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Die Tuer im Schott

Die Tuer im Schott

Titel: Die Tuer im Schott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Dickson Carr
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unsympathischer Bursche war.
    »Nehmen wir uns die jüngeren Kinder vor, die es hier gab«, fuhr Murray fort. »Die heutige Lady Farnleigh zum Beispiel, die ich als kleine Molly Sutton kannte. Wenn Sie John Farnleigh sind, werden Sie mir sagen können, welchen Spitznamen Sie für sie hatten.«
    »Ich habe sie ›die Zigeunerin‹ genannt«, erwiderte der Herausforderer, ohne zu zögern.
    »Weshalb?«
    »Weil sie immer braune Haut hatte und weil sie immer mit den Kindern der Zigeunerfamilie gespielt hat, die früher jenseits des Wäldchens kampierte.«
    Er warf der wütenden Molly einen Blick zu, mit dem Anflug eines Lächelns.
    »Und Mr.   Burrows dort drüben, wie haben Sie den immer genannt?«
    »Uncas.«
    »Der Grund dafür?«
    »Wenn wir Spion oder so etwas spielten, konnte er lautlos durchs Gebüsch schleichen.«
    »Ich danke Ihnen. Und nun zu Ihnen, Sir.« Murray wandte sich Farnleigh zu und sah ihn an, als werde er ihn gleich ermahnen, seine Krawatte richtig zu binden. »Ich habe nicht die Absicht, Katz und Maus zu spielen. Deshalb nur eine einzige Frage an Sie, bevor ich Ihnen beiden dann die Fingerabdrücke abnehme. Von der Antwort auf diese Frage wird mein eigenes privates Urteil abhängen, bevor ich dann den Beweis in den Abdrücken finde. Die Frage lautet: Was ist das Rote Buch von Appin?«
    Inzwischen war es fast dunkel in der Bibliothek. Der Abend war noch immer warm, doch mit Sonnenuntergang war ein leichter Wind aufgekommen; man spürte ihn durch die geöffneten Fensterflügel und hörte das Rauschen draußen in den Bäumen. Ein grimmiges – und recht unschönes – Lächeln zeigte sich in Farnleighs Zügen. Er nickte, zog ein Notizbuch und einen kleinen Goldbleistift hervor, riß ein Blatt heraus und schrieb einige Worte darauf. Er faltete den Zettel und schob ihn zu Murray hinüber.
    »So leicht führen Sie mich nicht hinters Licht«, sagte Farnleigh. Und dann: »Ist die Antwort korrekt?«
    »Die Antwort ist korrekt«, bestätigte Murray. Er sah den Herausforderer an. »Sie, Sir: Können Sie die Frage ebenfalls beantworten?«
    Zum erstenmal schien der Herausforderer unschlüssig. Sein Blick schoß von Farnleigh zu Murray mit einem Ausdruck, den Page nicht deuten konnte. Wortlos, mit einer knappen Bewegung, bat er um Notizbuch und Stift, und Farnleigh reichte sie ihm. Der Herausforderer schrieb nur zwei oder drei Worte, dann riß er das Blatt heraus und gab es Murray.
    »Und nun, meine Herren«, sagte Murray und erhob sich, »ist es, glaube ich, so weit, daß wir die Abdrücke nehmen können. Hier habe ich das Heft mit den originalen Abdrücken: Man sieht ihm sein Alter an. Hier ist ein Stempelkissen, hier sind zwei weiße Karten. Wenn Sie nun so freundlich – aber könnte ich ein wenig Licht dazu haben?«
    Molly ging hinüber zur Tür und schaltete die elektrische Lampe ein. In der Bibliothek hing ein Kronleuchter, dessen schmiedeeiserne Ringe einst mehrere Reihen von Kerzen gehalten hatten; nun steckten kleine elektrische Glühbirnen darin, von denen einige durchgebrannt waren, so daß die Beleuchtung nicht allzu hell war. Aber sie verscheuchte doch die Sommernacht; hundertfach spiegelten sich die Birnen in den Fensterscheiben, und die Bücher auf den hohen Regalen sahen verstaubter denn je aus. Murray hatte sein Arbeitsgerät auf dem Tisch ausgebreitet. Das Heft, auf das sich aller Augen zuerst richteten, war zerfleddert und abgegriffen; den grauen Umschlag zierte ein großer roter Fingerabdruck.
    »Ein alter Freund«, sagte Murray und tätschelte es. »Also, meine Herren. ›Gerollte‹ Fingerabdrücke sind zwar besser als flache, aber ich habe mit Absicht keine Rolle mitgebracht, denn ich wollte die Bedingungen nachahmen, unter denen der originale Abdruck entstand. Ich brauche nur Ihren linken Daumen; es gibt nur den einen Abdruck zum Vergleich. Hier habe ich ein Taschentuch, einen Zipfel in Benzol getaucht; das beseitigt das Fett auf Ihrem Finger. Wischen Sie jetzt Ihre linken Daumen ab. Als nächstes …«
    Die Prozedur wurde vollzogen.
    Page schlug dabei das Herz bis zum Halse – er hätte nicht sagen können, weshalb. Doch alle waren äußerst erregt. Aus irgendeinem Grunde bestand Farnleigh darauf, daß er zuvor den Ärmel hochrollte, so als ginge es um eine Blutübertragung. Beide Anwälte standen, wie Page zu seiner Erheiterung sah, mit offenen Mündern da. Selbst der Herausforderer machte ausgiebig Gebrauch von dem Taschentuch, bevor er den Daumen aufs Papier drückte. Doch was Page

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