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Die Türen seines Gesichts

Die Türen seines Gesichts

Titel: Die Türen seines Gesichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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wir alle die Gestalt mit dem Schwert.
    Sie kam und stand nahe bei unserem Lager und hob ihr Schwert über ihren Kopf, und es glänzte mit solch schrecklicher Intensität, daß ich meine Brille aufsetzte. Diesmal war ihre Stimme wie Donner und Blitz:
    „Verlaßt diesen Berg!“ sagte sie. „Jetzt! Kehrt um! Geht hinunter! Geht!“
    Und dann ging ein Schauer von Steinen auf uns hernieder. Doc warf sein dünnes, glänzendes Etui so, daß es über den Boden auf die Gestalt zurutschte.
    Das Licht ging aus, und wir waren wieder allein.
    Doc holte sich sein Kästchen zurück, machte ein paar Tests und hatte denselben Erfolg wie vorher – nämlich keinen. Aber zumindest dachte er jetzt nicht mehr, ich sei ein wenig verrückt, oder wenn doch, dann dachte er das von uns allen.
    „Kein besonders effizienter Wächter“, meinte Henry.
    „Wir haben noch einen langen Weg vor uns“, sagte Vince und stieß einen Stein an, daß er über die Stelle rutschte, wo vorher das Wesen gestanden hatte. „Es sagt mir gar nicht zu, wenn dieses Ding einen Erdrutsch auslösen kann.“
    „Das waren nur ein paar Steine“, sagte Stan.
    „Gewiß, aber was ist, wenn er die fünfzigtausend Fuß weiter oben in Bewegung setzt?“
    „Halt den Mund!“ sagte Kelly. „Bring ihn nicht auf die Idee. Vielleicht belauscht er uns.“
    Aus irgendeinem Grund schoben wir uns dichter aneinander. Doc ließ jeden von uns beschreiben, was er gesehen hatte, und es schien, daß wir alle dasselbe gesehen hatten.
    „Na also“, sagte ich, nachdem wir fertig waren. „Jetzt habt ihr es alle gesehen. Wer will umkehren?“
    Schweigen.
    Nach vielleicht einem halben Dutzend Ratschlägen sagte Henry: „Ich will die ganze Geschichte. Sieht aus, als wäre es eine gute. Ich bin bereit, das Risiko von verärgerten Energiekreaturen auf mich zu nehmen, um die Story zu kriegen.“
    „Ich weiß nicht, was dieses Ding ist“, sagte Kelly. „Vielleicht ist es kein Energiewesen. Vielleicht ist es etwas … Übernatürliches – ich weiß schon, was du sagen wirst, Doc. Ich sage ja bloß, wie es auf mich gewirkt hat. Wenn es solche Geschöpfe gibt, scheint mir das hier ein guter Ort für sie zu sein. Worauf ich hinaus will ist – was auch immer es sein mag, mir ist es egal. Ich will diesen Berg. Wenn es uns hätte aufhalten können, denke ich, hätte es das schon lange getan. Vielleicht habe ich unrecht. Vielleicht kann es das. Vielleicht hat es uns weiter oben eine Falle gestellt. Aber ich will diesen Berg. Im Augenblick bedeutet er mir mehr als alles andere. Wenn ich nicht hinaufgehe, werde ich den Rest meines Lebens damit verbringen, mir über diesen Berg den Kopf zu zerbrechen – und dann werde ich wahrscheinlich eines Tages zurückkommen und es wieder versuchen, wenn ich es nicht mehr ertragen kann, an ihn zu denken. Nur, daß dann ihr anderen vielleicht nicht mehr zur Verfügung steht. Wollen wir uns doch nichts vormachen, wir sind ein gutes Kletterteam. Vielleicht das beste, das es gibt. Wahrscheinlich sogar. Wenn es überhaupt zu schaffen ist, dann denke ich, daß wir es schaffen können.“
    „Antrag unterstützt“, sagte Stan.
     
    „Was du da gesagt hast, Kelly“, meinte Mallardi, „daß es nämlich übernatürlich ist – komisch, mir war einen Augenblick lang genauso zumute, als ich es ansah. Das erinnert mich an etwas aus der Göttlichen Komödie. Wenn ihr euch erinnert, war die Vorhölle ein Berg. Und dann dachte ich an den Engel, der den östlichen Weg nach Eden bewachte. Eden war von Dante auf den Gipfel der Vorhölle verlegt worden – und dort war dieser Engel … Jedenfalls, mir war zumute, als beginge ich, indem ich hier war, irgendeine Sünde, von der ich gar nichts wußte. Aber jetzt, wo ich darüber nachdenke – jemand kann doch nicht schuldig werden, wenn er gar nicht weiß, daß das, was er tut, unrecht ist, oder? Und ich habe nicht gesehen, daß sich dieses Ding da als Engel legitimiert hätte. Also bin ich bereit, hinaufzugehen und nachzusehen, was es dort oben gibt, es sei denn, er kommt mit den Gesetzestafeln zurück, mit einem neuen Gesetz ganz unten.“
    „In hebräisch oder italienisch?“ fragte Doc.
    „Um dich zufriedenzustellen, müßten es ja wahrscheinlich Gleichungen sein.“
    „Nein“, sagte er. „Aber ohne Spaß, ich hatte auch ein komisches Gefühl, als ich es sah und hörte. Und in Wirklichkeit haben wir es gar nicht gehört, wißt ihr. Es hat sich über unsere Sinne hinweggesetzt und seine Nachricht direkt in unser

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