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Die Türen seines Gesichts

Die Türen seines Gesichts

Titel: Die Türen seines Gesichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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umkehren mußte. Auf die Weise würde ich mir ein viel besseres Bild von dem verschaffen können, was über mir lag.
    Mein vernünftigeres Ich verlor drei zu null, und Mad Jack ging weiter.
    Die Sterne waren so groß und so grell, daß ich Angst hatte, sie würden beißen. Der Wind war kein Problem. In der Höhe gab es keinen. Ich mußte die Heizanlage höherschalten und hatte das Gefühl, wenn ich jetzt durch das Atemgerät spucken könnte, würde die Spucke gefrieren, ehe sie den Boden traf.
    Ich ging sogar noch weiter, als ich vorgehabt hatte, und schaffte an jenem Abend die zweiundvierzigtausend.
    Ich fand eine Stelle zum Ausruhen, streckte mich aus und schaltete den Handscheinwerfer ab.
    Ein seltsamer Traum kam mir.
    Es bestand ganz aus kirschrotem Feuer und stand wie ein Mensch, nur größer, auf dem Hang über mir. Seine Haltung war unmöglich, und so wußte ich, daß ich träumen mußte. Irgend etwas vom anderen Ende meines Lebens regte sich aber, und einen Augenblick lang war ich überzeugt, daß es der Engel des Jüngsten Gerichts war. Nur, daß es in der rechten Hand ein feuriges Schwert und nicht eine Trompete hielt. Es hatte die ganze Zeit schon dort gestanden, die Spitze seines Schwertes auf meine Brust gerichtet. Ich konnte die Sterne durch das Gebilde sehen. Es schien zu sprechen.
    Es sagte: „Geh zurück.“
    Ich konnte aber nicht antworten, denn meine Zunge klebte mir am Gaumen fest. Und dann sagte es das gleiche noch einmal und dann ein drittes Mal: „Geh zurück.“
    „Morgen“, dachte ich in meinem Traum, und das schien es zufriedenzustellen. Denn es starb und hörte auf zu sein, und wogende Schwärze umgab mich.
     
    Am folgenden Tag kletterte ich, wie ich seit Jahren nicht mehr geklettert war. Am späten Mittag erreichte ich achtundvierzigtausend Fuß. Die Wolkendecke unter mir war aufgerissen. Ich konnte wieder sehen, was unter mir lag. Der Boden war ein Flickwerk aus hellen und dunklen Stellen. Über mir leuchteten ewig und endlos die Sterne.
    Ich kam ziemlich langsam vorwärts, fühlte mich aber großartig. Ich wußte, daß ich die zehn Meilen nicht schaffen konnte: Das Terrain würde etwa so bleiben wie es jetzt war und dann schlimmer werden. Aber ich blieb guter Laune, und die besserte sich sogar noch, je weiter ich nach oben kam.
    Als der Angriff dann kam, kam er mit einem Tempo und einer Wut, der ich nur mit Mühe widerstehen konnte.
    Die Stimme aus meinem Traum hallte in meinem Kopf: „Geh zurück! Geh zurück! Geh zurück!“
    Dann kam er aus dem Himmel auf mich zu. Ein Vogel von der Größe eines Kondors.
    Nur, daß es in Wirklichkeit kein Vogel war.
    Es war ein vogelförmiges Ding.
    Es war ganz Feuer und Funken, und als es auf mich zuraste, hatte ich gerade noch Zeit, den Rücken gegen die Felswand zu stemmen und die rechte Hand mit dem Pickel zu heben.
     
    3.
     
    Ich saß in dem kleinen, finsteren Zimmer und sah den kreisenden, bunten Lichtern zu. Ultraschall prickelte an meinem Schädel. Ich versuchte mich zu entspannen und dem Mann ein Alpharhythmen zu liefern. Irgendwo empfing ein Empfänger, ein Computer computete und ein Recorder recordete.
    Es dauerte vielleicht zwanzig Minuten.
    Als alles vorüber war und sie mich herausriefen, schnappte mich der Arzt. Aber ich kam ihm zuvor.
    „Geben Sie mir das Band und schicken Sie mir die Rechnung per Adresse Henry Lanning im Lodge.“
    „Ich möchte mit Ihnen über die Aufzeichnung sprechen“, sagte er.
    „Mein eigener Hirnwellenspezialist ist hierher unterwegs. Geben Sie mir bloß das Band.“
    „Haben Sie in letzter Zeit ein traumatisches Erlebnis hinter sich?“
    „Das müssen Sie mir sagen. Ist alles aufgezeichnet?“
    „Nun, ja und nein“, sagte er.
    „Das mag ich, eine klare Antwort.“
    „Zunächst einmal weiß ich ja gar nicht, was für Sie normal ist“, erwiderte er.
    „Gibt es irgendeine Indikation auf Gehirnschaden?“
    „So lese ich das nicht. Wenn Sie mir sagen würden, was geschehen ist und weshalb Sie sich plötzlich um Ihre Hirnwellen Sorgen machen, wäre ich vielleicht besser in der Lage …“
    „Schnitt“, sagte ich. „Geben Sie mir das Band und schicken Sie mir die Rechnung.“
    „Ich bin um Sie als Patienten besorgt.“
    „Aber Sie glauben nicht, daß irgendeine pathologische Indikation vorliegt?“
    „Das nicht. Aber sagen Sie mir doch bitte wenigstens, ob Sie in letzter Zeit einen epileptischen Anfall hatten?“
    „Meines Wissens nicht. Warum?“
    „Das Wellenmuster sieht ganz ähnlich

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