Die Tuchhaendlerin von Koeln
Hand zur Versöhnung reichte!
Und kosten würde ihn das ja nichts.
Der Kaiser wollte gerade lostoben über diese unverschämte Zumutung; aber, wie gesagt, er war immer Realist. Die Gelegenheit, seinen mehrfach beschädigten Ruf mit dem Glanz des Edelmuts aufzupolieren, sollte vielleicht doch genutzt werden?
Und so kehrte Konrad nach Hause zurück und konnte dem Schwiegersohn mitteilen, der Kaiser erwarte den alten Löwen beim nächsten Reichstag, um mit ihm endgültig Frieden zu schließen.
Das Fest überbot alles an Pracht, was mein Sohn jemals erlebt hat. Nur seine eigene Hochzeit, mag sie auch weit bescheidener gewesen sein, war ihm in glanzvollerer Erinnerung als diese. Anschließend kehrte er mit vollen Taschen und übersprudelnd vor Neuigkeiten zu uns zurück.
Soweit Gunthers Schilderung. Woher er alle Einzelheiten wußte? Nun, Pfalzgraf Konrad hatte seiner Gemahlin alles haarklein berichtet. Diese hatte es Tochter und Schwiegersohn, dessen Charme auch das Herz der Pfalzgräfin eingenommen hat, erzählt. Und Heinrich meinte, es dem Jugendfreund und rettenden Engel Gunther schuldig zu sein, seine Neugierde zu stillen.
Und ich hatte es wahrhaftig nicht nötig, meinen Sohn erst lange zu bitten, meine Wißbegier zu befriedigen.
1195
E igentlich hatte ich ja nie mehr nach Braunschweig reisen wollen, aber als die Fahrt im nächsten Jahr anstand, entschloß ich mich in letzter Minute, doch mitzufahren. Gottschalk zeigte sich erfreut über meine Gesellschaft. Wir reisten im Sommer, in gemächlichem
Tempo. Unsere Ladung bestand hauptsächlich aus bestem Rheinwein, der berühmten Kölner Borte, Seide und Brokat, auch Tuche und Gewürze wie Pfeffer und Safran fehlten nicht. Die Tage waren lang und sonnig; so leisteten wir uns mittags eine Ruhepause im Schatten der Wälder und nutzen statt dessen die frühen Morgen- und späten Abendstunden für die Fahrt. Angst vor Räubern brauchten wir nicht zu haben, denn wir hatten uns mit einem Dutzend Kaufleuten zusammengeschlossen und blieben bis weit ins Westfälische hinein zusammen.
In der späten Abenddämmerung saß ich dann mit Gottschalk am Lagerfeuer. Die üblichen Arbeiten wie Versorgung der Tiere, Bereitung der Mahlzeit und auch die Wachen verrichteten inzwischen die jungen Leute - gleich drei unserer Söhne begleiteten uns auf dieser Fahrt, und dazu noch mehrere Knechte. So hatte ich einmal Zeit, in Ruhe mit meinem Mann zu plaudern. Zu Hause gab es immer so viele Pflichten zu erledigen, da kamen wir selten zu einem ruhigen Gespräch. Wir redeten über unsere geschäftlichen Pläne, über unsere Kinder und die übrige Familie, nur nicht über uns selbst. Im Frühling hatte unser Sohn Gerhard Ida von der Lintgasse heimgeführt, ihr Vater Mathias bekleidete das Amt des Schöffenamtmanns. Dies war eine erstklassige Verbindung und eröffnete auch unserem dritten Sohn eine glänzende Laufbahn.
Ich sah meinen Mann von der Seite an. Seine Haare, seine wilde Lockenmähne, war jetzt schon stark mit Grau durchsetzt, aber seine Gestalt war jugendlich und straff geblieben. Ich dachte bei mir, es sei doch gut, daß eine Frau sich unter langen, lockeren Gewändern verbergen kann, denn die vielen Geburten waren nicht spurlos an mir vorbeigegangen. Zum Glück war ich nicht dick geworden wie viele andere Frauen mittleren Alters, sondern sah noch immer zierlich
aus - angezogen. Und dann dachte ich, daß mein Mann, mit dem ich nun seit einem Vierteljahrhundert das Lager teilte, noch immer sehr anziehend für mich war, und das ließ Sehnsucht und Zärtlichkeit in mir erwachen. Genau in diesem Moment sah Gottschalk mir ins Gesicht, und er muß meine Gedanken wohl gelesen haben, denn in seinen Augen begann es zu funkeln.
»Kommst du, Sophia?« fragte er mit schmelzender Stimme. Ich nickte, und er nahm meine Hand, half mir auf und führte mich zu dem kleinen Zelt, das meine fürsorglichen Söhne für mich aufgeschlagen hatten. Ich glaube, so zärtlich und hingebungsvoll wie in dieser Nacht haben wir uns nie zuvor geliebt, und ich denke noch heute mit großem Glück daran zurück.
Es war Juli, als wir in Braunschweig eintrafen. Wie gewohnt, holte der Haushofmeister mich in der Herberge ab.
»Leider ist unser Herr Heinrich sehr krank«, sagte er traurig zu mir. »Wie schön, daß Ihr kommt. Vielleicht gelingt es Euch, ihn ein wenig aufzuheitern.«
Heinrich krank? Er, der immer ein Bild männlicher Kraft gewesen war? Gottschalk brachte mich bis zur Burg Dankwarderode, ließ mich
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