Die Trugburg
Berge. Vielleicht kehrten einige von ihnen zum Herrn des Chaos zurück und berichteten ihm von Eroices und Cerocs Ende.
Die befreiten Eingemauerten hatten die Hexe nicht lange überlebt. So rasend sie sich gebärdet hatten, es war wie ein letztes Aufflackern gewesen. Alle Lebenskraft, die noch in ihnen gewesen war, war in diesem letzten, mörderischen Kampf verpufft. Nun schwiegen auch sie. Kein Geheul drang mehr von dem Hügel herab.
Mythor zog Ilfa fest an sich.
»Cobor, Zomfar und Gorbel«, flüsterte sie. »Sie waren zu treuen Freunden geworden. Was ist uns geblieben, Mythor?«
»Unser Leben«, sagte er. »Unsere Freiheit.«
Er hatte ihr von Gesed berichtet, von allem, was seit ihrer Trennung im Wald der Masken mit ihm geschehen war. Sie hatte ihm von Mermer erzählen müssen.
»Ein grausames und am Ende doch gnädiges Schicksal hat die beiden so wieder zusammengeführt«, sagte er. »Sie haben den Frieden gefunden, den ihnen ihre Totenmasken nicht schenken konnten.«
Beide hatten sie es gespürt, als sie vor den im Tode Umklammerten standen. Vater und Sohn waren nicht nur versteinert. Es war kein Leben mehr in ihnen gewesen. Der Fluch der Masken, der einst eine Hoffnung war, war von ihnen genommen. Ihre Geister hatten sich endgültig verflüchtigt, vielleicht in andere, friedlichere Bereiche.
Mythor leistete Gesed in Gedanken Abbitte für sein bis fast zuletzt gehegtes Mißtrauen. Der Aegyr hatte bereut und sein ganzes Wissen nur deshalb so lange zurückgehalten, weil er dem gleichen Zauber verfallen gewesen war wie Mythor selbst.
Ilfa machte ihm keine Vorwürfe wegen Tallia. Das gemeinsam Überstandene band sie fester zusammen als jemals zuvor. Und gemeinsam stark mußten sie sein, wollten sie überleben, wenn die Schrecken des Waldes wieder erwachten.
»Kalaun wird uns nun mit noch größerem Zorn verfolgen«, sprach Ilfa das aus, was Mythor dachte. »Er wird alles in Bewegung setzen, das er gegen uns aufzubieten vermag.«
»Und Roar, sagst du, ist einfach verschwunden?«
»Ich weiß nicht, was er sah oder hörte. Vielleicht hatte er wirklich eine Witterung von Ceroc. Doch wir wissen, daß er ihn nicht zu stellen vermochte.«
Oder er tat es, und der Xandor blieb Sieger, dachte Mythor.
Er wollte nicht daran glauben. Auf jeden Fall blieb die Ungewißheit über das Schicksal des Kruuks, und daß er den Freunden nicht zur Burg gefolgt war, gab nicht gerade viel Anlaß zu Hoffnungen.
»Komm«, sagte er. »Gehen wir, Ilfa.«
Wohin, das mochte sich weisen. Zuerst einmal fort von diesem verwunschenen Ort und aus der Schneise des Schreckens.
Mit einem letzten Blick zurück auf die Ruine sah Mythor noch einmal Eroice vor sich, wie sie sich auf ihr magisches Spiegelbild gestürzt hatte.
Die Hexe konnte ihm das gestohlene Gedächtnis nicht mehr wiedergeben. Vielleicht hätte sie es getan, wäre er in ihre Falle gegangen und nach wenigen Stunden einer trügerischen Leidenschaft von ihr in die Mauern geschlagen worden.
Die Aussichten, die verlorengegangene Erinnerung doch noch zurückzugewinnen, waren schlechter denn je. Doch Mythor wollte nicht aufgeben. In dieser Welt der Wunder und des Chaos war nichts unmöglich.
Mythor mußte weitersuchen. Ilfa würde ihm dabei helfen. Wenigstens sie war ihm noch geblieben.
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