Die Übermacht - 9
verzichten«, gestand Chermyn. »Und ich beneide Euch und Seine Majestät wahrlich nicht darum, dergleichen so oft durchstehen zu müssen. Ich wünschte mir, jemand anderes könnte hier den Posten des Vizekönig-Generals übernehmen, damit ich diesem ganzen Pomp und Firlefanz den Rücken kehren und endlich wieder ein anständiger Marine sein kann! Vielleicht wechsele ich auch in die Army.«
»Ich weiß nicht recht, General«, sagte Sharleyan und furchte nachdenklich die Brauen, während sie sich innerlich ein Lachen verbiss. Er bot ihr hier aber auch wirklich eine zu prachtvolle Gelegenheit, jetzt zuzuschlagen! »Sie leisten hier doch so gute Arbeit! Natürlich weiß ich, dass die Lage sich schon deutlich verbessert hat. Aber es wird sicher noch eine ganze Weile ... heikel bleiben.«
»Ich weiß, Eure Majestät«, seufzte Chermyn. Er hatte ganz offenkundig auch nicht damit gerechnet, sie für seine Wunschvorstellungen einnehmen zu können.
»Trotzdem ...«, sagte Sharleyan und zog das Wort ein wenig in die Länge, als die Kutsche zum Stehen kam und sich Merlin Athrawes und Edwyrd Seahamper neben dem Gefährt von den Pferden schwangen. »Nun, ich wüsste doch noch einen anderen Posten, an dem Cayleb und ich einen guten, erfahrenen Offizier gebrauchen könnten, der auch in Verwaltungsdingen bewandert ist. Das ist zwar leider kein Kampfeinsatz. Aber ich halte es für sehr gut möglich, dass es früher oder später doch noch zu Kämpfen kommt. Auf jeden Fall kämen Sie aus Corisande heraus!«, endete sie so fröhlich, als wolle sie in ihm ein wenig Hoffnung wecken, und wackelte aufmunternd mit den Augenbrauen.
»Es ist mir stets eine Ehre, Euch und Seiner Majestät zu dienen, wie auch immer ich das kann, Eure Majestät«, erwiderte Chermyn. Doch seine Enttäuschung angesichts der Bemerkung ›Das ist zwar leider kein Kampfeinsatz‹ war ihm deutlich anzumerken.
»Na ja, dann können wir ja Baron Green Valley hierher schicken, damit er Sie ablöst, zumindest vorübergehend«, meinte Sharleyan.
»Seid Ihr Euch da sicher, Eure Majestät?« Chermyn klang beinahe schon ein wenig erschreckt. »Ich hatte gedacht, der Baron wäre noch eine ganze Weile in Zebediah beschäftigt.«
»Oh, er leistet da auch sehr gute Arbeit«, stimmte Sharleyan nickend zu. »Herzog Eastshare möchte ihn natürlich auch gern wieder in Tellesberg sehen, also kann er Sie vielleicht doch nicht hier ersetzen. Trotzdem, ich bin mir sicher, dass wir noch jemanden finden werden. Ach, jetzt, wo ich gerade darüber nachdenke, fällt mir etwas ein: Ihr Colonel Zhanstyn könnte doch für Sie hier die Stellung halten, vielleicht sogar auf Dauer! Aber was Baron Green Valley betrifft, so war ja nie gedacht, ihn auf Dauer als unseren Vizekönig in Zebediah zu lassen.«
»Ach, nicht?« Erstaunt blickte Chermyn seine Kaiserin an, während Seahamper vor der Kutschentür stehen blieb und die Trittstufen herunterklappte. Merlin stand währenddessen mit dem Rücken zur Kutsche und behielt unablässig die Menschenmenge im Auge. Sharleyan neigte den Kopf ein wenig zur Seite und blickte den Marine fragend an. Chermyn hob in einer vorsichtig abwehrenden Geste halb die Hand. »Ich bitte um Verzeihung, Eure Majestät. Das muss ich missverstanden haben.«
»Der Baron ist ein sehr guter Mann, General, aber er sollte die Insel nur so lange fest im Griff halten, bis wir uns auf jemanden einigen könnten, der Symmyns’ Nachfolge als Großherzog antreten soll. Das ist natürlich keine einfache Entscheidung. Wir brauchen einen Mann, der sein Können ebenso unter Beweis gestellt hat wie seine Treue. Jemanden, auf den wir uns absolut verlassen können. Und um ganz ehrlich zu sein, muss dieser Mann auch all die Anerkennung und die Belohnungen verdient haben, die mit der ganzen Plackerei einhergehen. Es wird unbestreitbar ein gutes Stück Arbeit werden nach dem ganzen Schlamassel, den Symmyns da hinterlassen hat. Glauben Sie mir, dieser Posten wird noch lange Zeit kein Honiglecken sein, General!«
Chermyn nickte verständnisvoll, und Sharleyan zuckte mit den Schultern.
»Und wenn wir uns erst einmal entschieden haben, wem wir diesen Posten geben wollen, müssen wir natürlich auch den neuen Großherzog informieren, bevor wir auch nur daran denken können, Baron Green Valley abzuberufen ... was ich, recht überlegt, soeben getan habe, Großherzog Zebediah.«
Doch, das hat gesessen! , dachte Sharleyan hocherfreut. Wie aufs Stichwort öffnete sich die Kutschentür. Chermyn
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