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Die Tunnel der Seele

Die Tunnel der Seele

Titel: Die Tunnel der Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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Himmelbetts säumte.
    »Vielen Dank«, sagte er, nun mit tiefer, starker Stimme, und ihr Blick legte sich wieder auf sein bärtiges Gesicht.
    Sie erzählten, wenn du ihm in finsterer Nacht begegnest, wechseln seine Augen die Farbe. Von golden zu rot, dann gelb. Die Farben des Feuers. Jetzt aber waren seine Augen kohlrabenschwarz.
    Sie erzählten auch, dass sich sein Schatten, wenn er hoch oben auf dem Witwensteg des Hauses steht, drei Kilometer in alle Richtungen erstreckt, und dass er im Keller schwarze Kerzen anzündet. Doch das war das, was die Männer sagten. Die Hausmädchen berichteten andere Dinge – Geschichten, die Sylva ebenso wenig glauben wollte.
    Er war kein Monster.
    Er war ein Mann.
    »Es tut mir leid, dass ich so spät gekommen bin«, flüsterte sie.
    »Aber es war noch nicht zu spät.«
    Sie wandte sich wieder dem Feuer zu, um die Worte nochmals zu sprechen, um ihre Pflicht zu tun, so wie Mutter es sie gelehrt hatte. Jetzt war ihr Werk vollbracht.
    Er fing ihre Bewegung ab, indem er seine Hand auf ihre Wange legte. Sein Gesicht war ihrem sehr nahe. »Wir brennen zusammen.«
    Sie verstand nicht, was er damit meinte. Sie wusste nur, dass sie sich diesen Moment schon so oft herbeigesehnt hatte, während sie auf dem Dachboden ihrer Hütte auf ihrer Strohmatratze lag. Die Träume waren über sie gekommen, hatten ihren ganzen Körper gefangen genommen und ihre Haut zum Leben erweckt. Ephrams Hand auf ihrer Haut. Doch in ihren Fantasien hatte sie keine Angst gespürt.
    Auf einmal wusste sie, was hier nicht stimmte. Er war hinter ihr und über ihr, sein Gesicht vom Feuer erleuchtet. Sie kniete auf dem Kaminboden, schaute nach oben. Doch aus irgendeinem Grund lag sein Schatten auf ihrem Gesicht. Sie konnte den Gedanken nicht festhalten, konnte keine Erklärung dafür finden, weil andere Gefühle sie übermannten. Seine glühende Hand fuhr leidenschaftlich ihren sanft zur Seite geneigten Hals hinunter.
    Und wieder wurde Sylva von einem Traum eingehüllt, nur dass es diesmal eine andere Macht war, die von ihr Besitz ergriff. Sie stand auf und ließ zu, dass er seine Arme um sie legte und seine teuflisch heißen Lippen auf die ihren presste. Sie ging unter in seiner Wärme, seiner Stärke, seinem riesigen Schatten. Als er ihre Hand nahm und in die Flammen hineinführte, kam kein Wimmern oder Betteln über ihre Lippen. Er war schließlich der Meister.
    Ihre Hände wanderten ins Feuer, verschmolzen zu einer, verbrannten und Haut und Knochen wurden zu Asche und Rauch.
    Ich fühle keinen Schmerz. Wie kann es sein, dass ich keinen Schmerz fühle?
    Bevor sie es sich versah, legte sie ihren grob gewebten Hausmädchenrock und die schlichte Bluse ab. Dann verschmolzen sie ein weiteres Mal, diesmal auf dem Fußboden vor dem Feuer. Der Zauber war von ihren Lippen gewichen, sie fühlte nur noch Ephram.

1. KAPITEL
    H öhen.
    Erfolg.
    Jetzt, da er am Rande der Brücke stand, waren die Parallelen mehr als offensichtlich. Der steile Abgrund klaffte unter ihm, in der Ferne ragten todverheißende Granitgipfel in den Himmel auf.
    »Gehen Sie?«, fragte die Frau hinter ihm.
    Mason Jackson atmete einen tiefen Zug der reinen Bergluft hoch oben in den Blue Ridge Mountains ein. Wäre es doch nur Helium!
    Die Leute vor ihm hatten die Brücke bereits passiert und traten nun in den Wald, der zum Anwesen führte. Ein Pferdewagen transportierte das Gepäck, sodass Mason bis auf das schwere Werkzeug in seiner Leinentasche nichts tragen musste.
    Doch das Gewicht reichte aus, um ihn in die schwarze Tiefe zu ziehen, dort hinunter, wo—
    »Ist alles in Ordnung?«, wollte die Frau wissen. Der Transporter hinter ihnen stieß bereits zurück, um zu wenden und dann den acht Kilometer langen Rückweg die kurvige Straße hinunter nach Black Rock anzutreten.
    Mason nickte. Er schaute in diese kobaltblauen Augen, auf die er schon während der Fahrt nach oben immer wieder einen flüchtigen Blick geworfen hatte. Zumindest in den kurzen Momenten, in denen er nicht aus dem Fenster in den steilen Abgrund neben dem Seitenstreifen der Straße gestarrt hatte.
    »Wir verlieren den Anschluss«, bemerkte sie. Sie war beinahe so blass wie er sich fühlte, obwohl sie noch jung war, vielleicht Ende zwanzig. Ungefähr sein Alter. Aber darüber wollte er jetzt nicht nachdenken, auch wenn er sie mit ihren großen, dunklen Augen und den glatten, schwarzen Haaren sehr attraktiv fand.
    »Gehen Sie ruhig schon hinterher. Ich komme nach«, meinte er.
    Oder, was viel

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