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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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worden? Das sprachen doch alle Kaufleute in jedem Land, und ich beherrschte es fast fließend.
    Mit sicherer Hand steuerte unser Lotse das Schiff an seinen Anlegeplatz, kassierte seine saftige Gebühr bei Vater und entschwand, sowie die Planke zum Ufer gelegt war. Vater und die jungen Männer beeilten sich, an Land zu kommen, denn sie wollten uns in der Gildehalle anmelden, damit wir die Nacht nicht an Bord verbringen mußten, und uns außerdem einen günstigen Platz für unsere Ware sichern. Mutter ging nach unten, um aus den Männerkleidern zu schlüpfen, aber ich blieb an Deck, denn ich hatte keine Eile, die bequeme Hose loszuwerden. Breitbeinig stellte ich mich aufs Deck, genoß die sehr unmädchenhafte Haltung und stützte mich mit den Ellbogen auf die Reling. Ich hätte gern die Mütze abgenommen und meine Haare im frischen Wind flattern lassen, aber das ging nicht, damit hätte ich mich verraten.
    Fasziniert betrachtete ich das Gewimmel der Hafenarbeiter. Tiefgebeugte Schauerleute schleppten schwere Säcke von den Schiffen; Fuhrmänner warteten schon, um mit ihren pferdebespannten Karren die Lasten weiterzubefördern. Ein Schauermann rempelte einen vornehm gekleideten Kaufmann mit seinem Sack an, worauf dieser einen ellenlangen Fluch ausstieß. Ich stellte fest, daß meine Englischkenntnisse leider nicht ausreichten, um ihn zu übersetzen.
    Verträumt schaute ich auf die vielen Leute, wie sie umherhasteten.
Und nicht ein Mensch darunter, der mich kannte! Aber auch wenn jemand mit unserer Familie bekannt gewesen wäre: Er hätte ja nicht Gunthers Tochter Sophia, sondern nur einen schmächtigen Schiffsjungen auf dem Deck der Rheinmöwe gesehen. Ich fühlte mich unglaublich wohl in dieser Rolle und spuckte seemännisch über die Reling in die Themse. Wie benahm sich ein Schiffsjunge sonst noch? Vielleicht bohrte er in der Nase? Probehalber wanderte mein Finger zu meinem Nasenloch.
    »He, Junge! Ist dies das Schiff des Kaufmanns Eckebrecht?« schallte eine laute, herrische Stimme zu mir herauf.
    Ich erstarrte zur Salzsäule.
    »Wenn du fertig bist mit Nasebohren, kannst du mir vielleicht antworten«, fügte die Stimme spöttisch hinzu. Sie gehörte zu dem vornehmen Kaufmann, den ich eben noch hatte fluchen hören, und zwar auf Englisch. Wieso sprach er plötzlich meine Sprache?
    Außerdem merkte ich zu meinem großen Ärger, daß ich blutrot wurde. Wer läßt sich schon gern beim Nasebohren erwischen?
    »Da du offenbar taubstumm bist, komme ich jetzt an Bord. Vielleicht finde ich ja jemand, welcher der Sprache mächtig ist«, erklärte er und setzte den Fuß auf die Laufplanke.
    So ein eingebildeter, überheblicher Kerl, dachte ich zornig. Aber mir war inzwischen wieder eingefallen, daß er mich ja als Schiffsjungen ansah. Also machte ich eine halbherzig einladende Geste zu ihm hin, und er lief leichtfüßig über die schmale Planke. Hoffentlich fällt er ins Wasser, dachte ich gehässig. Aber den Gefallen tat er mir leider nicht. Er war sehr groß und hatte wilde dunkle Locken, dazu einen ganz kurzen schwarzen Kinnbart. Trotz seiner Größe bewegte er sich nicht im geringsten täppisch, sondern mit geschmeidiger Eleganz. Als er näher kam, erkannte ich, daß er wesentlich
jünger war, als er mir auf den ersten Blick vorgekommen war, sicher nicht viel über zwanzig Jahre.
    »Ist Fordolf der Kapitän oder Constantin?« fragte er. Aha, unsere Familie war ihm also bekannt.
    »Gunther«, brummte ich mit tiefer Stimme. »Aber er ist an Land.«
    »Und wer ist dann an Bord?« fragte er ungeduldig. Ich zählte offenbar nicht für ihn. »M… seine Frau,« brummte ich. Fast hätte ich gesagt: meine Mutter.
    Damit hatte er jegliches Interesse an mir verloren, wenn er denn je eines gehabt hätte. Er wandte sich zur Kajüte und rief mit einschmeichelnder Stimme: »Frau Hadewigis, darf ich herunterkommen?« Es klang wahrhaftig anders, als er mit mir geredet hatte.
    »Ich komme herauf«, hörte ich die Stimme meiner Mutter, während ich mich hinter dem Wasserfaß unsichtbar machte. Dann kam sie die Treppe herauf mit ihrem leichten Schritt, den sie ihr ganzes Leben lang bewahrte. Sie war umgekleidet und sah wieder aus wie eine reiche, selbstbewußte Handelsfrau.
    »Ich grüße Euch, verehrte Frau Hadewigis« sagte der Kaufmann, zog den Hut mit der einen Hand und legte die andere auf das Herz, während er sich verneigte.
    »Herr Gottschalk«, rief Mutter vergnügt, »welch eine Überraschung! Seid Ihr schon länger hier in

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