus der stickigen Hütte ins Freie trat und tief durchatmete.
    Es war an der Zeit, seine Lage zu überdenken und eine neue Vorgehensweise zu bestimmen, nachdem sein bisheriger Plan durch das

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