Die Türen seines Gesichts
Oben angekommen, stieß ich auf das erste echte Hindernis: eine ziemlich glatte, fast senkrechte Wand, die fast fünfundachtzig Fuß in die Höhe reichte.
Es gab keinen Ausweg, also mußte ich hinauf. Ich brauchte eine gute Stunde dazu, und oben war ein Sims, und dann ging das Klettern wieder leichter. Aber jetzt begannen die Wolken mich zu attackieren. Obwohl das Terrain keine Schwierigkeiten bereitete, bremste mich der Nebel. Ich wollte über ihn hinaussteigen und noch etwas Tageslicht haben, also beschloß ich, das Essen etwas aufzuschieben.
Aber die Wolken hörten nicht auf heranzukommen. Ich schaffte weitere tausend Fuß, und sie waren immer noch rings um mich. Irgendwo unter mir hörte ich Donner. Aber der Nebel tat meinen Augen gut, also arbeitete ich mich weiter nach oben.
Dann nahm ich einen Felskamin in Angriff, dessen oberes Ende ich kaum ausmachen konnte, weil er wesentlich kürzer wirkte als ein ausgezackter Vorsprung links davon. Das war ein Fehler, wie ich später feststellte.
Das Wasser kondensierte schneller als ich vermutet hatte. Die Wände waren schlüpfrig. Aber ich bin stur und kämpfte mit immer wieder ausrutschenden Sohlen und nassem Rücken, bis ich etwa ein Drittel der Höhe geschafft hatte, wie ich dachte, und ziemlich außer Atem.
Dann begriff ich, was ich gemacht hatte. Was ich für das obere Ende gehalten hatte, war das gar nicht. Ich stieg weitere fünfzehn Fuß nach oben und wünschte, ich hätte es nicht getan. Rings um mich begann der Nebel zu kochen, plötzlich kam ich mir wie gebadet vor. Ich hatte Angst umzukehren, und ich hatte Angst höherzusteigen, aber wo ich war, konnte ich nicht für ewig bleiben.
Wenn Sie einmal jemanden sagen hören, er hätte sich Zoll für Zoll vorgearbeitet, dann beschuldigen Sie ihn nicht schlampiger Wortwahl. Geben Sie ihm eine Chance und Ihr Mitgefühl.
Ich schob mich Zoll für Zoll, blind, einen Felskamin unbekannter Länge nach oben. Wenn mein Haar nicht schon weiß gewesen wäre, als ich unten anfing …
Schließlich ließ ich den Nebel hinter mir. Endlich sah ich ein Stück jenes hellen, häßlichen Himmels, dem ich für den Augenblick zu vergeben beschloß. Ich zielte darauf, traf mein Ziel.
Als ich herauskam, sah ich etwa zehn Fuß über mir einen kleinen Felssims. Ich kletterte hinauf und streckte mich aus. Meine Muskeln waren ein wenig zittrig, und ich wartete, bis sie sich gelockert hatten. Ich nahm einen Schluck Wasser, aß ein paar Stücke Schokolade und trank noch einmal.
Nach vielleicht zehn Minuten stand ich auf. Ich konnte den Boden nicht mehr sehen. Nur die weiche, weiße, wattige Oberfläche eines netten alten Sturmes. Ich blickte nach oben.
Es war erstaunlich. Die Graue Schwester hatte immer noch keine Spitze. Und abgesehen von ein paar Stellen wie der letzten – und die hatte ich eher mir selbst zuzuschreiben – war es fast so bequem gewesen, wie wenn man eine Treppe hinaufgeht. Aber jetzt schien es etwas schwieriger zu werden. Das war es, weswegen ich wirklich hergekommen war, das wollte ich ausprobieren.
Ich schwang meinen Pickel und setzte meinen Weg fort.
Am folgenden Tage kletterte ich gleichmäßig und ging kein unnötiges Risiko ein, ruhte mich in Abständen aus, zeichnete Karten und machte Weitwinkelfotografien. An diesem Nachmittag schaffte ich schnelle siebentausend Fuß. Ich war jetzt schon höher als der Mount Everest und immer noch unterwegs. Aber jetzt gab es Stellen, wo ich kriechen mußte, Stellen, wo ich das Seil brauchte, und Stellen, wo ich mich festklammerte und meine pneumatische Pistole dazu benutzte, mir ein Stück freizuschießen, wo ich den Fuß abstellen konnte. (Nein, falls Sie sich das jetzt fragen: Ich hätte meine Trommelfelle sprengen, mir ein paar Rippen, einen Arm, und ohne Zweifel am Ende den Hals gebrochen, wenn ich versucht hätte, die Pistole in dem Kamin einzusetzen.)
Gegen Abend erreichte ich einen hohen, sich leicht dahinwindenden Weg, der nach oben führte. Ich debattierte mit jenem anderen, vernünftigeren Teil meines Ichs. Ich hatte hinterlassen, daß ich eine Woche fort sein würde. Dies war das Ende des dritten Tages. Ich wollte so hoch wie möglich kommen und am fünften Tag den Abstieg beginnen. Wenn ich jetzt der Felsroute über mir so weit folgte, wie sie mich führen würde, dann hätte ich wahrscheinlich vierzigtausend Fuß geschafft. Und dann, je nachdem, würde ich vielleicht eine gute Chance bekommen, die Zehnmeilenmarkierung fast zu erreichen, bis ich
Weitere Kostenlose Bücher