Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman
Frau preßte zuerst mich und dann Constantin an ihren üppigen Busen.
»Wir haben schon so auf euch gewartet! Kommt herein, kommt herein, und seid von Herzen willkommen!« rief sie.
»Gerne, wenn du uns Platz machen möchtest«, schmunzelte Constantin. Sie lachte und trat beiseite, um uns erst einmal hereinzulassen, nahm mich aber dann gleich wieder in die Arme.
»Und dieser Junge muß wohl Sophia sein!« rief sie und strahlte mich an. »Ich freue mich! Du mußt dich aufwärmen, und das Abendessen ist auch gleich fertig!« Sie legte den Arm um meine Schultern und zog mich fort - eine Sturmflut war nichts gegen Adelgunde, die Herrin dieses Hauses. Constantin grinste belustigt und stapfte mit meinem Sack hinter uns her.
»Macht es dir etwas aus, in der Kammer unserer Köchin zu schlafen? Ich habe ja leider keine Tochter, obwohl ich mir immer ein Mädchen gewünscht habe - so eins, wie du bist. Statt dessen habe ich vier Söhne. Was die an Hosen zerrissen haben, als sie noch klein waren! Jetzt sind sie natürlich alle erwachsen. Hier wäre also die Kammer.« Sie öffnete eine Tür. Das Kämmerlein war klein, aber blitzblank. Neben dem Strohsack der Köchin lag ein zweiter, mit schneeweiß gebleichten Bettlaken und molligen Decken. Ich freute mich schon richtig auf die Nacht.
»Gleich bekommst du warmes Wasser. Ich weiß ja, daß bei solchen Winterreisen kaum Gelegenheit ist, sich einmal richtig zu waschen.«
Da hatte sie recht. Ich war es von zu Hause gewöhnt, mich jeden Tag von Kopf bis Fuß zu waschen und einmal in der Woche zu baden, aber bei dem kalten Wetter und unter lauter Männern war die Reinlichkeit weitgehend auf der Strecke geblieben.
»Oh nein! »protestierte ich dennoch. »Warmes Wasser macht viel zuviel Mühe. Zuhause wasche ich mich auch immer kalt.«
»Ach, laß mich dich doch ein wenig verwöhnen, die Reise ist noch lang«, sagte Adelgunde und entschwand. Ich hatte mein Kleid noch kaum ausgepackt, da war sie schon wieder da und brachte einen Eimer heißes Wasser aus der Küche mit, das sie in eine Schüssel goß. Dann setzte sie sich ungeniert auf einen kleinen Hocker in der Ecke, während ich Hände und Gesicht wusch und beschloß, die restliche Reinigung bis zum Schlafengehen zu verschieben. Adelgunde half mir noch, meine Haare zu kämmen, die ich tagelang unter der Kappe versteckt hatte, und mein Kleid anzuziehen. Dabei redete sie unaufhörlich, über ihren Mann Hildebrand, über die vier Söhne, über die Köchin, die so vorzüglich zu kochen verstand, und über die vergeßliche Magd - ich hatte Mühe, ihr zu folgen, weil sie unbekümmert von einem Punkt zum nächsten sprang. Dann gingen wir gemeinsam in den Saal hinüber, aus dem es schon so verheißungsvoll duftete, daß mir vor Heißhunger das Wasser im Mund zusammenlief.
Constantin war auch schon da, frisch gekleidet, aber unrasiert. Ich lachte und tätschelte ihm die Stoppeln, denn so kannte ich ihn nicht. In Köln war er immer bartlos. »Nach der Reise kommt der wieder herunter«, meinte er und gab mir einen Klaps auf die Finger.
Ich lernte nun den Hausherrn kennen. Er war so mager, wie seine Frau dick war, und würdevoll, aber dabei sehr freundlich. »Du mußt an meiner Seite sitzen, Sophia, und mir viel von deiner Familie erzählen«, meinte er. Frau Adelgunde protestierte. »Das kann ich mir denken, daß du gern ein hübsches junges Mädchen neben dir hast. Aber Sophia sollte bei dem jungen Volk sitzen. Schließlich hast du vier Söhne, mit denen wird sie sich lieber unterhalten!«
Ich schüttelte jedoch den Kopf. Ich wollte sehr gern von Hildebrand etwas über das frühere Leben meiner Mutter
und ihrer damaligen Familie erfahren und nahm darum an der Seite des Hausherrn Platz.
Während die dampfende Suppe ausgeschenkt wurde, fragte mich Hildebrand über meine Familie aus. Ich erzählte von meiner großartigen Mutter, von meinem freundlichen Vater und schließlich auch von meinem Bruder Hildebrand, der so anders gewesen war als die meisten Menschen, und der dennoch einen großen Platz in meinem Herzen eingenommen hatte. Über meine Brautzeit und den jähen Tod Gerards sagte ich nichts.
Hildebrand hörte mir aufmerksam zu.
»Man kann deutlich merken, daß du deine Eltern liebst, Sophia«, sagte er. »Und das ist recht so. Deinen Vater kenne ich nur ganz flüchtig, aber deine Mutter gehörte jahrelang zu unserer Familie, und ich kannte sie sehr gut. Sie ist ein ganz besonderer Mensch.«
»Und das schon seit ihrer
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