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Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kulbach-Fricke
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am nächsten Tag machte Meginzo Fortschritte. Er fieberte nicht mehr, hustete nur noch wenig. Seine Mutter verscheuchte die Köchin vom Herd und bereitete ihm selbst eine Hühnerbrühe, mit der sie ihn dann liebevoll fütterte, bis er protestierte.
     
    Am Abend ging es ihm so gut, daß seine Großmutter sich beruhigt zu Bett begab. Gertrudis wollte sich auch ein wenig Schlaf gönnen, trug aber ihren Strohsack in die Kammer ihres Sohnes, um sofort zur Stelle zu sein, wenn er sie brauchte.
    Engilradis schlief den tiefen, traumlosen Schlaf der Erschöpfung, als eine Hand an ihrer Schulter rüttelte und ihre Tochter verzweifelt rief: »Komm schnell, Mutter, ich
glaube, mein Sohn stirbt!« Benommen kroch Engilradis aus dem Bett und stolperte hinter Gertrudis her, gefolgt von Fordolf. Meginzo lag flach ausgestreckt; sein Atem ging mühsam und hechelnd, seine Hände klammerten sich an das Laken. Engilradis wurde es eiskalt. Sie riß den Jungen in die Höhe, damit er besser Luft holen konnte, sie klopfte auf seinen Rücken, schließlich preßte sie in ihrer Verzweiflung die Lippen auf seinen Mund und versuchte, ihm immer wieder ihren Atem in die Lunge zu blasen. Schließlich merkte sie, daß er nicht mehr atmete, und hielt inne. Es war kein Leben mehr in seinen Augen, und Gertrudis warf sich bitterlich weinend über ihr totes Kind.
     
    Zu seinem Begräbnis fand sich die ganze Familie im Hause Großvaters ein. Es war zwar inzwischen Fordolfs Haus, aber für uns blieb es für alle Zeit das Haus Großvaters. Der Junge war im Flur hinter dem Verkaufsladen aufgebahrt. Etwas Merkwürdiges lag auf seiner Brust. Ich trat näher heran und erkannte Gertrudis’ Brautkranz aus Rosen, den sie getrocknet und all die Jahre über ihrem Bett hängen hatte. Nun gab sie ihn als letztes Geschenk ihrem Sohn mit auf seinen Weg zur ewigen Ruhe. Meine Tränen flossen in Strömen vor Kummer über meine arme Base, die nun ihr Liebstes verloren hatte.
    Neben mir standen Fordolf und Engilradis und beweinten ihr Enkelkind. Ich hörte, wie Engilradis leise zu ihrem Mann sagte: »Willst du nicht lieber zu Hause bleiben? Du siehst gar nicht gut aus, und es geht heute ein eiskalter Wind. Es könnte zuviel für dich werden.«
    Fordolf schüttelte jedoch den Kopf. »Es gibt heute Schlimmeres als kalten Wind. Er wird mich nicht davon abhalten, meiner armen Tochter in dieser bitteren Stunde beizustehen.«

    Aber später am Grab mußte er so stark husten, daß die Worte des Pfarrers von Sankt Laurenz kaum zu verstehen waren. Die Seuche hatte auch ihn erfaßt, und er starb bereits am nächsten Tag. Zum dritten Mal in wenigen Tagen schlug die Sense des erbarmungslosen Todes in unserer Familie ein, und Engilradis mußte nach Tochter und Enkelsohn nun auch ihren Mann begraben. Wir konnten es nicht fassen. Zwar war Fordolf ein Mann von sechsundsechzig Jahren gewesen, älter, als ich es heute bin; aber wir hatten ihn immer als Großvaters Sohn gesehen und hatten darum gar nicht gemerkt, wie alt auch er geworden war.
     
    Da stand die Sippe nun schon wieder auf dem Friedhof; um drei ganz frische Gräber, und das von Großvater noch dazu. Der Pfarrer redete endlos, und ich zählte inzwischen die Angehörigen.
    Da stand Tante Engilradis, sie war über sechzig Jahre alt, und von dem Liebreiz, der einst Fordolf zu den mutigsten Eroberungsversuchen bewegt hatte, war nichts mehr geblieben; und dennoch fand ich sie schön in ihrer Würde und Güte. Ruhig und gefaßt stand sie da; aber ihre Tochter Gertrudis klammerte sich in hemmungslosem Schmerz an sie und weinte die ganze Zeit, so daß ihr Bruder Constantin tröstend den Arm um sie legte. Er hatte seine junge Frau Elizabeth und die kleine Tochter bei sich, auch seine Tochter Engilradis und deren jungen Gatten Hildeger Hardefust und das kleine Töchterchen, die Söhne Fordolf und Helperich sowie die beiden Stiefsöhne Theoderich und Heinrich, die schon zweiunddreißig und siebenundzwanzig Jahre alt waren, sich aber seit Jahren völlig taub stellten, wenn Constantin ihnen vorteilhafte Heiraten vorschlug.
    Auch seine Stieftochter Druda war gekommen mit ihrem Ehemann. Sie war nach vierjähriger Ehe noch immer kinderlos und sehr traurig darüber.

    Daneben sah ich Engilradis’ jüngeren Sohn Helperich mit seiner Frau Petrissa und ihrem einzigen Kind, das den Namen der Großmutter Engilradis trug.
    Petrissas zahlreiche Familie war gekommen, ihre Eltern, der grauhaarige Schöffe Alexander von der Rheingasse mit seiner Frau

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