Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman
später viel herumgerätselt, was die Reise des Wormser Bischofs wohl für einen Zweck haben mochte. Dabei erinnerte sich Großvater, daß acht Jahre vor der Pilgerreise des Löwen eine Gesandtschaft von Kaiser Manuel nach Deutschland gekommen war; aber nicht etwa, wie man hätte annehmen dürfen, zu Kaiser Friedrich Barbarossa - oh nein!
Die Gesandtschaft ging nach Braunschweig zu Herzog Heinrich. Bis heute ist nie deutlich gemacht worden, was sie dort zu suchen hatte, zur gleichen Zeit, als Kaiser Friedrich sich erfolglos aus Italien zurückziehen mußte - und das war nicht zuletzt auf die Unterstützung der lombardischen Städte durch Manuel zurückzuführen. Es hat damals wohl viel Gemunkel gegeben, ob etwa der Herzog von Sachsen und Bayern mit dem Feind des Kaisers konspiriere.
Hatte nicht schon sein Onkel, der schwäbische Welf,
Beziehungen zu den Normannen in Sizilien, die ihrerseits mit Hilfe des byzantinischen Kaisers Barbarossa das Leben schwermachten?
Wir als Kaufleute wurden natürlich nicht in die Pläne der hohen Herren eingeweiht; aber seine Gedanken darf man sich wohl machen. Und Großvater vermutete, daß Kaiser Manuel damals nach der Ehe seiner Nichte mit Heinrichs Stiefvater nun auch dem Löwen eine byzantinische Braut anbieten und damit sachte einen byzanzfreundlichen Ring um Kaiser Friedrich legen wollte. Leider war gerade damals keine passende Braut im Hause Komnenos verfügbar, alle Damen, die altersmäßig in Frage kamen, waren bereits nach Ungarn, Jerusalem und andere, Byzanz näher gelegene Länder versprochen. Vermutlich gab es aber noch nicht mannbare Prinzessinnen in Byzanz, die Heinrich angeboten wurden, wir wissen es nicht.
Es kam jedenfalls nicht dazu; der kluge Rainald von Dassel erfuhr natürlich von der Gesandtschaft und wollte dem ganz rasch einen Riegel vorschieben. Er beeilte sich, dem Löwen die Verlobung mit Mathilde zu sichern, eine Verbindung, an der auch Barbarossa sehr viel gelegen war.
Man konnte also vermuten, daß Bischof Konrad als Aufpasser mitgeschickt worden war, damit nicht hinter Barbarossas Rücken Absprachen zwischen Kaiser Manuel und dem Löwen getroffen wurden. Oder sollte der Wormser etwa eine Eheverbindung zwischen den beiden kaiserlichen Häusern sondieren? Friedrich hatte zwei Töchter, Manuel einen Sohn.
Nun, wir werden wohl niemals Genaueres erfahren. Jedenfalls setzte der Löwe seine Reise fort, und zwar auf der Donau. Sein Stiefvater stellte ihm bestens ausgerüstete Schiffe zur Verfügung, und der Herzog und sein Gefolge bestiegen sie mit Freude. Ihre Pferde gingen allerdings nicht mit an Bord, sie durften den Weg am Flußufer zurücklegen -
was ihnen sicher lieber war. Auch für die Kölner war Platz auf den Schiffen; aber sie gönnten sich diese Annehmlichkeit nur zum Teil: Die Hälfte von ihnen zog mit dem Wagentroß und beaufsichtigte die Waren, die sie nicht auf den Schiffen unterbringen konnten, während die anderen es an Bord bequem hatten, und so wechselten sie sich alle zwei Tage ab.
Jasomirgott begleitete den Löwen noch bis zur ungarischen Grenze, nahe bei der Mündung der Leitha, und trug ihm Grüße an seinen Schwiegersohn, König Stephan III., auf. Hier wartete schon der Beauftragte Stephans, und sie setzten die Reise nach der Hauptstadt Gran fort. Aber als sie dort am 4. März eintrafen, fanden sie den Hof in tiefer Trauer vor; der junge König war mit 25 Jahren ganz plötzlich gestorben, und seine junge Witwe Agnes, Jasomirs Tochter, war in Tränen aufgelöst und behauptete steif und fest, ihr Gemahl sei vergiftet worden und sie wolle auf der Stelle zu ihrem Vater nach Österreich zurückkehren.
Der Löwe war tief betroffen. Konnte er unter diesen Umständen die Reise fortsetzen? Die ungarischen Fürsten versicherten ihm, sie gedächten die Garantien einzuhalten, welche der verstorbene König für die Sicherheit von Heinrichs Reise gegeben hatte, der Herzog von Sachsen möge seine Pilgerfahrt ungestört fortsetzen. So kehrten die Deutschen auf ihre Schiffe zurück und fuhren weiter. Viele Nebenflüsse strömten in die Donau, und sie rauschte immer breiter und majestätischer durch die Weiten der ungarischen Ebene.
Dann wäre um ein Haar ein großes Unglück geschehen. Die Märznächte waren noch sehr kalt; Gottschalk hatte auf einem der Kaufmannswagen geschlafen und wurde heute wieder abgewechselt, er durfte sich also auf einen bequemen Tag an Bord freuen. Steif kletterte er vom Wagen herab und streckte sich, als der Herzog
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