Die Türme der Mitternacht
ein zu hoher Preis! Genügt das Leben von Jain dem verdammten Fernstreicher nicht, um Euch zu beschwichtigen, Ihr Ungeheuer!«
Seine Worte verhallten ohne Erwiderung. Der alte Gaukler kniff die Augen zusammen und hielt Moiraine. Er sah besiegt aus, völlig am Boden zerstört. Seine Hände waren rot und mit Blasen übersät, weil er sie aus dem Nebel gezogen hatte, seine Mantelärmel waren angesengt.
Mat sah sich verzweifelt um. Er versuchte es damit, sich mit geschlossenem Auge zu drehen und den Arm auszustrecken.
Als er das Auge wieder öffnete, zeigte er auf die Mitte des Raumes. Den zerbrochenen Türrahmen.
»Es war ein guter Versuch, mein Junge«, sagte Thom. »Wir haben uns gut geschlagen. Besser als erwartet.«
»Ich gebe nicht auf«, beharrte Mat und versuchte, dem niederschmetternden Gefühl in seinem Inneren zu trotzen. »Wir … wir gehen denselben Weg zurück, finden den Rückweg zu dem Ort zwischen Aelfinn und Eelfinn. Der Vertrag besagt, dass sie das Portal geöffnet lassen müssen. Wir nehmen es und kommen hier raus. Ich will verdammt sein, wenn ich hier sterbe. Du schuldest mir noch immer ein paar Becher. «
Thom öffnete die Augen und lächelte, stand aber nicht auf. Er schüttelte den Kopf, dass sein tief herabhängender Schnurrbart wackelte, und betrachtete Moiraine.
Zitternd schlug sie die Augen auf. »Thom«, flüsterte sie und lächelte. »Ich dachte mir doch, dass ich deine Stimme gehört habe.«
Beim Licht, ihre Stimme führte Mat zurück. In andere Zeiten. Vor Ewigkeiten.
Sie schaute ihn an. »Und Mat. Der liebe Matrim. Ich wusste, dass du kommst, um mich zu holen. Ihr beide. Ich wünschte, ihr hättet es nicht getan, aber ich wusste, dass ihr es tut…«
»Ruh dich aus, Moiraine«, sagte Thom leise. »Wir sind in zwei Lautenschlägen hier raus.«
Mat schaute auf sie herunter, wie sie hilflos dort lag. »Soll man mich doch zu Asche verbrennen, ich werde es nicht so enden lassen!«
»Sie kommen, mein Junge«, sagte Thom. »Ich höre sie.«
Mat wandte den Kopf und blickte zum Türdurchgang. Er konnte sehen, was Thom gehört hatte. Die Aelfinn schlichen durch den Korridor, schlangenhaft und tödlich. Sie lächelten, und vorn in diesem Lächeln schimmerten reißzahnähnliche Eckzähne. Wären diese Reißzähne nicht gewesen, hätten sie Menschen sein können. Und natürlich diese Augen. Diese unnatürlichen geschlitzten Augen. Sie bewegten sich anmutig. Schrecklich, begierig.
»Nein«, flüsterte Mat. »Es muss einen Weg geben.« Denk nach. Mat, du Narr. Es muss einen Ausweg geben. Wie bist du das letzte Mal entkommen? Das hatte Noal gefragt.
Mit verzweifeltem Ausdruck hakte Thom die Laute vom Rücken. Er fing an zu spielen. Mat kannte die Melodie. »Süßes Geflüster von Morgen.« Eine traurige Weise, die man für die gefallenen Toten spielte. Sie war wunderschön.
Erstaunlicherweise schien die Musik die Aelfinn zu beruhigen. Sie wurden langsamer, und die an der Spitze wiegten sich im Takt der Melodie. Sie wussten Bescheid. Thom spielte für sein eigenes Begräbnis.
»Ich weiß nicht, wie ich das letzte Mal hier herausgekommen bin«, flüsterte Mat. »Ich war bewusstlos. Als ich erwachte, hing ich dort. Rand schnitt mich ab.«
Er tastete nach seiner Narbe. Die Antworten der Aelfinn halfen nicht weiter. Er wusste über die Tochter der Neun Monde Bescheid, er wusste, was es mit der Hälfte des Lichts der Welt auf sich hatte. Er wusste über Rhuidean Bescheid. Alles ergab einen Sinn. Keine Lücken. Keine Fragen.
Außer…
Was gaben dir die Eelfinn?
»Wenn es nach mir ginge«, flüsterte Mat und starrte die näher kommenden Aelfinn an, »würden diese Löcher gefüllt.«
Die Aelfinn glitten heran. Sie trugen dieses gelbe Tuch, das ihre Körper einhüllte. Thoms Musik hallte durch die Korridore. Die Kreaturen kamen mit gleichmäßigen, langsamen Schritten näher. Sie wussten, dass sie ihre Beute in die Ecke getrieben hatten.
Die beiden vordersten Aelfinn trugen Schwerter aus funkelnder Bronze, von denen es rot heruntertropfte. Armer Noal.
Thom fing an zu singen. »Oh, wie lange waren doch die Tage des Menschen. Als wir wandelten durch ein zerstörtes Land.«
Mat hörte zu, und Erinnerungen stiegen in ihm auf. Thoms Stimme trug ihn zu längst vergangenen Tagen. Tagen in seiner eigenen Erinnerung, Tagen in den Erinnerungen anderer. Tage, an denen er gestorben war, Tage, an denen er gelebt hatte, Tage, an denen er gekämpft und gesiegt hatte.
»Ich will, dass diese Lücken
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