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Die Tuer im Schott

Die Tuer im Schott

Titel: Die Tuer im Schott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Dickson Carr
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schon fast ein Laufschritt war, und zweimal nahm er im Labyrinth den falschen Abzweig. Zuerst schien es, als sei der Garten von allen verlassen; dann sah er Burrows’ hoch aufragende Gestalt in großen Sprüngen auf sich zukommen, und der Strahl einer Taschenlampe leuchtete ihm über die Hecken ins Gesicht. Als er nahe genug herankam und Burrows’ Gesicht hinter der Lampe sehen konnte, waren alle Kühle und aller Duft des Abends verflogen.
    »Da wäre es also geschehen«, sagte Burrows.
    Page spürte, wie ihm ein wenig schwindelig wurde.
    »Ich weiß nicht, was du meinst«, log er. »Was soll geschehen sein?«
    »Du kannst es mir schon glauben«, erwiderte Burrows, bleich wie er war, geduldig und mit Nachdruck. »Komm und hilf mir, ihn herauszuholen. Ich kann noch nicht sagen, ob er tot ist, aber ich glaube schon. Er liegt im Teich, mit dem Gesicht nach unten.«
    Page starrte in die Richtung, die Burrows ihm wies. Er konnte den Teich nicht sehen – die Hecken verbargen ihn –, doch von wo er stand, hatte er einen guten Blick auf die Rückseite des Hauses. Aus einem Fenster eines erleuchteten Zimmers über der Bibliothek blickte Knowles, der alte Butler, hinunter, und Molly Farnleigh stand auf dem Balkon vor den Schlafzimmerfenstern.
    »Glaube mir«, beharrte Page, »niemand hätte gewagt, sich an Murray zu vergreifen! Unmöglich. Undenkbar – und was hätte Murray denn am Teich zu suchen gehabt?«
    »Murray?« fragte sein Gegenüber und starrte ihn an. »Wie kommst du auf Murray? Wer hat denn gesagt, daß es Murray ist? Das ist Farnleigh, Mann. John Farnleigh. Noch bevor ich herkommen konnte, war es bereits geschehen. Und ich glaube nicht, daß ihm noch zu helfen ist.«
     

Kapitel 6
    »Aber wer, zum Teufel«, fragte Page, »sollte denn Farnleigh umbringen?«
    Er mußte seine Gedanken vollkommen neu ordnen. Später wurde ihm klar, daß die Vorstellung, es sei Mord gewesen, in diesem Augenblick reine Suggestion war. Und auch als eine andere Vorstellung an ihre Stelle trat, blieb sie doch gegenwärtig: Wenn es Mord wäre, dann wäre es ein raffiniert ausgedachter. Wie bei einem Zauberkunststück waren aller Augen und Ohren auf Kennet Murray gerichtet. Alle im Haus waren in ihren Gedanken ganz bei Murray. Keiner würde sagen können, wo die anderen zur Tatzeit gewesen waren, weil ja alle nur auf Murray geachtet hatten. Ein Täter, der in diesem Vakuum zuschlug, konnte es unbemerkt tun, solange das Opfer nicht Murray war.
    »Farnleigh umbringen?« wiederholte Burrows mit gepreßter Stimme. »Was redest du denn da? Wach auf, Junge! Nimm dich zusammen! Und jetzt komm.«
    Noch immer mit einem Tonfall, als gebe er jemandem Anweisungen zum Einparken, eilte er mit großen Schritten voraus. Der Strahl der Taschenlampe zitterte nicht. Dennoch schaltete er sie aus, kurz bevor sie am Teich anlangten – wohl, weil er das Licht des Himmels noch hell genug fand, vielleicht aber auch, weil auch er in diesem Moment die Dinge nicht allzu deutlich sehen wollte.
    Der Teich war von einem Weg aus gestampftem Sand umgeben, etwa anderthalb Meter breit. Umrisse, sogar Gesichter, zeichneten sich noch ab. Farnleigh lag bäuchlings im Wasser, ein wenig nach rechts gedreht, wenn man vom Haus zum Hinterende des Gartens hin blickte. Der Teich war eben tief genug, daß sein Körper sich im Wasser wiegte, das noch immer hin und her und über die gerundete Einfassung schwappte und über den Boden lief. Auch eine dunklere Färbung im Wasser war zu erkennen, die immer weiter nach oben kam und ihn zusehends umgab; doch welche Farbe es war, sahen sie erst, als sie die weißen Seerosen nahe beim Körper erreichte.
    Das Wasser schwappte von neuem, als Page sich daranmachte, ihn herauszuziehen; Farnleighs Absatz hing an der Kante der niedrigen Einfassung. Doch nach ein paar Augenblicken, die er später gern aus seinem Gedächtnis gelöscht hätte, erhob Page sich wieder.
    »Wir können nichts mehr für ihn tun«, sagte er. »Seine Kehle ist durchschnitten.«
    Beide standen noch unter dem Einfluß des Schocks und sprachen wie in Trance.
    »Ja. Ich hatte es schon befürchtet. Es ist …«
    »Es ist Mord. Oder«, fügte Page abrupt hinzu, »Selbstmord.«
    Sie sahen sich im Dunkel an.
    »So oder so«, sagte Burrows und versuchte, sachlich und milde zugleich zu klingen, »wir müssen versuchen, ihn herauszubekommen. Daß man nichts anrühren soll, bis die Polizei kommt, ist schön gesagt, aber wir können ihn doch nicht so liegenlassen. Das wäre nicht

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