Die Tuchhaendlerin von Koeln
Erleichterung. In der Burg herrschte lauter Jubel. Ein rauschendes Fest wurde gerichtet, ein gewaltiges Gastmahl, die Hoffnung war wieder da.
Ich wollte an diesem Fest eigentlich nicht teilnehmen. Inzwischen war ich hochschwanger, im nächsten Monat sollte ich niederkommen. Aber Mathilde bat mich so inbrünstig und sagte, ich hätte die ganzen Monate ihren Kummer mit ihr getragen, nun sollte ich auch die Freude und neuerwachte Zuversicht mit ihr zusammen genießen. So saß ich denn an ihrer Seite, aß zimperlich ein paar Bissen und horchte in meinen Leib hinein, wo mein Kind lebhaft strampelte. Ich konnte die drei Grafen gut beobachten, da sie mir genau gegenüber an der anderen Seite der Tafel saßen. Gunzelin von Schwerin war der älteste, grauhaarig und weißbärtig, eine tiefe Schwerthiebnarbe zerfurchte seine rechte Wange. Er war einer der treuesten langjährigen Weggefährten des Herzogs und hatte ihn vor zehn Jahren auch auf dessen abenteuerlichen Reise ins Heilige Land begleitet.
Bernhard von Ratzeburg war nur wenig jünger. Er trug den linken Arm in einer Schlinge, denn er hatte bei dem Kampf eine leichte Verwundung davongetragen. Neben diesen beiden alten Kämpen wirkte der junge Graf Adolf mit seinen gerade mal zwanzig Jahren wie ein Knabe. Seit dem Schlachtentod seines Vaters hatte seine Mutter mit fester Hand die Grafschaft für ihren Sohn regiert. Ich dachte mir, daß es sicher schwer für sie gewesen sein mochte, ihn zu seinem ersten Kampf ausreiten zu sehen - er im Hochgefühl bevorstehender Heldentaten, sie in der Angst, er könne nie wieder heimkehren. Er war groß und breitschultrig, mit langem wallendem Haar, das er nicht zusammengebunden trug, sondern eitel wie ein Mädchen sorgsam ausgekämmt hatte. Ich hörte immer seltener die dunklen Bässe der beiden alten Grafen und immer häufiger die helle, etwas krähende
Stimme des Holsteiners, der wahrscheinlich gar nicht wußte, wie prahlerisch seine Berichte über diese seine erste Schlacht klangen.
Als alle gesättigt waren, kamen die Spielleute herein. Der eine oder andere Sänger war immer an Mathildes Hof, so hatte sie es bei ihrer Mutter gesehen, und so wollte sie es auch haben. Nicht dreiste Musikanten, die mit zotigen Liedern ihre ungehobelten Zuhörer vor Lachen brüllen ließen, sondern Troubadoure mit feinsinnigen Versen.
An diesem Abend trat ein Sänger auf, den ich noch nicht kannte, ein zierlicher Mann mit dunklem Haar und feurigen dunklen Augen. Er trug ein schönes, langes Loblied auf Herzog Heinrich vor, in dem sein Sieg an der Unstrut gepriesen wurde. Dann folgte ein weiterer Gesang, der die Schlacht bei Osnabrück behandelte und in dem die drei Grafen das Lob erfuhren, das ihnen auch gebührte. Besonders viele Strophen verherrlichten dabei den jungen Grafen Adolf von Holstein. Nach der zehnten Strophe zu seinem Lob wurden die Mienen der Grafen Bernhard und Gunzelin langsam kühler, denn sie fanden, daß Adolf zu gut bei diesem Sänger davonkam - hatten sie nicht ebensoviel Anteil am Sieg wie dieser? Vermutlich lagen sie damit nicht falsch, aber der junge, schneidige Adolf sah nun einmal viel besser aus als die beiden alten, narbigen Kämpfer und inspirierte daher den Sänger weitaus mehr. Der Jüngling aus Holstein war unerfahren und eitel genug, um sich in seinem Ruhm zu sonnen, ohne zu bemerken, wie dies auf seine Mitstreiter wirkte.
Selbst Herzog Heinrich wurde es langsam zuviel, und er kürzte die Lobeshymnen auf Adolf schließlich ab, indem er dem Troubadour eine Münze zuwarf - das sichere Zeichen, daß das Lied nunmehr zu Ende war, mochte der Sänger auch noch weitere Strophen im Sinn haben. Dann wandte er sich an die Grafen, auch er lobte sie sehr für ihre Tapferkeit. Er ließ kostbare Waffen hereinbringen und beschenkte sie
damit. Bernhard und Gunzelin nickten zufrieden, und der junge Adolf genoß sichtlich die Gunst seines Herrn.
»Eure Gefangenen könnt ihr dann morgen früh in meinen Gewahrsam überführen«, bemerkte der Löwe noch zum Schluß. Bernhard und Gunzelin hatten nichts dagegen einzuwenden, denn so war es Brauch und so waren sie es gewohnt. Nur Adolf machte ein entsetztes Gesicht.
»Es sind aber doch meine Gefangenen, ich habe sie eigenhändig mit meinen Reitern gefangengenommen!« rief er.
»Die Gefangenen gehören dem Landesherrn, welcher den Feldzug befohlen hat«, erklärte Heinrich ihm, schon mit leichter Ungeduld.
»Aber ich habe viel Geld aufgenommen, um meine Männer für den Kampf
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