Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman
bis zur nächsten Beichte habe ich es dann vergessen, angetrunken, wie ich jetzt bin …«
Februar 1190
D er Winter dieses Jahres war so kalt, daß dicke Eisschollen im Rhein trieben und Schiffahrt folglich nicht in Frage kam. Wegen der bitteren Kälte verschoben wir auch unsere Fahrten zu Lande, denn es lag überall eine hohe Schneedecke. Die Jugend fragte sich schon, ob der Rhein ganz zufrieren würde und der Umzug zur Fastnacht über den Strom führen könnte. Ich sage dir ganz ehrlich, dies ist zwei- oder dreimal während meines Lebens geschehen, aber nichts auf der Welt hätte mich dazu bringen können, über eine Eisdecke zu gehen, von der ich nicht sicher war, ob sie nicht doch brach und die Menschen in der eisigen Tiefe versinken ließ. Dies ist zwar nicht geschehen, solange ich lebe, aber niemand kann sicher sein, ob es nicht doch eines Tages passiert.
Es kam jedenfalls nicht dazu, denn mit dem Februar wurde es plötzlich warm und trübe. In wenigen Tagen schmolzen die Eisschollen dahin, grauer Regen spülte die Schneeklumpen
von den Straßen, es troff von allen Dächern. Ich saß in meinem Kontor, träumte aber vor mich hin, statt zu arbeiten. Eine kleine Glutpfanne wärmte meine Füße, und ich dachte an das Kind, das ich trug. Auch Blithildis sah Mutterfreuden entgegen, aber mein scharfes Auge erkannte, daß dieses Kind im rechtmäßigen Abstand zur Eheschließung das Licht der Welt erblicken würde.
Da wurde die Tür aufgerissen. Gottschalk stand da, die Haare zerzaust, das Gesicht gerötet vom raschen Lauf.
»Schnell, zieh dich an und komm! Die Kreuzfahrer nähern sich! Bald werden ihre Schiffe im Hafen sein. Wir wollen gleich hin!«
Verwirrt zog ich mir meine Stiefel an, schlug ein warmes Tuch über die Haube und nahm meinen Umhang. Wie konnten sie denn schon zurück sein? Ich wußte doch nur zu gut, wie lange der Weg ins Heilige Land dauerte, und im Handumdrehen hatten die Kreuzfahrer doch wohl Jerusalem nicht erobert?
Als wir zum Hafen kamen, stand dort bereits eine dichtgedrängte Menge. Die übergroßen Schiffe waren schon in der Ferne zu erkennen. Alle Treidelpferde, welche die Gegend aufzubieten hatte, waren im Einsatz, um die Seeriesen nach Köln zu schleppen. Als sie endlich, eins nach dem anderen, an den Stegen festmachten, erhob sich ein ohrenbetäubender Lärm, ein Winken und Schreien zwischen Land und Schiffen.
»Schau mal, Gottschalk«, sagte ich betroffen, »die Schiffe haben aber sehr viel weniger Bemannung als bei der Ausfahrt!«
So war es. Die Mannschaft des ersten Schiffes ging von Bord. Ich war zu klein, ich konnte nichts sehen; aber Gottschalk meinte, er entdecke kein bekanntes Gesicht. Vermutlich
waren es die Ritter des Kölner Umlandes, von denen wir nicht viele kannten. Beim zweiten Schiff war es ebenso.
Als die Besatzung des dritten Seeriesen ausgeschifft wurde, meinte Gottschalk, nun kämen ihm einige Gesichter bekannt vor. Auf diesem Schiff waren offenbar vor allem die jungen Ministerialen des Erzbischofs. Noch immer hatte Gottschalk niemand aus der Kaufmannschaft entdeckt.
»Du bist doch so groß, du kannst doch über alle hinwegblicken«, schimpfte ich.
»Schon, aber trotzdem habe ich noch niemand von den Unseren entdeckt. Sie werden sicher auf dem letzten Schiff sein.«
Auf dem vierten Schiff waren noch weniger Männer als auf den anderen, aber Gottschalk hatte recht, nun kamen die Kölner Kaufleute. Die Menschen um uns herum gerieten in Aufregung; jeder, der einen seiner Lieben entdeckt zu haben glaubte, schrie und winkte. Gottschalk drängte rücksichtslos nach vorn und zog mich hinterher. Noch immer keiner von den Unseren! Und dann kamen die Letzten. Die Menge um uns war nun deutlich lichter geworden, nachdem viele ihre Angehörigen entdeckt und mit diesen davongezogen waren.
»Da ist Waldever, der ist auch gleich aus dem Hochzeitsbett davongezogen, um nur ja nichts zu verpassen.« Und Gottschalk drängte zu dem jungen Kaufmann hin.
»Waldever, wir suchen nach den Unsrigen. Weißt du, wo mein Bruder Regenzo ist?«
Waldever zögerte. Dann sagte er sanft: »Ich habe keine gute Nachricht für dich, Gottschalk Overstolz. Dein Bruder Regenzo ist gefallen.«
Gottschalk erstarrte und wurde kreideweiß. Ich schlang meine Arme um ihn und brach in Tränen aus. Waldever wandte sich zum Gehen, aber ich hielt ihn flugs am Ärmel fest.
»Und mein Verwandter, Constantin Crop? Weißt du etwas über ihn?«
Waldever schüttelte traurig den Kopf.
»Auch er
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