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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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des Löwen galt.
    Der Kaiser brauchte damit keinen Konkurrenten mehr zu
fürchten. Ein Schreiben, in schwer verständlichem Juristendeutsch abgefaßt, setzte den Löwen davon in Kenntnis, daß er niemand mehr war.

    Heinrich las Mathilde dieses Schreiben vor. Ich hatte mich erhoben und wollte das herzogliche Paar allein lassen, aber Heinrich bedeutete mir, mich wieder zu setzen.
    »Bleib nur, Sophia«, meinte er mit stumpfer Stimme. »Bald pfeifen es sowieso die Spatzen von den Dächern.«
    Und dann las er uns vor, Satz für Satz, in gleichmäßigem Ton. Als er geendet hatte, schwieg Mathilde lange. Sie brauchte Zeit, um ihre Stimme unter Kontrolle zu haben.
    »Die Acht wurde ausgesprochen? Was bedeutet das?« fragte sie.
    »Ein Geächteter ist rechtlos. Seine Frau gilt als Witwe, seine Kinder als Waisen. Sein Besitz wird ihm aberkannt. Jeder darf einen Geächteten erschlagen«, sagte der Herzog mit tonloser Stimme.
    Mathilde wandte sich ihm zu und nahm seine Hand.
    »Was tun wir nun, mein Gemahl?« fragte sie.
    Heinrich sah sie mit einem merkwürdigen Blick an.
    »Du hast ›wir‹ gesagt, Mathilde«, bemerkte er dann. »Nicht du bist geächtet, sondern nur ich.«
    »Heinrich, ich bin deine Frau. Ich folge dir, was auch sein wird. Also, was können wir tun?«
    Heinrich warf das kaiserliche Schreiben achtlos auf den Tisch und fing an, im Raum auf und ab zu gehen.
    »Sie wollen das Fell des Löwen zerteilen, ehe sie ihn erlegt haben«, murmelte er. »Aber noch liege ich ja nicht verlassen und gefesselt in einem Kerker. Ich habe meine treuen Gefolgsmänner, die auf Dutzenden von Burgen sitzen. Ich kann nach Verbündeten Ausschau halten.
    »Mein Vater«, sagte Mathilde. »Er ist kein Freund des Kaisers. Wenn du erlaubst, werde ich ihm schreiben.«

    Heinrich nickte.
    »Dann die Slawen, Mathilde. Herzog Kasimir steht fest zu mir. Er wird mit Wonne in die Lausitz einfallen und mir so Gegner vom Hals halten.«
    »Die Obotriten?« fragte Mathilde.
    Heinrich zuckte mit den Achseln. »Pribislaw ist tot, sein Sohn Heinrich Borwin kann sich nicht gegen seinen Vetter Niklot durchsetzen.«
    Mathilde schwieg. Niklots Vater war einst von Herzog Heinrich aufgehängt worden, dessen Sohn würde niemals auf der Seite des Löwen stehen.
    »Dänemark?« fragte sie noch. Vor drei Jahren hatte Heinrich seine verwitwete Tochter Gertrud dem jungen Sohn und Thronfolger des Dänenkönigs zur Frau gegeben.
    »Waldemar ist ein Fuchs. Er wird mir nur beistehen, wenn er sich von mir mehr verspricht als vom Kaiser.«
    Mathilde schwieg und sah zum Fenster hinaus. Schnee rieselte in sachten Flocken herab, nur undeutlich durch die Butzenscheiben zu erkennen.
    »Hattest du nicht noch mehr Briefe erhalten?« lenkte sie dann ab.
    »Ach ja, ein Brief von meinem Onkel war noch dabei«, meinte Heinrich uninteressiert und suchte nach seinem Messer, um das Siegel auf der kleinen Rolle zu lösen. »Wahrscheinlich will er mir erklären, wieso er unter meinen Richtern war. Irgendeine Rechtfertigung hat er sicher bereit, aber mir steht nicht der Sinn danach. Du kannst seinen Brief lesen, wenn du willst.«
    Und er schob Mathilde die Rolle zu.
    Sie las, erhob sich, ging zum Fenster, wo es heller war, und las noch einmal. Ich sah ihr Gesicht und wußte, daß ein weiterer schwerer Schlag auf den Löwen wartete.
    »Heinrich«, sagte sie dann mit belegter Stimme, »nichts von Rechtfertigung. Dein Onkel Welf teilt dir mit, daß er
von dem Vertrag mit dir zurücktritt, weil du dich nicht an die Vereinbarungen gehalten und bezahlt hast. Er wird nunmehr sein Erbe dem Kaiser hinterlassen, der ihm sofort die verlangte Summe auf den Tisch legte. Er schreibt, schließlich sei der Kaiser sein Neffe genau wie du.«
    Da sprang der Herzog auf und stürmte aus dem Raum. Kurz darauf hörten wir ihn aus dem Hof galoppieren. Erst nach einer Stunde war er wieder da, das arme Pferd schweißbedeckt und mit zitternden Flanken. Heinrich trat ein und ging zu Mathilde, die im Schein einer Lampe bereits einen Brief an ihren Vater schrieb. Sie blickte auf, als er ihr sacht die Hand auf die Schulter legte.
    »Meine Liebste, es mag sein, daß ich Fehler gemacht habe; aber du mußt mir glauben, daß ich stets nur an das Erbe unserer Kinder dachte. Mein Fell wollen sie zerteilen? Ich will ihnen zeigen, daß sie noch ein gutes Stück Arbeit haben, mich zu erlegen. Ich bin fest entschlossen, mich mit allen Mitteln zu wehren und uns zu verteidigen.«
    Mathilde sah zu ihm auf. Ihre Miene war voller

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