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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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ihn zurück, weil der Barbier schon an diesem seine Kunst ausübte und ich Angst vor seinem scharfen Messer hatte.
    Aufgeregt sagte mein Vater: »Wir müssen sofort Großvater rufen!«
    Aber Hadewigis hielt ihn am Ärmel fest. »Was glaubst du wohl, mein lieber Mann, warum Johannes und Apollonius hier sind und nicht bei Großvater oder bei Richlinde, wo sie doch in erster Linie hingehören? Sie sollen jetzt zuerst einmal essen und sich schönmachen, und dann werden wir Großvater ganz behutsam vorbereiten, und Richlinde auch. Laß sie noch ein wenig in Ruhe, wir werden alle gemeinsam hören, was ihnen in diesen Jahren widerfahren ist und vor allem, durch welchen ungeahnt glücklichen Umstand wir sie wieder bei uns haben dürfen.«
    Meine Mutter übernahm dann das Kommando in meinem Haushalt und schickte mich zu Großvater, während Vater Richlinde aufsuchte. Ich fand Großvater im Saal in seinem Hause Unter Goldschmied. Er betrachtete erheitert die Erziehungsversuche seiner Katze bei ihren drei Jungen, zwei weißen mit schwarzen Flecken und einem winzigen Tigerchen. Sie hatte sie zum ersten Mal aus ihrem versteckten Nest ins Freie geführt, und die Kleinen strebten prompt in drei verschiedene Richtungen. Ihre Mutter war also damit beschäftigt, sie wieder einzusammeln, suchte sie in ihren
Winkeln, packte sie im Genick und trug sie behutsam zu Großvaters Füßen, damit er auf sie aufpassen sollte, während sie das nächste Katzenkind suchen ging. Als sie das zweite herbeitrug und das erste schon wieder entkommen war, sah sie Großvater strafend an, weil er offenbar nicht verstanden hatte, daß er zum Wächter auserkoren war.
    Ein paar Augenblicke sah ich entzückt zu, wie die Kleinen auf ihren noch schwachen Beinchen herumtapsten und mit großen erstaunten Äuglein die neue freie Welt beobachteten, nachdem sie ihr bisheriges Leben in der halbdunklen Kammer neben der Küche verbracht hatten. Aber dann holte ich tief Luft.
    »Großvater, wie geht es dir heute morgen?«
    Er sah mich erstaunt an. Wir pflegten uns zwar viel zu erzählen, aber unser Tagesbefinden war selten Gesprächsgegenstand.
    »Gut, gut. Was bringt dich denn so früh zu mir, und dazu noch ohne einen deiner Söhne?« erkundigte er sich.
    Ich nahm seine Hand.
    »Großvater, bitte rege dich nicht auf. Ich habe eine wunderbare Nachricht. Gottschalk ist wieder da.«
    »Das freut mich aber sehr für dich. Nur sehe ich keinen Grund, mich darüber besonders aufzuregen«, bemerkte Großvater, packte das Katzenkind, das eben wieder von seiner unermüdlichen Mutter herbeigetragen wurde, und streichelte liebevoll sein seidiges Fell.
    Das Kätzchen streckte eine kleine rosa Zunge heraus und putzte damit gewissenhaft Großvaters Zeigefinger.
    »Ich weiß, Gottschalk war sehr lange fort. Aber so ungewöhnlich ist das bei Kaufleuten nicht«, erklärte mir Großvater, als wenn er mit einem unbegabten Kind spräche.
    »Ja, manchmal sind sie sogar noch viel länger abwesend«, antwortete ich. Großvater hielt es nicht für nötig zu antworten, sondern blickte mich nur milde an.

    Ich versuchte es einmal anders.
    »Großvater, wenn du jetzt einen Wunsch frei hättest - was würde dich am meisten auf der Welt freuen?« fragte ich.
    Jetzt wurde Großvater langsam ungeduldig.
    »Sophia, mein Liebes, geht es dir auch wirklich gut? Du bist so merkwürdig heute morgen,« sagte er besorgt.
    »Was sollte ich mir denn wünschen? Daß es heute mein Lieblingsgericht zu essen gibt, daß die Predigt des Herrn Erzbischof etwas kürzer ausfällt als beim letzten Mal, damit ich nicht während der Messe einschlafe, daß - zum Beispiel, daß dieses Katzenkind mich nicht wieder beträufelt?« Und er wischte mißbilligend zwei Tropfen von seiner Hand.
    Nun platzte ich langsam vor Aufregung und konnte die Nachricht nicht länger zurückhalten.
    »Großvater, Gottschalk ist heute in aller Frühe angekommen.«
    »Das sagtest du bereits. Ich bin weder taub noch vergeßlich.«
    »Und er hat jemand mitgebracht. Jemand, auf den du schon lange mit großer Sehnsucht wartest.«
    Keine Antwort. Eckebrecht sah mich mit großen Augen an. Das Katzenkind langweilte sich und strebte auf den Boden zu seinen Geschwistern. Ich dachte, Großvater hätte mich nicht verstanden, und wollte gerade mit meinen behutsamen Eröffnungen fortfahren, da sah ich, wie ein Strahlen sich auf seinem Gesicht ausbreitete.
    »Gesegnet sei dieser Tag«, sagte er ehrfürchtig. »Gott hat meine Gebete erhört. Rasch, Sophia, hole

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