Die Tuchhaendlerin von Koeln
Mathilde.
Auch in dieser Nacht bekam ich mein kleines Kämmerchen nicht zu sehen. Mathilde ließ mein Bett in ihr Schlafgemach schaffen, damit sie in der letzten Nacht noch lange mit mir plaudern konnte.
Schon im Morgengrauen wollte der Herzog mit seiner jungen Frau nach Braunschweig aufbrechen. Er hatte eine Kutsche für sie bereitgestellt, aber Mathilde verbat sich das energisch. »Ihr könnt mir glauben, daß ich eine gute und ausdauernde Reiterin bin. Ich bin nicht seekrank geworden, als ich mit dem Schiff übersetzte«, sagte sie. »Aber in einer Kutsche werde ich das ganz sicher. Dieses Schaukeln und Stoßen! Wollt Ihr, daß ich mit lauter blauen Flecken in Dankwarderode einziehe?«
Nein, das wollte der Herzog ganz gewiß nicht. Er beauftragte seinen Marschall, die Tagesritte bequem anzusetzen, damit seine junge Gemahlin nicht zu sehr erschöpft würde, und dann versammelten die Sachsen sich zum Abmarsch am Weserufer. Auch die Engländer kehrten in ihre Heimat zurück. Mathilde behielt nur ihre Kammerfrau, eins der Kammermädchen sowie zwei Hoffräulein. Sie hatte keine Angst, sich in Dankwarderode einsam zu fühlen - nicht, solange ihr Löwe bei ihr war.
Ein letztes Mal setzten wir mit dem Schiff über die Weser. Mathilde war in den herrlichen blauschwarzen Zobel gehüllt, der auch mir gleich ins Auge gesprungen war - Herzog Heinrich hatte nicht eine Sekunde gezögert, ihn von Constantin zu erstehen, und hatte über den unglaublichen Preis nur ganz kurz mit der Wimper gezuckt, dann aber ohne zu handeln bezahlt. Am anderen Ufer drückte Mathilde mich noch einmal innig an ihr Herz.
»Daß ich mich nun von dir trennen muß, ist der einzige Schatten, der auf diesem Tag liegt. Aber sonst könnte ich vor lauter Glück zerspringen«, sagte sie und warf einen sehnsüchtigen Blick auf ihren Löwen. »Ob du mich wohl in Braunschweig besuchen kannst?«
Ich zuckte traurig die Schultern. Braunschweig war sehr weit von Köln.
»Aber vielleicht nimmt mich Herr Heinrich ja einmal mit nach Köln«, sagte Mathilde, »dann sehen wir uns wieder. Vergiß mich nicht! Und noch einmal tausend Dank für dein Geschenk!«
Damit stieg sie in die Hände, die der Reitknecht ihr hinhielt, und schwang sich auf ihren schneeweißen Zelter - gleichfalls ein Hochzeitsgeschenk ihres Gatten.
Und schon war sie fort. Ich winkte betrübt der abreitenden Schar hinterher.
»Was hast du denn der Prinzessin geschenkt?« fragte Constantin, der mich abholen gekommen war.
»Ach, einen ziselierten vergoldeten Pokal von meinen Eltern. Und ich habe ihr ein Mützchen für ihr erstes Kind gestrickt. Und ein Vergißmeinnicht darauf gestickt.«
»Ein liebevolles Geschenk«, sagte Constantin. »Und nun auf! Ich habe alles abgesetzt, was wir mitgebracht haben, und dafür Bernstein und Leder eingekauft. Jetzt geht es wieder nach Hause.«
»Ich hatte überhaupt keine Gelegenheit, dir zu helfen«, bemerkte ich bedauernd.
»Laß nur, Sophia. Kontakte knüpfen und pflegen ist für einen Kaufmann ebenso wichtig wie handeln. Ich könnte mir denken, daß uns an Herzog Heinrichs Hof in Braunschweig in Zukunft alle Türen offenstehen, das könnte viel wert sein, und darum bekommst du auch eine Beteiligung an meinem Gewinn. Ich habe sehr schöne Bernsteinstücke für dich beiseite gelegt.«
So ging es also wieder nach Hause. Alfred brachte mein Bündel herbei. Ich wollte auch gerne reiten und verlangte ein Pferd mit dem Hinweis auf Mathilde. Aber Constantin wollte mir nur erlauben, statt dessen diesmal einen der Wagen zu führen. Meine Freude darüber wurde etwas durch Alfred gemindert, der neben mir Platz nahm und ganz offensichtlich die feste Absicht hatte, mir sofort in die Zügel zu fallen, wenn ich einen Fehler machte. Die Männer trauten mir offensichtlich gar nichts zu.
Scheinbar ziellos ließ ich meinen Blick über die Kölner Kaufleute schweifen; aus Sicherheitsgründen fuhren wir wieder alle gemeinsam zurück. Constantin bemerkte es und grinste.
»Falls du nach Gottschalk Ausschau hältst - er ist schon ganz früh die Weser abwärts gezogen, er will noch nach Bremen.«
»Ich vermisse ihn nicht«, antwortete ich spitz.
»Nein, natürlich nicht«, sagte Constantin und lachte, was mich ärgerte.
Als wir wieder in Köln ankamen, überzog schon der Frühling vorzeitig das Land. In unserem Garten streckten die ersten Blumen die Köpfe schüchtern aus dem sattbraunen
Erdreich; Tropfen hingen an den Zweigen, morgens weckten uns die Vögel mit
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