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Die Türme der Mitternacht

Die Türme der Mitternacht

Titel: Die Türme der Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Stellung zu bekommen, aber nachdem die Seanchaner erst kürzlich Rhuidean erobert hatten, waren sich die Clans unsicher, wie sie die neuen Anführer erwählen sollten.
    »Wir müssen uns in das Dreifache Land zurückziehen«, sagte Mora mit ihrer leisen matronenhaften Stimme. »Und Buße für unsere Sünden finden.«
    »Welche Sünden?«, fauchte Takai.
    »Der Drache wollte den Frieden«, erwiderte sie.
    »Der Drache ließ uns im Stich!«, rief Takai. »Ich weigere mich, der Erinnerung an einen Mann zu folgen, den meine Großväter kaum kannten. Wir haben keinen Eid geleistet, seinem albernen Pakt zu folgen. Wir …«
    »Frieden, Takai«, sagte Jorshem. Der letzte der drei Clanhäuptlinge war ein kleiner falkengesichtiger Mann mit einer Spur andoranischem Blut in seinen Adern großväterlicherseits. »Jetzt kann uns nur noch das Dreifache Land Hoffnung spenden. Der Krieg gegen die Raben ist verloren.«
    Im Zelt kehrte Stille ein.
    »Sie sagten ja, sie würden uns jagen«, bemerkte Takai. »Als sie unsere Kapitulation verlangten, da warnten sie uns vor jedem Rückzug. Das wisst ihr. Sie sagten, sie würden jeden Ort vernichten, an dem sich auch nur drei Aiel versammeln.«
    »Wir ergeben uns nicht«, sagte Ladalin energisch. Energischer, als sie sich fühlte, wenn sie ehrlich war.
    »Eine Kapitulation würde uns zu Gai’schain machen«, sagt Tamaav. Das Wort bezeichnete jemanden ohne Ehre, obwohl das bei Ladalins Mutter noch anders gewesen war. »Ladalin. Wie lautet Euer Rat?«
    Die anderen vier sahen sie an. Sie entstammte dem Geschlecht des Drachen, war eine der letzten Überlebenden. Die anderen drei Linien waren ausgerottet.
    »Wenn wir die Sklaven der Seanchaner werden, wird es die Aiel als Volk nicht mehr geben«, sagte sie. »Wir können nicht gewinnen, also müssen wir uns zurückziehen. Wir kehren ins Dreifache Land zurück und gewinnen neue Kräfte. Vielleicht können unsere Kinder da kämpfen, wo wir es nicht können.«
    Wieder kehrte Schweigen ein. Sie alle wussten, dass ihre Worte bestenfalls optimistisch waren. Nach Jahrzehnten des Krieges gab es nur noch einen Bruchteil der Aiel, die es einst gegeben hatte.
    Seanchanische Machtlenker waren brutal in ihrer Effizienz. Obwohl die Weisen Frauen und die Drachenblütigen in der Schlacht mit der Einen Macht gekämpft hatten, hatte das nicht gereicht. Diese verfluchten A’dam ! Jeder Machtlenker, den die Aiel durch Gefangennahme verloren, wurde am Ende gegen sie eingesetzt.
    Der wirkliche Wendepunkt des Krieges war der Kriegseintritt der anderen Nationen gewesen. Danach hatten die Seanchaner die Feuchtländer vereinnahmen und mehr Machtlenker aus ihren Rängen ausmerzen können. Die Raben waren unaufhaltsam; nachdem nun auch Tar Valon gefallen war, war jedes Reich der Feuchtländer Untertan der Seanchaner. Allein die Schwarze Burg kämpfte noch, obwohl es die Asha’man im Geheimen taten, da ihre Festung schon vor vielen Jahren gefallen war.
    Aiel konnten nicht im Geheimen kämpfen. Darin lag keine Ehre. Obwohl, was spielte Ehre jetzt noch für eine Rolle? Nachdem die Toten längst Hunderttausende zählten? Nach dem Brand von Cairhien und der Säuberung von Illian? Seit zwanzig Jahren hatten die Seanchaner die andoranischen Kriegsmaschinen. Seit Jahrzehnten erlitten die Aiel eine Niederlage nach der anderen; es war ein Testament ihrer Hartnäckigkeit, dass sie so lange durchgehalten hatten.
    »Das ist allein sein Fehler«, sagte Takai noch immer mürrisch. »Der Car’a’carn hätte uns zum Ruhm führen können, aber er ließ uns im Stich.«
    »Sein Fehler?«, wiederholte Ladalin und begriff vielleicht zum allerersten Mal, warum dieser Aussage falsch war. »Nein. Aiel sind für sich selbst verantwortlich. Das ist unsere Schuld und nicht die meines fernen Großvaters. Wir haben vergessen, wer wir sind. Wir haben keine Ehre.«
    »Man hat uns unsere Ehre genommen«, erwiderte Takai und stand seufzend auf. »Das Volk des Drachen, in der Tat. Was hat man davon, sein Volk zu sein? Wir wurden zum Speer gemacht, sagt die Legende, geschmiedet im Dreifachen Land. Er benutzte uns, dann warf er uns weg. Was soll ein weggeworfener Speer anderes tun, als in den Krieg zu ziehen?«
    Was sollte er in der Tat tun?, dachte Ladalin. Der Drache hatte den Frieden verlangt und geglaubt, dass das den Aiel den Frieden brachte. Aber wie sollten sie glücklich sein, solange die vom Licht verfluchten Seanchaner im Land waren? Ihr Hass auf die Invasoren saß tief.
    Vielleicht hatte

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