Die Tuchhaendlerin von Koeln
vernahm.
»Nein, Herr Gottschalk, laßt mich sofort los! Was kommt Euch nur in den Sinn? Ich bin eine anständige verheiratete Frau.« Ich stand wie angewurzelt, als ich hörte, wie Gottschalk lachte und sagte, sie möge sich nicht so anstellen, es sei doch nichts dabei.
Da quoll der Zorn wie eine schwarze Wolke in mir hoch. Ich hastete die letzten Stufen hinauf und riß die Tür zu unserer Schlafkammer auf. Dort sah ich Gudrun in abwehrender Haltung, den kleinen Regenzo im Arm, den sie wohl gerade gestillt hatte, denn ihre Brust war noch entblößt - und meinen Mann, der sie am Arm gepackt hatte und versuchte, mit der anderen Hand unter Gudruns Kleidung zu gelangen. Ich würdigte ihn keines Blickes, trat auf Gudrun zu und sagte mit fester Stimme: »Gudrun, würdest du bitte Gunther wickeln? Er ist tropfnaß.« Und damit reichte ich ihr den Kleinen, der erschrocken erwacht war, als ich die Treppe hinaufgerannt war, und nun zu schreien begann.
Gudrun legte Regenzo hin, zog ihr Kleid zusammen und nahm mir Gunther ab, während Gottschalk eilig und ohne ein Wort verschwand. Ich betrachtete die Amme; ihr Gesicht war gerötet und ihr Haar zerzaust. Sie wandte sich mit dem Kind rasch von mir ab, aber ich hatte gesehen, daß ihr eine Träne über die Wange lief.
»Hat er dir etwas angetan, Gudrun?« fragte ich und zwang meine Stimme zu Ruhe.
Gudrun schluchzte auf.
»Nein, er war ja erst ein paar Minuten hier. Er hat auch nicht blanke Gewalt angewendet, sondern meinte eher,
er könne mich verführen. Glaube mir, Sophia, ich wollte nicht …«
Ich stand auf und streichelte ihr den Arm.
»Schon gut, Gudrun, das weiß ich. Ich habe dich gehört.«
Nachdem Gudrun schweigend das Kind gewickelt hatte, legte sie es in die Wiege und trat dann auf mich zu. Sie sah mir ins Gesicht und sagte:
»Ich muß nun meine Arbeit bei dir aufgeben, Sophia. Ich weiß ja nicht, ob ich hier in Zukunft sicher bin. Wenn mein Mann das wüßte, könnte ein Unglück geschehen. Obwohl es mir das Herz bricht, die Kleinen zu verlassen …«
Ich nickte. Was sollte ich dazu sagen? Ich war zutiefst verletzt und schämte mich für meinen Mann, aber ich wollte mir lieber nicht vorstellen, daß ein aufgebrachter Zimmermann mit seinem Hammer hinter ihm her war. Gudrun stillte noch einmal Richolf und packte dann ihr Bündel. Ich gab ihr alles Geld, das ich gerade im Haus hatte, weit mehr, als ihr Lohn betrug, und dankte ihr demütig für die Liebe, die sie meinen Söhnen gegeben hatte. Sie herzte noch einmal die drei Kleinen, und dann war sie fort.
Ich war eine lange Zeit wie erstarrt. Als ich die Köchin vom Markt nach Hause kommen hörte, ging ich zu ihr in die Küche.
»Gudrun mußte fort, sie ist krank geworden und darf die Kinder nicht mehr stillen«, sagte ich mit ruhiger Stimme. »Wir müssen ihnen jetzt Brei geben, und dann bekommt jedes noch ein paar Schlucke Milch, soviel ich eben habe. Du mußt noch einmal eine Kanne Kuhmilch kaufen gehen.«
»Müssen wir nicht eine neue Amme suchen?« fragte die Köchin erstaunt.
»Nein, es wird schon gehen«, beschied ich sie und ging rasch hinaus, verfolgt von ihrem ratlosen Blick.
Als Mutter am nächsten Tag bei mir vorbeischaute, wunderte sie sich sehr, daß Gudrun fort war. Ich mußte ihr schließlich sagen, was geschehen war. Mutter sagte kein Wort zu Gottschalks Benehmen, sie sagte nur, es müsse eine neue Amme gesucht werden.
»Und was ändert sich dann?« fragte ich grollend. »Was tue ich, wenn er über die genau so herfällt?«
Mutter seufzte und überlegte. Sie mischte sich nie ungebeten in meine Angelegenheiten, und nie war ich dafür so dankbar wie in diesem Augenblick.
»Gut«, meinte sie dann, »die Kinder sind ein halbes Jahr alt, wir können sie mit Brei füttern, wie du schon geplant hast, und du teilst ihnen eben die Milch, die du hast. Aber ich würde dir gern eine brave Kindsmagd suchen, die dir bei der Betreuung hilft - sie kann ja gerne schon graue Haare haben.«
Darüber hätte ich fast gelacht, wenn ich nicht so niedergeschlagen gewesen wäre. Ich brachte es nicht über mich, Mutter zu sagen, was sich am letzten Abend noch zugetragen hatte. Gottschalk war spät und erst nach der Abendbrotzeit nach Hause gekommen, aber er entkam mir nicht. Ich hatte die Köchin zu den Kindern gesetzt, damit ich in Ruhe mit meinem Mann reden konnte, und erwartete ihn. Als er mich sah, machte er gleich ein trotziges Gesicht.
In ruhigem Ton sagte ich: »Gudrun hat uns verlassen und ist jetzt
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