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Die Trugburg

Die Trugburg

Titel: Die Trugburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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nein«, entfuhr es Ilfa.
    Er gab ihr den Köcher und den Bogen, den er vor dem Turmverlies gefunden hatte. Ilfa schien sich wieder gefaßt zu haben. Er nahm ihre Hand und rannte mit ihr die Treppen hinab und durch den Verbindungsgang in den Palas. Hinter ihnen stürzten Mauern und Decken ein, und das Zittern des Bodens wurde zu einem Beben. Überall traten die Gefangenen nun aus den Wänden, graue Geschöpfe halb aus Fleisch, halb aus Stein. Wo sie hervorkamen, hinterließen sie Lücken, in die das Mauergestein stürzte.
    »Wir müssen auf dem schnellsten Weg aus der Burg!« rief Mythor. »Hier entlang! In die Halle!«
    Wieviel Zeit blieb ihnen noch? Zu allem Überfluß stellten sich ihnen die ehemaligen Liebhaber heulend und klagend in den Weg. Mythor mußte mit bloßen Fäusten kämpfen, bis die Tür von Eroices Schlafgemach erreicht war.
    Was er dort sah, ließ ihn für einen Herzschlag den Weltuntergang um sich herum vergessen.
    »Mermer!« rief Ilfa erschüttert.
    »Und Gesed!«
    »Aber das war sein Vater, Mythor!«
    Er hatte es bis zu diesem Augenblick nicht gewußt. Doch die tödliche Umklammerung der beiden Gestalten sagte ihm alles. Sie waren nicht mehr lebendig geworden. Als Steinrelief hingen sie an der Säule – Gesed mit dem Körper des Baumeisters halb aus ihr heraus, Ceroc mit der Mermer-Maske an ihm. Ein Schwert lag davor auf dem Boden. Mermers Haltung verriet, daß er es in Budjans Brust gestoßen und noch einmal herausgezogen hatte. Selbst im Sterben, hatte er nicht mehr die Kraft zu einem zweiten Stoß gehabt.
    Schaudernd bückte sich Mythor nach der Waffe und wehrte die anrückenden Untoten ab. Aus der zweiten Säule trat ein Jüngling. Sie brach zusammen und ließ große Teile der Decke einstürzen. Die Steine begruben die Verfolger. Mythor und Ilfa konnten dem Erschlagenwerden mit knapper Not entkommen.
    Sie hetzten die Stufen der breiten Marmortreppe hinunter. Neben ihnen brachen Säulen ein, und in der Halle hatten sich zusammengelaufene Mangowachen ganzer Horden von Liebhabern zu erwehren. Ihr Anführer schrie den Rückzugsbefehl. Sie flohen, und hinter ihnen fielen die Opfer der toten Hexe nun selbst übereinander her. Jeder war einmal des anderen Rivale gewesen. Die Wellen des Hasses schlugen hoch. In der gewölbten Decke bildeten sich die ersten Risse. Mythor trieb die Gefährtin zu noch größerer Eile an. Von den letzten Stufen sprangen sie hinunter und rannten den Mangokriegern nach, die den besten Weg ins Freie kennen mußten.
    Putz und Mörtel rieselten in die Halle. Dann folgten riesige Steinquader. Mangos, die noch aus ihren Quartieren kamen, starben darunter. Steinmenschen, die getroffen wurden, erhoben sich wieder und wüteten weiter, bis auch der Boden der Halle, aller Fundamente beraubt, einbrach.
    Mythor und Ilfa erreichten den Ausgang und waren auf dem Burghof, als schon die ersten Teile der Palasmauern in sich zusammenfielen.
    Am Torbau wurde rasselnd die Zugbrücke heruntergelassen. Mangokrieger zerrten ihre vor Angst hochgehenden und nach allem tretenden Pferde aus den Ställen. Als eines sich losriß, sprang Mythor es an, konnte die Arme um seinen Hals schlingen und ihm die Füße in die Flanken schlagen.
    »Spring auf, Ilfa!«
    Mit all seiner Kraft gelang es ihm, das Tier dorthin zu bewegen, wo er es haben wollte. Ilfa kam ihm entgegengeflogen. Er bekam ihren Arm zu fassen und zog sie zu sich herauf. Sie klammerte sich an ihn, und Mythor brauchte nichts mehr zu tun, als das Pferd hinter den davonsprengenden Mangoreitern hergaloppieren zu lassen, über die Zugbrücke und aus Eroices in Trümmer fallender Burg heraus. Kein kalter oder zorniger Reiter dachte mehr daran, die beiden Menschen anzugreifen. Sie stoben in alle Richtungen davon und verschwanden in den Nebelschwaden des heraufdämmernden Morgens.
*
    Eine gute Stunde darauf standen Mythor und Ilfa vor dem Burghügel am Waldsaum. Beim Sprung von ihrem Pferd hatten sie sich zwar Schrammen und einige Prellungen geholt, zum Glück jedoch nichts gebrochen. Als die Nebel sich teilten, sahen sie auf das, was von Eroices düsterem, trutzigen Gemäuer übriggeblieben war.
    »Ruinen«, sagte Ilfa. »Nur noch Ruinen, nicht mehr als ein Steinbruch.«
    Wer sollte hier jemals wieder eine Siedlung errichten? Der Wald schwieg. Über das ganze Land hatte sich eine unheimliche Stille gebreitet – die Stille des Todes. Mythor fühlte sich verloren. Die Mangokrieger, die sich vor dem Einsturz hatten retten können, waren über alle

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