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Die Tuchhaendlerin von Koeln

Die Tuchhaendlerin von Koeln

Titel: Die Tuchhaendlerin von Koeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Kuhlbach-Fricke
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meinen Stock. Ich komme sofort mit.«
    Er hatte es plötzlich unglaublich eilig. Wozu brauchte er eigentlich einen Stock? Ich mußte mich sputen, um mit ihm Schritt zu halten.

    Ich hatte ihn noch schonend darauf vorbereiten wollen, wie schrecklich sein Sohn Johannes von den letzten Jahren gezeichnet worden war, aber dazu war keine Gelegenheit. Im Nu waren wir bei unserem Haus, und Großvater hämmerte an die Tür, als sei ein Brand zu melden, drängte dann an der Magd vorbei, ohne ihr einen Blick zu schenken, und stürmte die Treppe hinauf. Er eilte schnurstracks auf seinen Sohn zu, ohne bei seinem Anblick auch nur mit der Wimper zu zucken, und schloß ihn in die Arme. »Mein Sohn, mein Junge, mein Johannes! Daß du wieder da bist!« Und er küßte ihn immer wieder. Dann richtete er den Blick gen Himmel und murmelte etwas in einer Sprache, die keiner von uns verstand. Ich sah, daß er blaß wurde und offensichtlich nicht mehr sicher auf den Füßen stand, ergriff rasch seinen Arm und drückte ihn auf den bequemsten Stuhl nieder.
    »Danke, es geht schon wieder«, flüsterte Großvater und nahm seine Kraft zusammen. Ich schob Apollonius zu ihm hin. »Auch dein Enkel ist gerettet, Großvater!« Da verlor Großvater die Fassung, zum ersten Mal, seit ich ihn kannte. Er lachte und weinte gleichzeitig, während Apollonius niederkniete und ihm ehrfürchtig die Hand küßte.
    Unten hörten wir es wieder klopfen, und gleich darauf eilte Richlinde die Treppe herauf.
    Auch sie zeigte nicht das mindeste Erschrecken, daß dieser alte Mann ihr Johannes sein sollte, warf sich in seine Arme und stammelte Liebesworte. Ihr Sohn Constantin war noch zu klein gewesen, als sein Vater verschwand, um sich an ihn zu erinnern; er stand schüchtern herum, bis sein Bruder Apollonius ihn umarmte.

    Schließlich waren alle Tränen gestillt, die erhitzten Gemüter beruhigten sich allmählich.
    Johannes begann mit leiser Stimme und stockend zu erzählen. Er redete lange. Zwischendurch kamen mehr
Verwandte, schlüpften leise in den Saal und setzten sich still, um ihn nicht zu unterbrechen.
    »Es ist jetzt über sieben Jahre her. Wir segelten von Byzanz nach Jerusalem und hatten Waffen für die christlichen Ritter geladen. In einer Flotte von zehn Schiffen glaubten wir uns sicher; aber dann gerieten wir in einen Sturm und wurden zerstreut. Drei der Schiffe sahen wir nicht wieder. Bei meinem Nachbarschiff brach der Mast, und es mußte die nächste Küste ansteuern, um den Schaden zu beheben. Nun waren wir nur noch sechs, und ich überlegte schon, ob wir die Reise fortsetzen oder besser umkehren sollten. Aber bevor ich eine Entscheidung hätte treffen können, rauschte schon eine Flotte sehr schneller Segler auf uns zu. Die kilikische Küste ist für ihre Seeräuber berüchtigt, und der Sturm hatte uns näher dorthin getrieben, als wir gedacht hatten. Wir versuchten, ihnen zu entkommen - vergeblich. Nach hartem Kampf gelang es vier von unseren Schiffen doch noch, sich abzusetzen und zu fliehen, aber zwei waren eingekreist - leider auch das meine. Sie warfen Haken an Bord, enterten und sprangen auf unser Schiff. Es waren mindestens doppelt so viele Piraten wie wir. Es wäre darum sinnlos gewesen, mit ihnen zu kämpfen; sie hätten uns alle erschlagen. Merkwürdigerweise hatte ich keine Sorge um mein eigenes Leben, aber entsetzliche Angst um meinen Apollonius. Der Junge wollte mit seinem Dolch auf die Seeräuber losgehen, aber ich hielt ihn fest und versuchte ihn mit meinem Körper zu decken.
    Der nächste Augenblick mußte alles entscheiden: Würden die Piraten uns ohne Federlesen erschlagen oder nicht? Als die ersten beiden auf mich zustürzten, zeigte ich ihnen meine leeren Hände. Ich wurde fast ohnmächtig vor Erleichterung, als sie daraufhin langsamer wurden und ihre Waffen sinken ließen. Leider muß ich gestehen, daß ich kein Held bin.«
    »Oh doch«, sagte da Apollonius, der bisher ganz still im Hintergrund gesessen hatte.

    »Für mich bist du ein Held. Du hast nämlich geschrien: ›Ehe ihr meinem Sohn auch nur ein Haar krümmt, müßt ihr mich erst in Stücke hauen.‹«
    »Habe ich das gerufen?« fragte Johannes ungläubig. »Das weiß ich gar nicht mehr. Ich erinnere mich nur noch, daß ich so etwas gedacht habe.
    Als meine Männer sahen, daß ich nicht kämpfte, ergaben sie sich auch sogleich. So verloren wir das Schiff, die Ladung und unsere Freiheit - aber wir behielten unser Leben. Die Räuber fesselten uns und nahmen unser Schiff in

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