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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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vorstellen, wie sehr ich um meinen Löwen bangen mußte. Zwar schickte er
noch immer regelmäßig Boten zu mir, aber viele von ihnen wurden inzwischen von den feindlichen Truppen, die schon tief in Sachsen standen, abgefangen; und diejenigen, die durchkamen, brachten schlimme Nachrichten. Blankenburg gefallen! Nun hatte mein Löwe nur noch Holstein und die Städte Braunschweig, Lüneburg und Lübeck.
    Ich hatte die feste Absicht, mich bei der Verteidigung Lüneburgs ebenso tapfer zu zeigen wie die Gräfin von Holstein; aber der Kaiser würdigte diese Stadt keines Blickes, ebensowenig Braunschweig. Er zog weiter nach Norden und legte nur ein paar Truppen in die Nähe, damit wir nicht auf dumme Gedanken kamen. Nicht auf mich hatte er es abgesehen und auch nicht auf unsere Kinder. Man kann über den Kaiser sagen, was man will, aber es ist nicht zu bestreiten, daß er ein Edelmann ist und sich nicht die Hände damit beschmutzte, die Familie seines Vetters als Geiselpfand zu nehmen.
    Statt dessen hetzte er meinen Löwen, wie bei einer Treibjagd. Auf der Heide, wo wir beide so viele schöne Spaziergänge gemacht haben, hätten seine Truppen Heinrich fast abgefangen. Mit einem tollkühnen Ritt ist er ihnen entkommen, das Pferd brach am Abend schaumstiebend und zitternd zusammen. Aber wo war Sicherheit für ihn? Auf dem Boden eines Kahns versteckt, trieb er die Elbe hinab, erreichte Stade und machte sich zum Kampf bereit. Aber siehe da: Der Kaiser verfolgte ihn nicht, sondern zog gegen Lübeck.
    Ich nehme an, dein Gottschalk hat dir viel über Lübeck erzählt, er ist ja so manches Mal dort gewesen und hat gesehen, wie diese Stadt unter Heinrichs schützender Hand aufgeblüht ist. Lübeck war ein Juwel in unserem Reich; keineswegs nur wegen seiner stolzen Häuser und Kirchen, nein, sondern vor allem wegen der Treue seiner Bewohner. Hier waren die allerletzten Getreuen meines Mannes: Bernhard von Wölpe, der Graf von Oldenburg sowie Herr Markrad, der bis dahin Befehlshaber in Plön gewesen war. Du wirst es
nicht glauben, wenn ich dir jetzt sage, wer den Oberbefehl führte: Es war Simon von Tecklenburg. Ja, du liest ganz richtig, der gleiche Graf Simon, der noch ein Jahr zuvor zu den westfälischen Grafen zählte, die gegen meinen Mann kämpften. Er war in der Schlacht bei Osnabrück gefangengenommen worden, und Heinrich hatte ihm die Freiheit geschenkt, verlangte nicht einmal Lösegeld. Graf Simon war so sehr von ihm beeindruckt, daß er zu Heinrichs glühendem Anhänger wurde - und das in dieser Zeit, da doch so viele sich von ihm abwandten, als habe er den Aussatz.
    Aber das Zünglein an der Waage bildeten die treuen Bürger der Stadt Lübeck. Sie hatten nicht vergessen, was sie Heinrich alles verdankten, und daß sie ihm die Treue geschworen hatten. Das war ja bei seinen Vasallen auf den Burgen auch nicht anders gewesen, aber während diese sich wie geprügelte Hunde zu Barbarossa schlichen, waren die Lübecker entschlossen, sich selbst dem Kaiser zu widersetzen. Das hat mir sehr zu denken gegeben. Die Anhänger im Adel, die Heinrich nicht verrieten, kann ich mühelos an den Fingern meiner Hände herzählen, selbst die Bischöfe und die Slawenfürsten, die früher auf den kleinsten Wink Heinrichs herbeieilten, gaben ihn ohne Wimpernzucken auf. Aber die Städte standen in aufopferungsvoller Treue zu ihm, außer Lübeck ja auch Braunschweig, Lüneburg und Stade. Und Haldensleben hatte erst ersäuft werden müssen, ehe es sich bezwungen gab. Mir will darum scheinen, daß die Bürger der Städte viel mehr Charakter zeigten als die Vasallen - und auch darum bin ich stolz darauf, daß meine Freundin Sophia aus dem Bürgertum hervorgegangen ist.
    Nun stand also der Kaiser vor Lübeck, und die Tore blieben geschlossen. Friedrich brauchte eine Flotte, um die Stadt vom Meer her einzunehmen, und die hatte er nicht. Waldemar von Dänemark aber hatte eine, und er war ein Lehnsmann des Reiches. Friedrich hätte ihm befehlen können, ihm seine
Schiffe zur Verfügung zu stellen. Das hätte den Dänenkönig jedoch gekränkt und vielleicht eher zu dem Schwiegervater seines Kronprinzen getrieben. Der große Diplomat Friedrich fand eine andere Lösung. Er ließ dem Dänen ausrichten, er wolle mit ihm über die Verlobung der dänischen Prinzessinnen mit den kaiserlichen Söhnen verhandeln.
    Als ich das später erfuhr, habe ich zum erstenmal nach längerer Zeit wieder laut gelacht. Vier Töchter hat König Waldemar, und Barbarossa hat fünf

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