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Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kulbach-Fricke
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Beine nicht mehr wollten, dann waren sie in Eckebrechts Haus gegangen, um sich von Constantins Mutter Engilradis etwas zu essen geben zu lassen. Während Eckebrecht mit gutem Appetit speiste, brachte Constantin keinen Bissen hinunter und lief nun in seinem Elternhaus in heller Aufregung auf und ab, bis endlich die Nachricht kam, Elizabeth habe ihr Kind gesund geboren. Da rannte Constantin zu seinem Haus wie ein Schuljunge, der sich verspätet hat, klopfte schüchtern an die Kammer und vergoß dann ganze Tränenströme beim Anblick seiner Frau, wie sie ihm stolz und glücklich die kleine Tochter Elisabeth reichte. Anschliessend betrank er sich dann so gründlich, daß er beim Besuch am Kindbett seiner Tochter schwankte und sein erstes Enkelkind mit schwerer Zunge ansprach. Großvater
berichtete erheitert davon, wie Constantin sich aufgeführt hatte, und stellte befriedigt fest, endlich hätte sein Enkel sich einmal wie ein normaler Mensch benommen, darauf habe er, Eckebrecht, seit Jahren gewartet.
     
    Der Sommer ging vorüber. Ich hatte alle Hände voll zu tun mit meinen Kindern; aber wie herrlich, daß nur ein kleiner Schreihals nach der Brust jammerte und nicht drei! Ich war selig mit meinem jungen Mutterglück und hatte diesmal die Muße, frühmorgens ruhig mit meinem Neugeborenen im Arm zu liegen und zuzusehen, wie die kleine Brust sich hob und senkte, die zarten Augenlider flatterten, wenn er wach werden wollte, meinen Finger in sein winziges Fäustchen zu stecken und einfach nur dazuliegen und ihn zu lieben. Gerhard hatte einen dunklen Schopf, aber den hatten Gunther und Richolf bei der Geburt auch gehabt, und jetzt hatten sie blonde Locken, die sich um ihre Gesichter ringelten, so daß sie aussahen wie kleine Engel. Jedenfalls stellte ich mir Engel so vor. Dabei waren sie schon rechte kleine Schlingel, denen viel Unfug einfiel, und Megintrud mußte ständig hinter ihnen her sein und sie auch gelegentlich ausschimpfen, während ich mir die Rolle der lieben Mutter leisten konnte, die nur für Trost und Güte zuständig war.
     
    Ich muß sagen, daß es mir richtig gutging. Ich allein war für alles verantwortlich und hatte das Sagen, dabei wußte ich genau, daß bei unvorhersehbaren Schwierigkeiten meine Eltern und meine sonstige Familie zu meiner Hilfe bereitgestanden hätten. Nachts vermißte ich Gottschalk auch nicht mehr so sehr - Gerhard und ich waren uns genug.
    Dafür waren meine Gedanken am Tag ständig bei Gottschalk. Ich hatte Großvater um seine kostbare Karte angebettelt, die die östlichen Länder bis zum Heiligen Land darstellte.

    Großvater wiegte den Kopf.
    »Nun ja«, brummte er schließlich.
    »Aber ich möchte sie dir nicht mitgeben. Bei dir zu Hause ist sie mir nicht sicher, wenn sie in die klebrigen Finger deiner beiden Schlingel gerät …«
    Da hatte er nicht unrecht. Vor Gunther und Richolf war zur Zeit nichts sicher.
    »Du kannst sie hier bei mir abmalen«, bestimmte Großvater und schloß den Kasten auf, in dem er seine wertvollsten Besitztümer aufbewahrte. Er entnahm eine Rolle, löste behutsam den Riemen, der sie zusammenhielt, und breitete die Karte aus.
    »Du mußt wissen, Sophia, dies ist eins der wenigen Dinge, die aus meinem Elternhaus gerettet werden konnten. Bei den Juden ist das Schreiben und Lesen schon sehr viel länger selbstverständlich als bei den Christen, und weite Reisen haben unsere Familien schon seit urdenklichen Zeiten unternommen. Mein Vater Alexander hat mir, als ich noch ein Kind war, diese Karte oft erklärt und mir gezeigt, welche Reisen er selbst unternommen hat und welche sein Vater Constantin.« Er schwieg und versank in seine Erinnerungen. Ich bemerkte zum ersten Mal, daß seine Hände zu zittern begannen, und rechnete nach. Natürlich, Großvater war inzwischen sechsundachtzig Jahre alt. Ich sah ihn nun aufmerksam an. Er schien auch ein wenig kleiner geworden zu sein.
    »Ja, ja, ich werde nicht langsam alt, sondern ich bin es längst«, sagte Großvater und lachte dazu.
    »Du konntest meine Gedanken schon immer lesen, nicht wahr?« sagte ich und küßte ihn liebevoll. »Paß nur schön auf dich auf, du bist für uns alle außerordentlich wichtig.«
     
    Und in den darauffolgenden Monaten verbrachte ich kostbare Stunden mit ihm, denn er saß neben mir, als ich die
Karte sorgfältig kopierte, erklärte mir die einzelnen Länder und erzählte mir von seinen Reisen. Ich vergaß dabei völlig die Zeit und wurde gelegentlich von Gerhards ungnädigem Geschrei

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