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Die Türen seines Gesichts

Die Türen seines Gesichts

Titel: Die Türen seines Gesichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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dachten …“ begann einer von ihnen.
    „… daß Sie bereits dabei wären, eine Gruppe zusammenzustellen“, sagte der andere.
    „Dann werden Sie die Schwester nicht besteigen?“ fragte Cary, während einer der beiden sich meine Fotos ansah und der andere sich anschickte, selbst welche zu machen.
    „Hören Sie damit auf!“ sagte ich und hielt dem Fotografen die Hand vor die Kamera. „Helles Licht tut meinen Augen weh!“
    „Tut mir leid. Ich nehme das Infra“, sagte er und begann an seiner Kamera herumzufummeln.
    Cary wiederholte die Frage.
    „Ich sagte doch, daß Sie falsch informiert sind“, erklärte ich. „Ich habe nicht gesagt, daß ich es tue, und ich habe nicht gesagt, daß ich es nicht tue. Ich habe mich noch nicht entschlossen.“
    „Falls Sie sich dazu entschließen sollten, es zu versuchen, haben Sie dann eine Ahnung, wann das sein wird?“
    „Tut mir leid, darauf kann ich keine Antwort geben.“
    Henry führte die drei an die Bar und fing an, mit vielen Gesten etwas zu erklären. Ich hörte die Worte „… hatte sich zurückgezogen, und nach vier Jahren …“ Und als sie wieder zu der Nische herübersahen, war ich verschwunden.
    Ich hatte mich zurückgezogen, und zwar auf die Straße, auf der es dämmerte, und überlegte. Selbst damals schritt ich schon in ihrem Schatten. Und die Graue Schwester winkte und prophezeite mit jener einzelnen unbewegten Geste. Ich betrachtete sie – so fern und doch so groß, ein Stück Mitternacht um acht Uhr. Die Stunden, die dazwischen lagen, starben, und ich wußte, daß sie mir folgen würde, wohin auch immer ich ging, selbst bis in den Schlaf. Besonders in den Schlaf.
    Also wußte ich es, in jenem Augenblick. Die Tage, die dann noch folgten, waren ein Spiel, das zu spielen mir Freude bereitete. Gespielte Unschlüssigkeit ist köstlich, wenn die Leute von einem wollen, daß man etwas tut. Ich sah sie mir an, meine letzte und meine größte, meine ganz eigene Koschtra Pivrarcha, und fühlte, daß ich dazu geboren war, auf ihrem Gipfel zu stehen. Dann konnte ich mich zurückziehen, vielleicht wieder heiraten, mich meinen geistigen Interessen widmen, brauchte mir keine Sorgen mehr darüber machen, daß ich aus allen Nähten gehen würde, und würde all die langweiligen, spießigen Dinge tun, die ich vorher nicht tat, die Dinge, deren Fehlen mich eine Frau und ein Zuhause gekostet hatten, damals, als ich den Kasla erstiegen hatte, Höhe 89.941 Fuß, vor viereinhalb Jahren, in den Tagen meines Ruhms. Ich betrachtete meine Graue Schwester auf der Welt, auf der es acht Uhr war, und sie war finster und edel und still und wartete, wie sie immer gewartet hatte.
     
    2.
     
    Am folgenden Morgen schickte ich die Telegramme. Und sie zogen wie kosmische Brieftauben hinaus, quer über die Lichtjahre. Zogen ihre Bahn zu Menschen, die ich seit Jahren nicht mehr gesehen hatte, und zu anderen, die sich von mir auf der Luna-Station verabschiedet hatten. Und jedes besagte auf seine Art: „Wenn du an der größten Kletterpartie aller Zeiten beteiligt sein willst, dann komm nach Diesel. Die Graue Schwester frißt Kaslas zum Frühstück, u.A.w.g. per Adresse The Lodge, Georgetown. Whitey.“
    Zurück, ein Stück zurück …
    Henry sagte ich nichts. Gar nichts. Was ich getan hatte und wohin ich gehen würde, eine Zeitlang gehen würde, war nur meine Angelegenheit, für eben diese Zeitlang. Ich verließ das Hotel vor dem Sonnenaufgang und hinterließ ihm eine Nachricht in der Rezeption: „Ich muß geschäftlich weg. Bin in einer Woche zurück. Halte die Festung. Mad Jack.“
    Ich mußte ihre unteren Hänge überprüfen, sozusagen am Rock der Lady zupfen, ehe ich sie meinen Freunden vorstellte. Es heißt immer, nur ein Verrückter klettert allein, aber natürlich gibt es einen Grund, daß sie mich so nennen, wie sie mich nennen.
    Auf meinen Fotos hatte der Nordhang vielversprechend ausgesehen.
    Ich setzte den gemieteten Flieger so nah heran wie ich konnte, sperrte ihn ab, schulterte mein Bündel und ging los.
    Berge zu meiner Rechten und zu meiner Linken, Berge im Rücken, alle schwarz wie die Sünde im Dämmerungslicht eines weißen Tages. Vor mir nicht ein Berg, sondern ein fast sanfter Abhang, der stieg und stieg und stieg. Helle Sterne über mir, und rings um mich eisiger Wind. Und ganz oben keine Sterne, nur Schwärze. Ich fragte mich zum tausendsten Mal, was ein Berg wohl wiegen mochte. Das fragte ich mich immer, wenn ich auf einen zugehe. Keine Wolken in Sicht. Keine

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