Die Tulpe des Bösen
Sohn eines einfachen Seemanns und einer …« Er brach ab und schwieg betreten.
»Du mußt deiner Mutter verzeihen, was sie gewesen ist und was sie getan hat. Wer weiß, was sie zu dem gemacht hat, was sie war. Vielleicht war sie genauso unglücklich darüber wie du.«
»Ja, vielleicht«, sagte er leise. »Lassen wir das. Es hat schon alles seine Richtigkeit, wie es jetzt ist. Der neue Amtsrichter ist nämlich der Seilermeister Philipp Schuiten, ein wahrhaft ehrbarer Mann. Er hat sich auch nicht um die Stellung gerissen, sondern mußte geradezu gedrängt werden, die Geschäftsführung der Seilerei seinem ältesten Sohn zu übertragen und in Amsterdam für Recht und Ordnung zu sorgen.«
Versonnen blickte Anna durch das kleine Fenster ihrer Kammer hinaus auf den Botermarkt. »Recht und Ordnung? Wird es das jemals geben?«
Katoen trat an ihre Seite und legte seine Hände auf ihre Schultern. »Was bedrückt dich, Anna? Du machst nicht gerade ein glückliches Gesicht.«
»Ich frage mich, ob die Gefahr, die von der Tulpe des Bösen ausgeht, wirklich beseitigt ist.«
»Wir haben alles dafür getan, was in unserer Macht steht.«
»Schon, aber mir wäre wohler, wenn der Magistrat das Manuskript des Kreuzfahrers und die Karte der Tulpenküste verbrannt und nicht an Joan Blaeu zurückgegeben hätte.«
Katoen küßte Anna auf Stirn und Augen. »Schluß jetzt mit den trüben Gedanken. Ich finde, für heute haben wir genug über die Vergangenheit gesprochen. Laß uns über die Zukunft reden!«
»Ach ja? Hast du da vielleicht schon genaue Vorstellungen?«
»Sehr genaue sogar, zum Beispiel diese hier«, sagte er und hob sie hoch, um sie sanft auf ihr Bett zu legen.
»Ich hatte mich schon gewundert, warum du in die kleine Kammer ein so breites Bett gestellt hast.« Anna lächelte jetzt, und in ihrem Gesicht war keine Spur mehr von der Nachdenklichkeit, die sie eben noch beherrscht hatte. »Hoffentlich erfährt die gute Witwe Gerritsen nichts davon.«
»Wir müssen eben leise sein«, sagte Katoen, während er sein Wams auszog.
Anna verschränkte die Hände hinter dem Kopf und sah zu, wie er sich entkleidete. Mit offensichtlichem Wohlgefallen betrachtete sie seinen schlanken und doch muskulösen Körper. »Ich glaube, ich bin ganz froh, daß du nicht zum Amtsrichter ernannt worden bist. Hinter dem Richterpult würdest du nur Fett ansetzen. So, wie du bist, gefällst du mir doch recht gut.«
»Recht gut nur, nicht mehr?«
Schelmisch erwiderte sie: »Das wird sich gleich herausstellen.«
»Eine Prüfung also«, sagte Katoen, als er vollkommen nackt war. »Und wie soll ich die ablegen, wenn du dich nicht ausziehst?«
»Das ist deine Aufgabe, Jeremias. Betrachte es als ersten Teil der Prüfung.«
Es dauerte sehr lange, bis Katoen diesen ›ersten Teil der Prüfung‹ hinter sich gelassen hatte, denn er bedeckte jede Handbreit Haut, die er von Kleidung befreit hatte, mit Küssen. Anna erschauerte und wand sich vor Lust, als seine Hände und Lippen tiefer und tiefer wanderten, als er ihren kaum gewölbten Bauch und ihre schlanken Schenkel küßte.
Als er die Strümpfe von ihren Füßen zog und seine Lippen ihre Zehen berührten, sagte sie mit gespielter Empörung: »Du hast etwas vergessen.«
»Du irrst, Anna, ich habe mir nur das Beste bis zum Schluß aufgehoben.«
Seine Lippen wanderten an der Innenseite ihres linken Beins nach oben, bis sie ihren Schoß erreichten, der von einem zarten Geflecht dunklen Haars bedeckt war. Sanft drückte er Annas Schenkel auseinander, während er ihren Schoß mit Küssen bedeckte. Aus ihrem lustvollen Wimmern wurde ein spitzer Schrei, als seine Zunge tiefer glitt. Immer heftiger wand sich Annas Unterleib, bis er sich schließlich in wilder Ekstase aufbäumte.
Eine Ekstase, wie beide sie noch mehrmals in dieser Nacht auf unterschiedlichste Weise erlebten. Es war, als wollten sie alles nachholen, was ihnen in den zurückliegenden Monaten verwehrt gewesen war. Einer erkundete den Körper des anderen mit Augen, Händen und Lippen Stück für Stück, und erst Stunden später schliefen sie nebeneinander ein.
Selbst im Traum noch drückte Katoen Anna fest an sich und schwor sich, sie nie wieder loszulassen. Als er aber irgendwann, noch mitten in der Nacht, erwachte, war sie verschwunden.
E PILOG (2)
F REITAG , 23. F EBRUAR 1672
W as hatte ihn geweckt? War es Anna in einem der anderen Zimmer? Aber warum hätte sie das warme Bett verlassen sollen?
Verwirrt stand Katoen auf und starrte auf
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