Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Türen seines Gesichts

Die Türen seines Gesichts

Titel: Die Türen seines Gesichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
Vom Netzwerk:
zivilisierten Richtung lag.
     
    Zwei Stunden lang fuhren sie stumm dahin, und Murdock trank seinen ganzen Bourbon und seinen ganzen Kaffee und rauchte seine sämtlichen Zigaretten.
    „Jenny, sag doch etwas“, bat er. „Was ist denn? Sag es mir.“
    Ein Klicken war zu hören, und ihre Stimme war ganz weich:
    „Sam – er hat zu mir gesprochen, als er den Berg herunterkam …“, sagte sie.
    Murdock wartete, aber sie redete nicht weiter.
    „Nun, was hat er gesagt?“ fragte er.
    „Er hat gesagt: ‚Sag, daß du deinen Passagier mono machst, dann bieg ich vor dir ab’“, erklärte sie. „Er hat gesagt: ‚Ich will dich, Scharlachrote Lady – du sollst mit mir fahren, mit mir kämpfen. Uns beide gemeinsam werden sie nie fangen.’ Und ich habe ihn getötet.“
    Murdock blieb stumm.
    „Er hat das doch nur gesagt, damit ich nicht gleich schieße, oder? Er hat das nur gesagt, um mich aufzuhalten, damit er uns beide töten konnte, nicht wahr? Er hat es doch nicht ernst gemeint, oder, Sam?“
    „Natürlich nicht“, sagte Murdock, „natürlich nicht. Es war viel zu spät, als daß er noch hätte abbiegen können.“
    „Ja, das denke ich auch – aber meinst du, daß er wirklich wollte, daß wir zusammen fahren, zusammen kämpfen – vor allem, meine ich, dort hinten in der Schlucht?“
    „Wahrscheinlich, Baby. Du bist recht gut gebaut.“
    „Danke“, sagte sie und bog wieder ab.
    Aber bevor sie das tat, hörte er ein seltsames mechanisches Geräusch, ein rhythmisches Geräusch – wie einen Fluch. Oder ein Gebet.
    Und dann schüttelte er den Kopf und ließ ihn langsam sinken und tätschelte den Sitz neben dem seinen mit einer Hand, die immer noch etwas zitterte.

 
     
Die 2224 Tänze des Locar
    (A Rose of Ecclesiastes)
     
    1.
     
    An dem Morgen, an dem ich für akzeptabel befunden wurde, war ich damit beschäftigt, eine meiner Makabren Madrigale ins Marsianische zu übersetzen. Die Sprechanlage hatte einen kurzen Summton von sich gegeben, ich ließ den Bleistift fallen und legte noch mit der gleichen Bewegung den Sprechknopf um.
    „Mister G“, ertönte Mortons jugendliche Stimme, „der Alte hat gesagt, ich soll mir sofort ‚den verdammten überspannten Versemacher’ schnappen und ihn in seine Kabine schicken. Da es nur einen verdammten überspannten Versemacher gibt …“
    „Laß nicht den Ehrgeiz deine Kreise stören.“ Ich schaltete ab.
    Die Marsianer hatten es sich also endlich überlegt! Ich klopfte drei Zentimeter Asche von einem schwelenden Stummel und nahm den ersten Zug seit dem Anzünden. Die Erwartung eines ganzen Monats versuchte sich in diesen einen Augenblick zu drängen, schaffte es aber nicht ganz. Ich hatte richtiggehend Angst, diese fünfzehn Meter zu gehen und von Emory die Worte zu hören, von denen ich wußte, daß er sie sagen würde; dieses Gefühl schob jedes andere in den Hintergrund.
    Also übersetzte ich den Gesang, an dem ich arbeitete, noch zu Ende, ehe ich aufstand.
    Bis zu Emorys Tür brauchte ich nur ein paar Sekunden. Ich klopfte zweimal und öffnete sie in dem Moment, als er „Herein“ brummte.
    „Sie wollten mich sprechen?“ Ich setzte mich schnell hin, um ihm die Mühe zu ersparen, mir einen Platz anzubieten.
    „Das ist aber schnell gegangen. Sind Sie vielleicht gelaufen?“
    Ich musterte sein Gesicht, das väterliche Unzufriedenheit ausdrückte: kleine fettige Flecke unter blassen Augen, schütteres Haar, eine irische Nase, eine Stimme, die um ein Dezibel lauter war als die eines jeden anderen …
    Hamlet zu Claudius: „Ich habe gearbeitet.“
    „Ha!“ machte er. „Machen Sie mir nichts vor. Keiner hat Sie je arbeiten sehen.“
    Ich zuckte die Schultern und schickte mich an, aufzustehen. „Wenn Sie mich deswegen haben rufen lassen …“
    „Setzen Sie sich hin!“
    Er stand auf. Er ging um seinen Schreibtisch herum. Dann stand er über mir und funkelte auf mich herunter. (Ziemlich schwierig, selbst wenn ich auf einem niedrigen Stuhl sitze.)
    „Sie sind ganz ohne Zweifel der widerlichste Bursche, mit dem ich je zusammenarbeiten mußte!“ brüllte er wie ein Büffel, den man in den Leib getreten hat. „Warum zum Teufel, verhalten Sie sich eigentlich nicht wie ein Mensch und überraschen uns mal. Ich gebe ja zu, daß Sie clever sind, vielleicht sogar ein Genie, aber – ach was, hol’s der Teufel!“ Er machte eine hilflose Bewegung mit beiden Händen und ging zu seinem Stuhl zurück.
    „Betty hat die Leute endlich überredet, daß sie Sie

Weitere Kostenlose Bücher