Die Tudor-Verschwörung: Historischer Roman (German Edition)
seinen Weg fortsetzte, sank ich wieder in die Hocke. »Das war Lord Robert.«
Peregrine starrte mich an. » Der Lord Robert?«
»Derselbige.« Ich sprang hoch. »Los, auf in den Wald.«
Wir liefen zurück zu den Bäumen. Cinnabar und Peregrines Pferd, das den sonderbaren Namen Deacon hatte, schnaubten, als wir in die Sättel sprangen und sie herumrissen. »Wir werden parallel zur Straße reiten«, bestimmte ich. »Hoffentlich finden wir eine Abkürzung.«
Die Nacht neigte sich ihrem Ende zu. Auch wenn es noch einige Zeit dauern würde, kündigte sich die Dämmerung an. Im Schutz der Bäume galoppierten wir am Waldrand entlang. Umgestürzten Stämmen, die eine große Gefahr für unsere Tiere darstellten, wichen wir aus oder sprangen darüber hinweg. Insofern war ich dem spärlichen Mondlicht überaus dankbar. Dass ich nicht weit sehen konnte, war zwar bedauerlich, andererseits waren Lord Robert und seine Männer durch die Dunkelheit ebenso beeinträchtigt wie wir. Denn falls sie uns entdeckten – das stand fest –, würden sie uns eine gnadenlose Verfolgungsjagd liefern.
Wie hatte Robert nur so schnell die Fährte aufgenommen? Wir hatten damit gerechnet, dass der Herzog ihn auf Mary ansetzen würde, doch ihr Gut war meilenweit von uns entfernt. Irgendwie hatte Robert herausgefunden, dass sie auf dem Weg nach Norden war, und dann beschlossen, sie vor sich herzutreiben. Dabei zeigte er die gleiche erbarmungslose Entschlossenheit wie beim Werben um Elizabeth, nur dass er diesmal keinen Ring im Gepäck hatte, sondern einen Haftbefehl.
Peregrine riss mich aus meinen Gedanken. »Sie halten an.«
Ich zügelte Cinnabar. Angestrengt spähte ich zu einer Weggabelung weiter vorn. »Reite ein Stück weiter, und warte auf mich«, forderte ich ihn auf. »Wenn irgendetwas passiert, spiele nicht den Helden. Kehre umgehend nach Hatfield zurück. Und das meine ich so, wie ich es sage.«
Vorsichtig näherte ich mich der Gruppe. Cinnabar hatte einen leichten Tritt, aber ein gelegentliches Knacken von Zweigen oder ein Klirren des Pferdegeschirrs ließ sich nicht vermeiden. Bei jedem Geräusch, gleichgültig, wie leise, zuckte ich zusammen. In meiner Kindheit hatte ich oft genug mit den Dudleys gejagt, bis sich mir angesichts der Grausamkeit dieses Zeitvertreibs irgendwann der Magen umgedreht hatte. Ich hatte gesehen, welches Entzücken es Robert bereitete, Beute aufzuspüren. Wie viel mehr Genuss würde es ihm bereiten, den Junker zu hetzen, der sein Vertrauen missbraucht hatte?
Doch niemand hörte mich, was wahrscheinlich daran lag, dass sie in eine lautstarke Debatte vertieft waren. Ich ließ mich aus dem Sattel gleiten und setzte meinen Weg zu Fuß fort, bis ich nahe genug herangekommen war, um sie belauschen zu können, wenn auch nicht so nahe, dass mein Entkommen ausgeschlossen war, falls sie mich bemerkten.
Ich zählte neun Männer, und innerhalb des Stimmengewirrs war Robert der lauteste.
»Weil ich es sage! Himmelherrgott, bin ich etwa nicht der Führer hier? Ist es etwa nicht mein Kopf, der rollt, wenn wir diese papistische Hexe nicht kriegen?«
»Mit Verlaub«, knurrte eine raue Stimme, »wir alle haben viel zu verlieren, Mylord. Keiner von uns will erleben, wie eine katholische Königin uns die Inquisition auf den Hals hetzt. Allein schon deshalb hätten wir unsere Soldaten nicht zurücklassen dürfen, damit sie auf uns warten. Was, wenn sie mehr Soldaten hat, als wir glauben?«
Robert schnaubte. »Ihr habt doch ihren Haushofmeister in Hoddesdon gehört. Sie reist bestenfalls mit sechs Begleitern: ihrem Kämmerer, dem Sekretär, dem Haushofmeister und drei Hofdamen. Um sie zu ergreifen, brauchen wir keine Horde von Soldaten. Die würden uns bloß aufhalten.«
Ich grinste. Jetzt waren sie hier in der tiefsten Provinz, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagten, und immer noch schlotterten ihnen die Knie, weil sie nicht wussten, was eine in die Enge getriebene alte Jungfer alles planen mochte. Es tat gut, das zu hören. Wie ihre jüngere Schwester genoss Mary Tudor einen gewissen Ruf.
Plötzlich überlief es mich eiskalt, als ich eine schleppende Stimme hörte: »Gentlemen, vielleicht sollten wir zu einer Einigung finden, bevor sie nach Flandern in See sticht und mit einer kaiserlichen Armee im Rücken zurückkehrt. Dann werden wir nämlich auf jeden Fall mehr als eine Schar von Soldaten brauchen, das kann ich Euch versichern.«
Stokes! Er war hier, mitten unter Roberts Männern.
»Ja«, räumte Robert ein,
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