Die Tuchhaendlerin von Koeln
überbringen hatte.«
Da wurde ich puterrot. Was war ich doch für eine dumme Gans! Zu Tode verlegen stammelte ich, natürlich sei er für den Herrn Erzbischof nach Köln gereist und nicht für eine so unwichtige Person wie mich. Aber er lächelte mich sehr freundlich an und meinte: »Ich vermute, für Prinzessin Mathilde ist es aber sehr wichtig, Euch an ihrer Seite zu haben. Ein vertrautes Gesicht tut gut, wenn man in die Fremde kommt.« Er verbeugte sich höflich zum Abschied, setzte seinen Hut wieder auf und entschwand. Ich stand noch am gleichen Fleck, als die Hufschläge seines Pferdes schon lange verklungen waren.
Vater hatte sowieso geplant, mit anderen Kölnern nach Minden zu fahren. Eine solche Gelegenheit ließ sich kein Kaufmann gern entgehen. Außer den üblichen Stoffen und Juwelen hatte er noch eine Ladung kostbarer und teurer Spielwaren vorbereitet. »Den Rittern sitzt bei einem solchen Fest das Geld immer locker, da können sie ihren Kindern etwas von der Hochzeit mitbringen«, meinte er.
Leider passierte dann ein Unglück, das mich um diese Fürstenhochzeit zu bringen drohte. Eine Woche vor der geplanten Abreise stürzte mein Vater auf der eisglatten Gasse so unglücklich, daß er sich den Fuß böse verstauchte. Mutter holte sogleich den Bader. Dieser untersuchte den Knöchel, was meinen Vater laut aufstöhnen ließ.
»Zum Glück ist nichts gebrochen«, meinte der Bader. »Ich trage jetzt eine Heilsalbe auf und wickle den Fuß fest ein, und dann haltet Ihr ihn schön ruhig, Herr Gunther.«
Mutter hatte schon feste Binden bereitgelegt. »Dann kann mein Mann wohl kaum nächste Woche nach Minden reisen«, bemerkte sie traurig.
»Nein, daran ist überhaupt nicht zu denken«, sagte der Bader bestimmt und begann mit dem Wickeln.
Mir wurde ganz kalt vor Schreck. Und dann - ich schäme mich noch heute, es zu gestehen - fing ich an zu weinen, als sei ich ein kleines Kind. Aber die Enttäuschung war zu heftig. Ich rannte in das Kämmerlein, das ich inzwischen für mich allein hatte, denn Lisa hatte im Sommer den Gehilfen meiner Mutter geheiratet und wohnte nicht mehr in unserem Haus. Dort warf ich mich auf den Strohsack. Meine Tränen flossen in Strömen.
Später hörte ich draußen eine vertraute Stimme. Großvater war gekommen, um sich nach dem Befinden seines Sohnes zu erkundigen. Ich erhob mich also von meinem Lager und ging hinaus.
»Was ist das denn?« begrüßte mich Eckebrecht. »Verheulte Augen, zerzauste Haare - empfängt man so seinen Großvater?«
»Sie weint um die Hochzeitseinladung«, meinte Mutter halblaut.
»Über Hochzeitseinladungen sollte ein Mädchen nicht Tränen vergießen, sondern strahlen und sich gut überlegen, was es dazu anzieht«, scherzte Großvater wohlwollend.
»Ich kann doch nicht hin, wo Vater ans Haus gefesselt ist!« heulte ich schon wieder los.
Aber Großvater - ja, er war wirklich immer für eine Überraschung gut - fragte: »Aber deine eigenen Beine sind doch in Ordnung, oder nicht?« und zog die Augenbrauen hoch. Wir drei, Vater, Mutter und ich, sahen ihn verblüfft an und wußten nicht, was wir von dieser Bemerkung halten sollten. Großvater merkte es und schmunzelte stillvergnügt.
»Ach ja, habe ich etwa vergessen, euch zu sagen, daß Constantin heute unerwartet heimgekommen ist? Nun wird er die Kölner Kaufleute nach Minden führen. Es ist wohl nichts dagegen einzuwenden, ihm unsere Sophia anzuvertrauen.«
Ich jauchzte vor Freude auf und fiel Großvater um den Hals. Ich war überglücklich. Nun mußte ich nicht auf diese Hochzeit verzichten, die mir doch so wichtig war. Und meinen Vetter Constantin schätzte ich außerordentlich. Er war zwanzig Jahre älter als ich und ein äußerst wichtiger Kaufmann in Köln, aber er vergaß nie, sich mit den Kindern in der Familie abzugeben, mit uns zu scherzen und zu spielen, aber uns auch viel beizubringen, so daß wir alle sehr gern mit ihm zusammen waren. In dieser Zeit freilich war er sicher nicht so heiter wie sonst, denn er hatte gerade seinen besten Freund verloren. Der sehr beliebte und in Köln hochverehrte Erzbischof Rainald von Dassel war in diesem Jahr bei Rom an der Seuche gestorben, welche einen großen Teil des deutschen Heeres dahingerafft und Kaiser Friedrich die Früchte seines Sieges geraubt hatte. Constantin hatte den Leichnam des geliebten Freundes nicht im Feindesland zurücklassen wollen, sondern ihn unter unmenschlichen Strapazen nach Hause geschafft.
Die Tage vergingen dann wie im
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