Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman
klein wie mein Bruder Lothar«, erklärte Heinrich. Sein Blick fiel auf die Schale Äpfel, welche die Kammerfrau griffbereit für mich aufgestellt hatte.
»Darf ich mir einen nehmen?« fragte Heinrich höflich. Ich konnte nicht anders, ich mußte ihm über seinen widerspenstigen Blondschopf streicheln.
»Natürlich, greif nur zu. Und gib deinen Geschwistern auch jedem einen.«
»Dann ist aber keiner mehr für dich übrig«, bemerkte er.
»Das zeigt nur, daß du richtig zählen kannst. Weißt du auch, wer die Eltern deiner Braut Agnes sind?«
»Aber Sophia, natürlich weiß ich das. Ihr Vater heißt Konrad und ist Pfalzgraf, und ihre Mutter - zu dumm, jetzt habe ich vergessen, wie ihre Mutter heißt. Aber sie ist sehr lustig. Die Mutter, meine ich. Agnes lag ja noch in der Wiege, als ich sie gesehen habe. Vielleicht wird sie auch lustig, wenn sie groß ist. Dann haben wir Spaß zusammen.«
Ich wandte mich an Mathilde. »Da ist deinem Löwen ja eine großartige Verlobung gelungen. Der Pfalzgraf Konrad ist immerhin der Halbbruder des Kaisers, und nach diesem der erste Fürst im Reich - viel höher kann man nicht greifen«, sagte ich bewundernd.
Mathilde lächelte still.
»Heinrich hat damit nichts zu tun. Diese Verlobung haben die Pfalzgräfin Irmgard und ich ganz allein beschlossen, und unsere Männer haben nur zugestimmt.«
Es hätte mich interessiert, ob auch der Kaiser um seine Zustimmung gefragt worden war. Aber jetzt kam Lothar durch das Zimmer angeritten.
»Ich möchte auch eine Braut!« erklärte er.
Heinrich sah überlegen auf ihn herab.
»Du bist erst drei, du bist noch viel zu klein für eine Braut«, meinte er lehrmeisterisch.
»Bin ich nicht.«
»Bist du doch.«
»Nein, bin ich nicht!«
Und Lothar haute auf seinen Bruder ein, und der schlug zurück.
Da sah Richenza von dem Buch auf, in dem sie fleißig herumbuchstabierte.
»Benehmt euch anständig, sonst sage ich es dem Vater!« rief sie streng.
Das genügte. Die beiden Jungen sahen sich noch einmal herausfordernd an, dann erklärte Heinrich großmütig: »Aber wenn du größer bist, bekommst du auch eine Braut.«
Und damit trollten sie sich zu ihrem jüngsten Bruder Otto.
Mathilde hatte während der ganzen Szene nicht mit der Wimper gezuckt. Lächelnd blickte sie hinter den versöhnten Streithähnen her.
»Mathilde«, fragte ich schwach. »Was geht denn vor, daß
unser Erzbischof euer Land überfällt?« Wenn mir auch elend war, neugierig war und blieb ich doch.
Das Lächeln war verflogen, und Mathilde seufzte.
»Er hat sich mit dem Bischof Ulrich von Halberstadt verbündet. Den hat mein Löwe vor bald zwanzig Jahren abgesetzt, und zwar auf ausdrücklichen Wunsch des Kaisers, weil Ulrich sich entschieden auf die Seite von Papst Alexander gestellt hatte. Genau darum hat der Papst, der ja jetzt der beste Freund des Kaisers ist, seine Wiedereinsetzung verfügt, damals, als er in Venedig Frieden mit Barbarossa schloß, und zwar mit der Begründung, der jetzige ›sogenannte‹ Bischof Gero von Halberstadt sei nicht vom Papst geweiht. Aus dem gleichen Grund hat er auch Balduin von Bremen sein Bistum abgesprochen.
Wieso denn gerade die beiden wichtigsten Bischöfe Sachsens, meinem Gemahl treu ergeben und beide mit Willen des Kaisers auf ihren Stuhl gekommen? Euer Erzbischof Philipp und auch Christian von Mainz sind ebensowenig von Alexander geweiht worden, aber an sie tippt er auch nicht mit einem Finger, obwohl sie sich ihm immer feindlich gezeigt haben.
Ulrich hat die ganze Zeit in Salzburg gesessen und auf seine Chance gewartet. Daß er die überhaupt noch erlebt hat! Er ist inzwischen ungefähr achtzig, aber du kannst mir glauben, daß er seine Kampfeslust in den Wartejahren gepflegt hat. Er kam also mit Trompetenschall in sein Bistum zurück, während mein Löwe gegen die Slawen im Feld lag. Dann hat er in äußerst harscher Weise sämtliche Verlehnungen seines Vorgängers Gero an meinen Gemahl für nichtig erklärt und zudem noch in großer Eile eine Festung an seiner Nordgrenze erbaut - deutlicher konnte seine Kampfansage nicht sein.
Mein Löwe hat, als er dies erfuhr, seinen Feldzug hastig beendet, stürmte zu der neuen Burg und hat sie zerstört.
Er allein ist es, der über den Bau von Festungen in Sachsen zu entscheiden hat. Dies hat Bischof Ulrich aber nicht im geringsten beeindruckt. Kaum war Heinrich fort, fing er mit dem Wiederaufbau an und verbündete sich mit dem Erzbischof von Köln. Ich frage dich: Was geht es den
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