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Die Türme der Mitternacht

Die Türme der Mitternacht

Titel: Die Türme der Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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zu diesem Zeitpunkt würden die Aiel vielleicht nicht mehr helfen können. Sollte dieser Krieg schlecht verlaufen, würde ihr Volk ins Dreifache Land gehen und die närrischen Feuchtländer den Eroberern überlassen. Die Seanchaner würden erleben, dass es unmöglich war, die Aiel in ihrer Heimat zu bekämpfen.
    Es war viel besser, wenn Königin Talana jetzt in den Krieg eingriff. Und es war nur zu ihrem Besten, wenn sie diese fehlende Seite niemals zu Gesicht bekam.
    »Es ist vollbracht«, sagte Hehyal. »Der Augenblick ist vorbei, etwas infrage zu stellen.«
    Oncala nickte. Die Seanchaner würden fallen, und die Aiel würden den ihnen zustehenden Platz einnehmen. Das Blut des Wiedergeborenen Drachen floss in ihren Adern. Sie verdienten es zu herrschen.
    War das alles hier erst einmal vorbei, würde nicht das Rabenkaiserreich aufsteigen, sondern das Drachenkaiserreich.
     
    »Ich will nicht weitergehen«, sagte Aviendha zu dem leeren Glaswald.
    Die Brise war eingeschlafen. Ihre Bemerkung stieß auf Schweigen. Ihre Tränen hatten den Staub zu ihren Füßen wie Regentropfen benetzt.
    »Diese … Kreatur hatte keine Ehre«, sagte sie. »Sie hat uns zerstört.«
    Das Schlimmste daran war, dass die Frau - Oncala - an die Mutter ihrer Mutter gedacht hatte. Ihre Großmutter. In Oncalas Gedanken war mit diesem Begriff ein Gesicht verknüpft gewesen. Aviendha hatte es erkannt.
    Es war ihr Gesicht.
    Mit gesenktem Kopf schloss sie die Augen und betrat die Mitte der strahlenden Säulen.
     
    Sie war Padra, die Tochter des Wiedergeborenen Drachen, eine stolze Tochter des Speers. Sie riss ihre Waffe aus dem Hals eines sterbenden Seanchaners, dann sah sie zu, wie der Rest von ihnen durch ihr Wegetor floh.
    Das Licht verfluche diejenige, die den Seanchanern das Reisen beigebracht hat, dachte Padra. Auch wenn ihre Gewebe nicht besonders elegant sind.
    Sie war der Überzeugung, dass keine lebende Person die Eine Macht so gut verstand wie sie und ihre Geschwister. Schon als Kind hatte sie weben können, und ihre Brüder und Schwestern waren genauso. Für sie war das ganz natürlich, und verglichen mit ihnen erschienen alle anderen Machtlenker unbeholfen.
    Sie achtete stets darauf, das nicht laut auszusprechen. Aes Sedai und Weise Frauen wurden nicht gern an ihre Unzulänglichkeiten erinnert. Dennoch stimmte es.
    Padra gesellte sich zu ihren Speerschwestern. Sie ließen eine von ihnen tot zurück, und Padra trauerte um sie. Tarra von den Taardad Aiel. Sie würde nicht in Vergessenheit geraten. Aber die Ehre war ihre, denn sie hatten acht seanchanische Soldaten getötet.
    Padra webte ein Wegetor - bei ihr geschah das so schnell, wie sie denken konnte. Sie hielt die Eine Macht ständig umarmt, selbst im Schlaf. Sie hatte nie erlebt, wie es wohl war, diese tröstende rasende Macht nicht im Hinterkopf zu spüren. Andere fürchteten angeblich, von ihr verschlungen zu werden, aber wie konnte das möglich sein? Saidar war ein Teil von ihr, wie ihr Arm oder ihr Bein. Wie konnte man von seinem eigenen Fleisch, Knochen und Blut verschlungen werden?
    Das Tor führte in ein Aiel-Lager in dem Land namens Arad Doman. Das Lager war keine Stadt; Aiel kannten keine Städte. Aber es war ein sehr großes Lager, und es war seit einem Jahrzehnt nicht mehr verlegt worden. Padra ging durch das Gras, und Aiel im Cadin’sor zeigten ihre Ehrerbietung. Padra und ihre Geschwister waren als Kinder des Drachen für die Aiel… etwas Besonderes geworden.
    Keine Lords - dieses Konzept bereitete ihr Übelkeit. Aber sie war mehr als eine gewöhnliche Algai’d’siswai. Die Clanhäuptlinge fragten sie und ihre Geschwister um Rat, und die Weisen Frauen hatten ein besonderes Interesse an ihnen. Sie erlaubten ihr die Macht zu lenken, obwohl sie keine von ihnen war. Sie konnte genauso wenig aufhören die Macht zu lenken, wie sie zu atmen hätte aufhören können.
    Sie entließ ihre Speerschwestern, dann ging sie direkt zu Ronams Zelt. Der Clanhäuptling - der Sohn von Rhuarc - würde ihren Bericht hören wollen. Sie trat ein und sah überrascht, dass Ronam Gesellschaft hatte. Eine Gruppe von Männern saß auf dem Teppich; jeder Einzelne von ihnen war Clanhäuptling. Ihre Geschwister saßen ebenfalls da.
    »Ah, Padra«, sagte Ronam. »Ihr seid zurückgekehrt.«
    »Ich kann ein anderes Mal vorbeikommen, Ronam.«
    »Nein, man wollte Euch bei diesem Treffen dabeihaben. Setzt Euch und teilt meinen Schatten.«
    Padra neigte den Kopf für diese Ehre, die er ihr gewährte. Sie

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