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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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hätte ich mich verraten.
    Auf der Stiege hörte ich Schritte, und Vater betrat den Raum. Als er mich in meiner Verkleidung sah, lachte er schallend, und Mutter und ich lachten mit. Es war das erste Mal seit Gerards Tod, daß wir zusammen vergnügt waren.

    Du rückst so erwartungsvoll näher und siehst mich gespannt an? Nein, liebes Kind, ich muß dich leider enttäuschen. Auf der Reise nach England erlebten wir keinerlei Abenteuer. Wir hatten bestes Wetter, wurden weder von Seeräubern überfallen, noch erlitten wir einen Mastbruch oder ähnliche
häßliche Dinge. Also nicht die kleinste Katastrophe. Und doch werde ich diese Reise niemals vergessen. Es war ja das erste Mal, daß ich die Heimat verließ - von kleineren Reisen, die man besser Ausflüge nennen sollte, in der Nähe von Köln einmal abgesehen. Schon als das Schiff nach Norden aus dem Kölner Hafen glitt, dem Meer entgegen, fühlte ich mich ungeheuer frei. Ich machte mich überall nützlich und kletterte sogar am Mast hoch, wenn etwas am Segel zu richten war (welch ein Glück, daß ich keinen Rock trug!). Als Theoderich mir gutmütig zurief: »Laß nur, ich kann das besser als du!«, machte ich aus meiner Empörung kein Hehl.
    Ich ließ mir den Kompaß erklären, den Onkel Constantin uns aus Italien mitgebracht hatte, nahm auch einmal das Steuer in die Hand - allerdings nur ganz kurz, bis Vater das merkliche Schlingern des Schiffes zu bedenklich wurde. Man braucht nämlich ziemlich viel Kraft, um ein Schiff auf Kurs zu halten, und die hatte ich nicht, klein und zierlich, wie ich schon immer war.

    Wir kamen an Neuß vorbei, bis hier war ich einmal mit Großvater gekommen, aber weiter noch nie. Ich freute mich, wie der Wind aus Westen kam und uns die Segel füllte. Es wunderte mich nur, daß der Rhein sich wie eine Schlange durch das Land wand, sich nach rechts und links drehte, einmal in nördlicher Richtung floß, sich plötzlich wieder Richtung Süden wandte und sich dann entschloß, hinter der untergehenden Sonne herzueilen.
    Bei den Bosch in Brabant warfen wir Anker und ließen dort einen Teil unserer Fracht. Mutter war froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, denn wir übernachteten bei einem brabantischen Kaufmann, mit dem Vater seit vielen Jahren Geschäfte machte. Er bekam einen Teil unseres Rheinweins und hätte gern die ganze Ladung genommen,
aber Mutter rechnete in London mit noch besseren Preisen und gab nur drei Fässer her.

    Als wir am nächsten Tag dann das Meer erreichten, blieb mir der Mund offenstehen. Keine Schilderung hätte mich auf diese unendliche Weite vorbereiten können. Der Wind frischte jetzt auf, und die Wellen schlugen höher, und Mutter mußte sich still in eine Ecke setzen, weil ihr übel wurde. Ich aber wurde nicht seekrank und bin es auch sonst nie im Leben gewesen.

    Vater pflegte sonst geradewegs über das Meer nach England zu segeln, aber weil Mutter und ich an Bord waren, folgte er zunächst der Küste bis in die Gegend von Calais und wandte sich dann erst nordwärts. Das war zwar umständlicher und weiter, aber sicherer.
    Vater und auch Theoderich, Heinrich und Helperich waren diese Strecke schon sehr oft gesegelt, denn der Englandhandel war wohl das wichtigste Standbein bei unseren Geschäften. Sie kannten darum auch die Mündungen von Rhein und Themse wie ihre Westentasche. Dennoch mußten sie vor Englands Küste einen Lotsen an Bord nehmen, der sie bis London leitete, obwohl das Schiff doch flußaufwärts getreidelt wurde. Das war überflüssig und kostete Geld, aber was soll man machen. Vorschrift ist Vorschrift.

    Da der Lotse bei der Einfahrt nach London am Steuer stand, hatte Vater nichts zu tun. Er trat hinter mich, legte seinen Arm um meine Schultern und zeigte auf die Stadt.
    »Du wirst sehen, London ist Köln nicht unähnlich. Allerdings hat der König hier ein Schloß; aber es ist auch nicht prächtiger als der Palast unseres Erzbischofs. Der große Unterschied ist: Du kannst die Leute hier nicht verstehen.«
Aber da hatte Vater sich geirrt. Schon lange hatte ich meine vielen Besuche bei Großvater genutzt, um mir von ihm Unterricht in den vielen Sprachen geben zu lassen, die er beherrschte. Mehr oder weniger konnte ich italienisch, englisch und französisch radebrechen. Von Theoderich, der seinen Spaß an meinem Eifer hatte, hatte ich auf der Reise noch einmal eine Menge englischer Redewendungen gelernt. Und schlimmstenfalls: Wozu war ich denn in St. Ursula im Lateinischen unterrichtet

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