Die Tuchhaendlerin von Koeln Roman
Großvater Eckebrecht und Onkel Fordolf. Ich war sehr froh, daß mein Vetter Helperich sich auch der Kaufmannsgruppe anschloß, die Herzog Heinrich begleiten wollte. Eigentlich wäre das die Aufgabe seines Bruders Constantin gewesen; aber dessen junge Frau Elizabeth erwartete ihr erstes Kind, und nichts auf der Welt konnte Constantin von ihrer Seite reißen. Unsere ganze Familie staunte jeden Tag aufs neue über Constantin. Schließlich war dies schon seine dritte Ehe, und er hatte Kinder und Stiefkinder. Aber man hätte meinen sollen, er hätte das noch nie erlebt, so glücklich war er mit seiner jungen Frau. Nur Tante Engilradis, die eine besonders innige Beziehung zu ihrem erstgeborenen Sohn hatte, meinte gelassen, sie habe schon immer gewußt, daß solche Liebesfähigkeit in ihm schlummere, und sie sei zutiefst dankbar, daß er sie nun erleben dürfe.
Und dann war mein Gottschalk fort, und das mitten im Winter. Herzog Heinrich wollte seine große Reise im Januar beginnen, darum brachen die Kölner unmittelbar nach dem Christfest Richtung Regensburg auf, wo sie auf den Löwen treffen wollten. Ich blieb zurück. Nicht, daß ich nicht genug zu tun gehabt hätte. Meine beiden Söhne machten inzwischen ihre ersten Schritte und untersuchten neugierig alles, was sich fand. Ich war heilfroh, daß ich Megintrud hatte, denn man konnte Gunther und Richolf nicht einen Augenblick aus den Augen lassen. Und ich hatte ja schließlich noch meinen Haushalt zu beaufsichtigen und nicht zuletzt meinen Handel, den ich nun, wenn auch vorübergehend bis zur nächsten Geburt, wieder allein führte, während mein Schwiegervater sich um Gottschalks Geschäfte kümmerte.
Ich war übrigens nicht als einzige guter Hoffnung: Auch Constantins Tochter Engilradis erwartete ihr erstes Kind. Sie und Elizabeth saßen manche Stunde mit mir beisammen, wir nähten fleißig für unsere ungeborenen Kinder und freuten uns am »Kinderstubengeschwätz«, wie es Constantin liebevoll nannte.
Das war ja alles sehr schön und auch sehr wichtig; aber wenn ich die Wahl gehabt hätte, wäre ich lieber mit nach Jerusalem gezogen. Ich hätte auch gern Byzanz gesehen und die Stätten im Heiligen Land, ich hätte gern die Menschen im Morgenland kennengelernt, hätte gern erprobt, ob meine Handelskünste denen der Heiden gewachsen waren, hätte gern eine neue Sprache studiert, was mir immer leichtfiel und viel Freude machte - aber statt dessen saß ich zu Hause und hütete tagsüber meine Kinder, und nachts vermißte ich meinen Mann.
Auch meine Freundin Mathilde blieb allein zu Hause. Ich bekam im Frühling einen Brief aus Braunschweig und erfuhr, daß sie sich endlich darauf freuen durfte, Mutter zu werden. Darum war es auch für sie nichts mit der weiten Reise, sie verwaltete in Braunschweig gewissenhaft Heinrichs sächsisches Herzogtum. Ihr schien der Verzicht nichts auszumachen, schließlich war sie schon viel mehr in der Welt herumgekommen als ich, aber auch sie vermißte ihren Löwen schmerzlich, wie sie mir schrieb. Er hatte Erzbischof Wichmann von Magdeburg zu seinem Stellvertreter bestimmt - ein sehr kluger Schachzug, denn der konnte nun anstandshalber nichts gegen Heinrichs Interessen unternehmen.
Im Sommer brachte ich dann erneut einen Sohn (zum Glück nur einen!) zur Welt, und es ging leicht und so rasch, daß ich froh war, noch rechtzeitig mein Haus zu erreichen. Es war
ein schöner, kräftiger Knabe, und ich wollte ihn Regenzo nennen; aber mein Schwiegervater wehrte ab. Sein Name habe meinem Erstgeborenen kein Glück gebracht, meinte er, und er bat mich, das Kind statt dessen Gerhard zu nennen, nach Regenzos Vater.
Engilradis und Elizabeth standen beide mit dickem Bauch an meinem Wochenbett und bewunderten meinen kleinen Gerhard. Sie hätten auch gerne einen Sohn gehabt, aber eine Woche später gebar Engilradis eine Tochter, die den Namen Richmodis nach Hildegers Mutter erhielt, und am gleichen Tag kam Elizabeth in die Wehen. Ich hörte mir erheitert die Schilderung meiner Mutter an, die die mutterlose Elizabeth bei der Geburt sachverständig betreut hatte. Der sonst so gelassene Constantin war aufgeregt im Haus herumgestrichen und hatte alle fünf Minuten vor der Kammer gestanden, wo Elizabeth sich abmühte, bis Großvater Eckebrecht ihn zur Erleichterung aller Frauen abholte und ihn zwang, mit ihm am Rhein spazierenzugehen, und zwar so lange, bis er Botschaft erhielt. Sie waren also dort herumgelaufen, bis Großvaters alte
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