Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman
sondern dem Ruf des spanischen Königs gefolgt waren, welcher die Sarazenen an seiner Westküste zu bekämpfen wünschte. Sie hatten also Lissabon belagert und ausgehungert, bis die Sarazenen sich ergaben und ein saftiges Lösegeld bezahlten. Außerdem erhielten sie auch noch die vorher vereinbarte Summe vom spanischen König. Dann fuhren sie mit ihrer Beute heim, ohne sich um den Verlauf des Kreuzzugs zu scheren - der damit endete, daß König Konrad als kranker Mann heimkehrte und vierundzwanzigtausend Männer tot im Heiligen Land zurückließ.
Ich erinnerte mich: Großvater Eckebrecht war trotz seines stattlichen Alters bei diesem Zug dabeigewesen. Vielleicht
war Hermann Scherfgin bestrebt gewesen, ihm nachzueifern. Jedenfalls hatte er vorgeschlagen, da sie doch nichts besseres zu tun hatten, an der portugiesischen Küste zu plündern.
Ich wollte es nicht glauben, als Waldever das sagte. »Wie konntet ihr denn nur so einen hirnverbrannten Plan fassen?« fragte ich entsetzt.
»Warum hirnverbrannt? Das war doch vor vierzig Jahren auch eine sehr einträgliche Sache«, sagte Waldever verwundert.
Ich griff mir an den Kopf. »Ja, aber damals haben unsere Leute Sarazenen bekämpft. Heute ist das Land aber doch wohl christlich? Habt ihr wirklich Christen überfallen und ausgeraubt?«
»Nein, natürlich nicht, Sophia«, sagte Waldever beleidigt. »Du bist nicht ganz im Bilde, im Land sind immer noch viele Plätze in den Händen der Sarazenen. Wir hatten erfahren, daß König Sancho die maurische Stadt Silves erobern wollte und dazu dringend tapfere Kämpfer brauchte. Das war ihm eine Stange Geld wert. Wir dachten, bis die Könige von England und Frankreich endlich eintrafen, könnten wir uns ruhig etwas verdienen, und so kamen wir König Sancho zu Hilfe, als er Silves belagerte.
Das war nicht einfach, das kannst du mir glauben. Die Stadt war schwer befestigt mit ihrem Maurenkastell aus rotem Sandstein, und die Mauren verteidigten sie verzweifelt und hofften dabei vergeblich auf Hilfe von ihren sarazenischen Brüdern. Ohne unsere Unterstützung hätte König Sancho Silves wohl kaum einnehmen können. Erst nach einer monatelangen Belagerung, nachdem die Mauren schon halb verhungert waren, gelang es uns, Silves zu stürmen und zu plündern. König Sancho hatte die Kölner Mannschaft an den allergefährlichsten Platz gestellt, und mehr als die Hälfte von uns ist gefallen, darunter leider auch eure Verwandten.
Sie fielen alle vier mit Ehren, jeder von ihnen hat mannhaft gekämpft.
Wir haben uns auch hinterher sehr beim König beschwert, daß er uns die Kastanien aus dem Feuer holen ließ, und darum gab er uns zur Entschädigung zusätzlich zur vorher vereinbarten Summe noch zwei Säcke mit Goldmünzen.
Als wir unseren riesigen Anteil an der Beute sahen, stellten wir fest, daß kein weiterer Platz mehr auf unseren Schiffen war, und darum fuhren wir wieder nach Hause. Und dann: Was hätte es denn gebracht, diese Schätze mit ins Heilige Land zu schleppen? Wir wußten doch gar nicht, ob wir sie dort hätten verkaufen können.«
Und er sah uns vorwurfsvoll an.
Nein, das wäre natürlich nicht sinnvoll gewesen, jeder Kaufmann hätte das eingesehen.
Der Frühsommer zog ins Land. War der frühe Winter bitterkalt gewesen, so war es jetzt brütend heiß. Mir war darum die Schwangerschaft mühsam, meine Beine waren geschwollen, und mir fiel jede Bewegung schwer. Darum war ich froh, als deine Schwester Sophia glücklich das Licht der Welt erblickte. Ihren Namen hat Gottschalk ausgesucht. Als meine Mutter ihn in die Wochenstube rief und ich ihm freudestrahlend entgegenblickte, das kleine Bündel Mensch zärtlich in meinen Arm gebettet, küßte er erst meine Hand, dann die des winzigen Mädchens, und dann sagte er: »Ich wünsche mir, daß sie Sophia heißen soll. Eine Sophia im Haus ist ja schon großartig, mit zweien muß es dann wohl doppelt so schön sein.«
Auch diese Worte habe ich mir in tiefem Glück angehört und eingeprägt; und wenn ich mich später über dieses oder und jenes bei meinem Gottschalk ärgern mußte, beispielsweise,
wenn er bei einem Fest wieder einmal mit einer der anwesenden Frauen herumschäkerte, dann rief ich sie mir ins Gedächtnis zurück.
Sommer 1190
Z wei Monate nach mir, pünktlich neun Monate nach ihrer Hochzeit, bekam auch meine Blithildis eine Tochter, und auch diese wurde Sophia genannt - nach mir, denn ich war zwar selber wieder Mutter geworden, aber gleichzeitig auch eine
Weitere Kostenlose Bücher