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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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niemand diese Kunst merken zu lassen.«
    Ich war sehr begierig, ein Geheimnis zu erfahren, und Rechnen machte mir ja jetzt schon großes Vergnügen. Aber etwas verstand ich nicht. Ich schaute auf den Boden, wo das Sonnenlicht einen Kringel malte, und dachte nach. Dann fragte ich zögernd:
    »Hast du meiner Mutter dieses Geheimnis auch verraten?«
    Großvater schaute verblüfft drein. »Natürlich nicht«.
    »Aber warum nicht? Wenn es doch ein großer Vorteil für einen Kaufmann ist, dann müßte es ihr doch auch nützen?« beharrte ich.
    »Schon; aber deine Mutter ist eine Frau«, sagte Großvater. Es klang nicht überzeugend, und ich gab mich nicht damit zufrieden.
    »Meinst du, sie würde das Geheimnis ausplaudern?« fragte ich zweifelnd.
    »Nein, bestimmt nicht«, wehrte Großvater ab. »Du weißt doch, ich mag und schätze deine Mutter sehr. Und eine Plaudertasche ist sie ganz sicher nicht, sonst wäre sie nicht eine so erfolgreiche Kauffrau. Aber Männer sind nun einmal klüger als Frauen und können besser denken.«

    Zweifelnd sah ich zu meinem Bruder Hildebrand hinüber, der selig lächelnd lange Locken von Holzwolle aus dem Kistchen zog und sie nebeneinander auf dem Boden anordnete. Ich liebte ihn, aber besonders gut denken konnte er nicht, so schien es mir.
    Großvater hatte meinen Blick gesehen. »Es gibt Ausnahmen«, brummte er.
    Ich stimmte ihm zu. Der Sonnenkringel auf dem Fußboden war ein Stückchen näher zu mir gerückt. Die Katze hatte genug vom Spielen und rollte sich in Hildebrands Arm zusammen für ein kleines Nickerchen. Mein Bruder lauschte fasziniert ihrem Schnurren und streichelte behutsam ihr seidiges Fell.
    »Und gibt es bei den Mädchen auch Ausnahmen?« fragte ich Großvater zögernd und schob meine Hand in die seine.
    Da lachte Eckebrecht. »Es wird wohl so sein. Weil du ganz sicher zu ihnen zählst, mein kluges Kind, will ich dir ja auch die Kunst der Mathematik beibringen. Und da ich nicht abstreiten will, daß auch deine Mutter zu den Ausnahmen zählt, sollt ihr es beide gemeinsam lernen.«
    Ich gab mich damit zufrieden - für dieses Mal.

    Aber irgendwie ließen mir die Worte Eckebrechts keine Ruhe. Ich berichtete Mutter am Abend von Großvaters Angebot und fügte dann hinzu: »Mutter, ist es wahr, daß Männer klüger sind als Frauen und Jungen besser denken können als Mädchen?«
    Meine Mutter zog die Augenbrauen hoch und strich sich nachdenklich über ihr schönes, glattes Haar.
    »Ich denke, der liebe Gott teilt Klugheit an Männer und Frauen so aus, wie er es für richtig hält. Mir scheint, daß er dabei nicht ungerecht verfährt, denn ich habe schon so manchen Mann kennengelernt, den ich nicht als klug bezeichnen würde, dabei aber auch viele Frauen, die alles
andere als dumm sind. Zum Beispiel denke ich da an deine Tante Engilradis.«
    Engilradis war die Frau von Fordolf, Großvaters ältestem Sohn. Sie war eine wunderbare, stille Frau, eine, in deren Arme man sich jederzeit flüchten konnte, die auf jede Frage eine Antwort wußte, aber ihre Meinung niemals ungefragt kundtat. Seit ich denken konnte, kümmerte sie sich um arme Menschen, versorgte sie mit Nahrung, Pflege in Krankheitsfällen und weisen Ratschlägen. Ich hatte mir niemals Gedanken darüber gemacht, ob sie klug war oder nicht.
    »Ich habe Tante Engilradis lieb. Aber woran kann ich denn merken, ob jemand klug ist?« fragte ich und schmiegte mich in Mutters Arm.
    »Du bist zu jung, dir fehlen die Maßstäbe. Das wird sich noch ändern. Und damit kommen wir zum zweiten Punkt. Ob jemand gut denken kann, ist nicht nur von Gott gegeben, man muß es auch üben, und zwar gründlich. Wenn jemand zur Schule gehen darf und gute Lehrer hat, oder einen klugen Meister, oder, und das ist das allerwichtigste, Eltern, die darauf bedacht sind, ihr Kind nicht nur zu ernähren, sondern auch zu bilden - dann lernt er besser zu denken, als wenn er sich nur von früh bis spät abrackern muß und zu müde ist, um seinen Kopf zu gebrauchen.
    Da allerdings mehr Knaben in die Schule geschickt werden als Mädchen und viele Eltern sich mit der Ausbildung ihrer Söhne mehr Mühe geben als bei den Töchtern, lernen diese Jungen mehr als ihre Schwestern. Aber das muß nicht so sein, und du kannst ganz sicher sein, daß Vater und ich dir die allerbeste Ausbildung angedeihen lassen, die möglich ist. Wenn du schön fleißig lernst, wird aus dir eine ganz kluge Frau werden, das verspreche ich dir.«

    So vergingen meine Kinderjahre. Ich lernte

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