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Die Tuer im Schott

Die Tuer im Schott

Titel: Die Tuer im Schott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Dickson Carr
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sie nach Hause geht.«
    »Dann hat Maria es eben diesmal vergessen.«
    »Ja. Da hast du wahrscheinlich recht. Es ist schon albern, wie ich mich anstelle. Wirklich. Laß uns sehen, ob wir etwas zum Aufmuntern finden.«
    Es schien, als erwache sie aus einem Traum, mit einem entschuldigenden und doch trotzigen Lachen, und ihr Gesicht bekam wieder mehr Farbe. In einer Zimmerecke, so dezent wie Madeline selbst, stand ein Radio. Sie schaltete es ein. Ein paar Sekunden vergingen, bis es sich aufgewärmt hatte; dann schwoll es zu einer solchen Lautstärke an, daß sie beide zusammenfuhren.
    Sie stellte es leiser, aber das Auf und Ab eines Tanzorchesters erfüllte den Raum wie die Brandung der See. Die Melodien schienen wie gewohnt, die Ansagen noch lästiger als sonst. Madeline hörte ein paar Augenblicke lang zu. Dann kehrte sie an den Tisch zurück, nahm Platz und goß für sie beide Kaffee ein. Sie setzten sich im rechten Winkel zueinander, so nahe, daß er ihre Hand hätte berühren können. Sie saß mit dem Rücken zum Fenster. Und immer hatte er das Gefühl, daß da etwas draußen war, etwas, das wartete. Er überlegte, was er tun sollte, wenn ein schrundiges Gesicht sich hinter der Glasscheibe zeigte.
    Doch nicht nur seine Nerven konnte er spüren – auch sein Gehirn war nun endlich wieder in Gang gekommen. Es war, als erwache er aus einem Traum. Es war, als fasse er zum erstenmal wieder klare Gedanken, als fielen Fesseln von ihm ab und als sprengte sein Gehirn die eisernen Bänder, die es gefangenhielten.
    Was wußte er über diese Puppe? Sie bestand aus leblosem Eisen und Uhrwerken und Wachs. Für sich genommen, war sie nicht gefährlicher als ein Küchenherd. Das konnte er mit Bestimmtheit sagen, denn sie hatten sie untersucht. Sie stand nur zu dem Zweck dort draußen, zu   erschrecken ; die Absicht eines Menschen steckte dahinter, eine greifbare Hand.
    Sie war nicht aus eigenem Antrieb über den Pfad von Farnleigh Close herübergekommen wie eine böswillige Alte im Rollstuhl. Sie war hergebracht worden, um sie zu erschrecken, und auch das wies wiederum auf eine eindeutige Absicht, eine eindeutige Hand. Und es schien ihm, daß dieser Automat sich bestens in ein Muster fügte, das sich bei diesem Fall schon von Anfang abzeichnete und das er eigentlich auch von Anfang an hätte sehen sollen …
    »Gut«, riß Madeline ihn aus seinen Gedanken, »laß uns darüber reden. Es wäre wohl wirklich besser.«
    »Darüber?«
    »Über alles«, sagte Madeline und ballte die Fäuste. »Ich – ich glaube, ich weiß mehr darüber, als du denkst.«
    Nun galt seine Aufmerksamkeit von neuem ganz ihr. Wieder hatte sie die Hände flach auf den Tisch gelegt, als wolle sie sich davon abstoßen. Das leise, ängstliche Lächeln hielt sich noch um Augen und Mund. Doch nun war sie still, beinahe kokett, und nie war sie ihm verlockender vorgekommen.
    »Ich frage mich, ob du wohl weißt, was ich erraten habe«, sagte er.
    » Das   wüßte ich auch gern.«
    Er behielt den offenen Fensterspalt ständig im Auge. Er hatte den Eindruck, daß er weniger zu Madeline, sondern eher zu etwas dort draußen sprach, etwas, das dort lauerte und dessen Gegenwart das ganze Haus umfaßte.
    »Wahrscheinlich geht es mir gleich besser, wenn ich das erst einmal von der Seele habe«, fuhr er fort, den Blick nach wie vor auf das Fenster geheftet. »Laß mich zuerst etwas fragen. Hast   du   je davon gehört, daß es hier in der Gegend einen – einen Hexenkult gibt?«
    Sie zögerte.
    »Ja. Gerüchte habe ich gehört. Warum?«
    »Es geht um Victoria Daly. Die wichtigsten Fakten habe ich gestern von Dr.   Fell und Inspektor Elliot erfahren; ich hatte sogar alles, was ich brauchte, um sie zu deuten – ich war nur nicht gewitzt genug, mir alles zusammenzureimen. Aber jetzt ist es mir aufgegangen. Wußtest du, daß sich nach dem Mord an Victoria herausstellte, daß ihr Körper mit einer Substanz eingerieben war, einer Mischung aus Rübensaft, Eisenhut, Fingerkraut, Tollkirsche und Ruß?«
    »Warum erzählst du mir das? Was haben denn diese ganzen gräßlichen Dinge mit unserem Fall zu tun?«
    »Eine ganze Menge. Diese Mischung ist ein Rezept, eines von mehreren, für die berühmte Hexensalbe – tu nicht so, als hättest du noch nie davon gehört –, mit der die Hexen sich einrieben, bevor sie auf den Sabbat gingen.   * [* Eine pharmakologische Analyse dieser Salben findet sich bei Margaret Alice Murray,   The Witch-Cult in Western Europe   ( Oxford

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